Armageddon 07 - Zweite Chance auf Eden
durch den Park zu rasen.«
»Das würde ich niemals tun!«
»Aber was ist mit dem Motiv?«, hakte Nathaniel nach. Ein hartnäckiger Bursche. Ich fragte mich, woher er das nur hatte?
»Bisher konnten wir kein Motiv finden. Ich besitze einfach noch nicht genügend Informationen über Penny Maowkavitz.«
»Es ist bestimmt etwas Persönliches«, sagte er entschieden. »Jede Wette, dass sie einen heimlichen Liebhaber hatte oder etwas in der Art. Reiche Leute werden immer aus persönlichen Gründen umgebracht. Wenn es um Geld geht, kämpfen sie vor einem Gericht.«
»Wahrscheinlich hast du recht, Sohn.«
Eines hatten alle Treuhänder von Penny Maowkavitz’ Stiftung gemeinsam: Sie waren viel beschäftigte Leute. Ich traf Bob Parkinson in den Büros der Helium-III-Gewinnung, dem größten Gebäude in ganz Eden. Es war ein vierstöckiger Würfel aus Glas und Komposit, ein typisches Verwaltungsprovisorium, das in aller Eile errichtet wurde und Jahrzehnte hielt.
Parkinsons Büro zeigte nicht die kostspielige Extravaganz, die ich bei Harwood vorgefunden hatte; es sah eher so aus, wie ich mir das Arbeitszimmer eines Professors für Computerwissenschaften vorstellte. Der Schreibtisch war eine einzige gigantische Konsole, zwei Wände wurden von gigantischen Holoschirmen eingenommen, auf denen orbitale Vektoren und eine atemberaubende Aussicht auf die oberen Wolkenschichten des Jupiter zu bewundern waren, direkt aus den Aerostaten übermittelt, die in der Troposphäre des Gasriesen trieben. Es war ein endloses Universum aus ockerfarbenem Dunst, durchsetzt von dünnen, lang gestreckten Zirruswolken aus weißem Ammoniak, die vorüberjagten wie in einer Zeitrafferaufnahme. Die JSKP besaß gegenwärtig achtundzwanzig dieser Heißwasserstoffballons, die frei durch die Atmosphäre des Jupiter schwebten. Es waren fünfhundert Meter durchmessende Kugeln, in deren Gondeln die Filteranlagen montiert waren, die das Helium-III aus den Gasen des Jupiter extrahierten und sogleich verflüssigten, bereit zum Abtransport durch Robotsonden.
Helium-III ist eine der seltensten Substanzen im gesamten Sonnensystem, und doch stellt es den Schlüssel dar zu wirtschaftlich erfolgreicher Kernfusion. Die ersten Fusionskraftwerke gingen im Jahre 2041 in Betrieb. Sie verbrannten eine Mischung aus Deuterium und Tritium. Die Anlagen der zweiten Generation verwendeten nur noch reines Deuterium. Beide Kombinationen besitzen eine Reihe von Vorteilen; die Fusion lässt sich leicht in Gang bringen, die frei werdende Energiemenge ist befriedigend, und der Brennstoff ist im Übermaß erhältlich. Der große Nachteil besteht darin, dass bei beiden Reaktionen Neutronen frei werden. Man kann diesen Effekt zwar dazu einsetzen, weiteres Tritium zu erzeugen, indem man Lithiumschichten beschießt, doch es ist eine unsaubere Reaktion, die kompliziertere (sprich: kostspieligere) Reaktoren verlangt sowie eine weitere Anlage, in der Lithium gewonnen wird. Ohne Lithium-Ummantelung werden die Reaktorwände schnell radioaktiv und müssen entsorgt werden, außerdem benötigt man zusätzliche Abschirmungen, um das magnetische Einschließungssystem zu schützen. Die Kosten sowohl in finanzieller als auch umwelttechnischer Hinsicht waren so hoch, dass die Technologie keine wesentliche Verbesserung im Vergleich zu herkömmlichen Spaltreaktoren darstellte.
Bis die JSKP im Jahre 2062 den ersten Aerostaten in die Atmosphäre des Jupiter abwarf und damit begann, in größerem Maßstab Helium-III zu gewinnen. Selbst auf dem Jupiter gibt es nur winzige Mengen des Isotops – aber winzig ist ein relativer Begriff, insbesondere bei einem Gasriesen.
Die Stromindustrie reagierte fast hysterisch. Kraftwerke, die eine Mischung aus Deuterium und Helium-III einsetzten, erhielten die sauberste nur vorstellbare Fusionsreaktion, einen hochenergetischen Protonenemitter. Die Helium-III-Deuterium-Fusion erwies sich darüber hinaus als idealer Raumschiffsantrieb und senkte die Kosten für Jupiterflüge um Größenordnungen, was wiederum die Kosten für den Import von Helium-III reduzierte – was zu einer erhöhten Nachfrage führte.
Eine aufwärts gerichtete Spirale aus Vorzügen. Helium-III war der Stoff, aus dem die Träume eines jeden Wirtschaftswissenschaftlers waren.
Bob Parkinsons Aufgabe war es, die konstante Versorgung mit Helium-III sicherzustellen. Er war einer der Vizepräsidenten der JSKP und leitete die gesamte Helium-III-Förderung. Es war nicht die Art von Verantwortung, die
Weitere Kostenlose Bücher