Armageddon 05 - Die Besessenen
Brutalität der Geister, die ihn dort erwarteten. Denn sobald er zurückkehrte, würden sie ihn wieder in den Boden schlagen. Immer und immer wieder. Das war alles, was sie wollten. Er würde das gleiche Leiden wieder und wieder erleben. Und doch konnte er auch nicht hier bleiben.
Dariat bewegte sich. Er dachte an sich selbst, stellte sich seinen fetten Körper vor, wie er sich durch die Oberfläche schob, als würde er Liegestützen absolvieren. Es war alles andere als leicht. Seine Imagination reichte nicht aus, um ihn zu stärken wie noch kurze Zeit zuvor. Etwas war mit ihm geschehen, das ihn geschwächt hatte. Die Vitalität, die er selbst als Geist besessen hatte, war durch die Materie abgeflossen, die seinen Körper durchdrang. Eingebildete Muskeln zitterten, als er all seine Kraft zusammennahm. Schließlich, nach einer schier endlosen Zeitspanne, kehrte hinten auf seinem Rücken das Gefühl zurück. Es war Wärme, aber nicht auf seiner Haut, sondern innen. Unmittelbar unter der Haut.
Sie stachelte seine Gier an. Seine Gier nach mehr. Nichts anderes zählte mehr. Die Wärme war vitalisierend, ein Quell des Lebens. Sie gab ihm seine Kraft zurück, Stück für Stück und er schob sich schneller aus dem Boden und nahm dabei noch mehr Wärme in sich auf. Bald war sein Gesicht ganz aus dem Boden heraus, und er bewegte sich bereits wieder mit fast normaler Geschwindigkeit. Und während er sich aus dem Boden schob, stellte er fest, wie unendlich kalt er war. Dariat erhob sich auf die Beine. Mit klappernden Zähnen und über der Brust gekreuzten Armen stand er da und versuchte, noch mehr Wärme in seinen Körper zu reiben, in das eisige astrale Fleisch. Nur seine Füße waren warm, obwohl auch das relativ war.
Das Gras rings um seine Sandalen war welk und braun. Tot, abgestorben. Jeder Halm war von einer dünnen Schicht Rauhreif bedeckt. Es war ein Fleck von etwa zwei Metern Länge. Geformt wie ein menschlicher Körper. Er starrte voller Verwirrung darauf.
Verdammt, mir ist so kalt!
- Dariat? Dariat, bist du das, Junge?
– Ja, ich bin es. Eine Frage … Er wollte die Frage nicht wirklich stellen, aber er mußte es einfach wissen. – Eine Frage: Wie lange … war ich weg?
– Siebzehn Stunden, Dariat.
Es war ihm vorgekommen wie wenigstens siebzehn Jahre. – Länger nicht?
– Länger nicht. Was ist geschehen?
– Sie haben mich in den Boden geprügelt. Buchstäblich. Es war … furchtbar. Wirklich furchtbar.
– Und warum bist du dann nicht früher wieder herausgekommen?
– Das würdest du ja doch nicht verstehen.
– Bist du verantwortlich für das abgestorbene Gras?
– Ich weiß es nicht. Vermutlich, ja.
– Aber wie? Wir dachten, du könntest nicht mit fester Materie interagieren?
– Frag mich nicht. Ich habe so etwas wie Wärme gespürt, als ich wieder rausgekommen bin. Oder vielleicht war es auch nur Haß, konzentrierter Haß, der das Gras getötet hat. Das haben sie nämlich ausgestrahlt. Sie hassen mich mehr als alles, was sie jemals gesehen haben. Er blickte sich um und suchte das Unterholz nach Anzeichen von anderen Geistern ab. Nach ein paar Sekunden setzte er sich in Bewegung, nur weg von dem braunen Fleck. Dem genauen Gegenteil von geheiligter Erde.
Die Bewegung tat gut, und seine Beine wurden wieder warm. Als er sich umblickte, bemerkte er eine Linie frostiger Fußspuren im Gras, die bis zu dem Fleck zurückreichten. Doch er wurde definitiv langsam wärmer. Er setzte sich erneut in Bewegung, und nach und nach leckte Wärme aus seinen Beinen in den Rumpf. Es würde eine ganze Weile dauern, bis die Kälte vergangen war, doch jetzt wußte Dariat, daß es irgendwann so weit sein würde.
– Zum Sternenkratzer geht es in die andere Richtung, sagte die Habitat-Persönlichkeit.
– Ich weiß. Deswegen kehre ich auch in das Tal zurück. Dort bin ich in Sicherheit.
– Für eine Weile.
– Ich werde keine zweite Begegnung mehr riskieren.
– Du hast keine andere Wahl. Du bist vorgewarnt, und das ist der halbe Sieg. Du mußt einfach nur vorsichtig sein, das ist alles. Sobald du Geister siehst, weich ihnen in großem Bogen aus.
– Nein. Ich gehe nicht mehr zurück.
– Du mußt, Dariat. Der interne Zustand des Habitats verschlechtert sich von Stunde zu Stunde. Wir müssen unsere Nachkommen aus den Null-Tau-Kapseln befreien. Was nutzt dir ein totes Habitat? Du weißt sehr genau, daß die Männer und Frauen in den Kapseln unsere einzige Chance sind zu überleben. Das weißt du. Und du hast
Weitere Kostenlose Bücher