Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden
bemühte, das Werkzeug nicht fallen zu lassen. Der Aufprall warf sie seitlich nach hinten; den Rest erledigte die starke Gravitation. Hilflos ruderte sie mit den Armen, während sie fiel. Das Werkzeug schwang herum und zeigte auf ihn. Marcus trat nach ihrer Hand, und das Gerät schlitterte davon. Es rutschte nicht weit; die Gravitation war zu hoch.
Victoria landete mit einem schrecklich lauten Krachen. Das medizinische Überwachungsprogramm ihrer neuralen Nanonik zeigte mit einem alarmierenden Blinken an, dass sie sich das Schlüsselbein gebrochen hatte. Axonenblocks schalteten sich ein und erstickten jeden Schmerz. Ihre Programme ließen sie herumwirbeln, um zu verhindern, dass sie einen weiteren Schlag einstecken musste; ihr Verstand war sich der Tatsache, dass sie sich noch immer bewegte, fast nicht bewusst. Eine Hand packte das Vielzweckwerkzeug. Sie riss es nach vorn, während sie sich aufrichtete. Marcus verschwand in einem Seitenkorridor. Sie feuerte bereits auf ihn, noch bevor das Zielerfassungsprogramm ein Feuerleitgitter projizieren konnte.
»Jorge!«, rief sie per Datavis. »Ich habe ihn verloren!«
»Dann jag ihn gefälligst und fang ihn wieder ein!« Marcus’ Kragensensoren zeigten einen Hagel von brennenden Tropfen, die kaum einen Meter hinter ihm aus der Wand spritzten. Das Vielzweckwerkzeug musste eine Art getarnter Laser sein. »Katherine!«, rief er per Datavis. »Fahr den Andockschlauch der Lady MacBeth ein, auf der Stelle! Anschließend verriegelst du die Außenluke und sicherst sie mit einem Kode. Lass sie auf keinen Fall auf die Lady MacBeth zurück.«
»Verstanden. Aber wie kriegen wir dich an Bord?«
»Ja, das würde mich auch interessieren, Captain«, sagte Jorge per Datavis. »Erzählen Sie uns das.«
Marcus setzte mit einem Sprung über eine Kreuzung hinweg. »Wai soll sich bereithalten. Wenn ich sie brauche, muss es schnell gehen.«
»Sie glauben doch wohl nicht, Sie könnten sich mit Ihrer Fissionsklinge einen Weg durch die Hülle schneiden, Captain? Der Rumpf ist durch Molekularbindungsgeneratoren verstärkt, oder haben Sie das vergessen?«
»Wenn du ihm auch nur ein Haar krümmst, Scheißkerl, grillen wir das verdammte Wrack!«, rief Karl per Datavis. »Die Lady MacBeth ist mit Maserkanonen bewaffnet.«
»Aber besitzen Sie auch die Kommandokodes dazu? Captain?«
»Ab sofort herrscht Funkstille!«, befahl Marcus. »Wenn ich euch brauche, melde ich mich.«
Mit Hilfe seiner aufgerüstete Muskeln kam Jorge im Treppenhaus Nummer drei mit einer Geschwindigkeit voran, bei der Antonio nicht mithalten konnte. Schon bald war er weit zurückgefallen und allein. Es galt, unbedingt vor Marcus die Luftschleuse zu erreichen muss; Jorge wusste, dass er gewonnen hatte, sobald er den Zugang kontrollierte. Während er nach oben rannte, bewegten sich seine Hände ganz ohne sein Zutun und setzten die Waffe aus den zahlreichen unverdächtig aussehenden kleinen Ausrüstungsgegenständen zusammen, die er in seinem Werkzeuggürtel mit sich führte.
»Victoria?«, rief er per Datavis. »Hast du ihn?«
»Nein. Der Bastard hat mir die Schulter gebrochen. Ich habe ihn verloren.«
»Geh zum nächsten Treppenhaus. Ich schätze, das hat er auch getan. Antonio, du gehst zurück und triffst dich mit ihr. Und dann fangt ihr gemeinsam an, nach ihm zu suchen.«
»Das soll doch wohl ein Witz sein!«, rief Antonio. »Er könnte sich überall verstecken.«
»Nein, kann er nicht. Er muss nach oben. Die Luftschleuse ist oben.«
»Ja, aber …«
»Widersprich mir nicht. Und wenn ihr ihn findet, lasst ihn am Leben. Wir brauchen ihn lebend. Er ist unsere Fahrkarte nach draußen. Unsere einzige Fahrkarte, hast du verstanden?«
»Ja, Jorge.«
Als Jorge die Luftschleuse erreichte, schloss er die innere Luke und evakuierte die Schleusenkammer. Die Außenluke zerfloss und zeigte ihm den Rumpf der Lady MacBeth in einer Entfernung von fünfzehn Metern. Der Andockschlauch war eingezogen, und die Rumpfabschirmung verdeckte die Schleuse.
»Wir haben offensichtlich eine Patt-Situation, bei der keiner gewinnen kann«, sagte er per Datavis. »Captain, bitte kommen Sie hoch zur Luftschleuse. Sie müssen mit mir verhandeln, Ihnen bleibt gar keine andere Wahl. Wir drei werden unsere Waffen hier im Wrack zurücklassen, und dann kehren wir alle zusammen an Bord Ihres Schiffes zurück. Niemand von uns wird je wieder ein Wort über diesen unglücklichen Zwischenfall verlieren, wenn wir erst wieder in einen Hafen
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