Armageddon 1 - Das Musical
Jargon redet, der für mich das reinste Kauderwelsch ist.
Ich ende in Handschellen an meinen Stuhl gefesselt, während er meine Anlage startet und Verbindungen herstel t und das ganze Programm vor meinen Augen selbst laufen läßt. Und die ganze Zeit murmelt er vor sich hin, wie primitiv doch das alles wäre, schönen Dank auch. Und als er schließlich fertig ist, blickt er sich suchend in meinem Zimmer nach etwas um, worin er das Zeug verstecken kann. Dann sieht er meine Sammlung und fängt lauthals an zu lachen. »Na ja, das wird gehen«, sagt er. Und: »Was für eine Ironie.« Ich hab’ keine Ahnung, was Ironie ist, aber meine Sammlung ist eine ganz andere Geschichte. Zum einen ist sie komplett. War komplett. Ich hatte al es, was The Man jemals gemacht hat. Und dieser Hurensohn zieht einfach eine Aufnahme raus, ohne hinzusehen. Und zieht er irgendeinen Remix oder eine Cover-Version raus? Scheiße, nein. Er nimmt sich das beschissene Juwel meiner Sammlung. Und er lacht sich fast weg dabei.
Das Sub-Urbane Buch der Toten
Er ist ein Freund jedem Feind,
Der Star unserer Show,
Der Mann, den wir al e
An seinem gewaltigen Karma erkennen.
Er ist der Atem des Frühlings,
Der Lebende Gottkönig
Er ist der Dalai… Dalai… Dalai
Dalai Laaaa – maaa.
Dans Anzug war ein einziger elektronischer Schnickschnack. Obwohl
auf der Erde im Verlauf der letzten drei Dekaden nichts Neues mehr
erfunden worden war, zielte die Garderobe des Dalai Dan darauf ab, ihn
stets als Mister Wonderful dastehen zu lassen. Die übliche kurze Lebens-
spanne seiner Zuschauerschaft trug ebenfalls dazu bei. Kommerzielle
Holographien, erfunden in den 1980ern und nach dem NHE ausge-
schlachtet bis zum letzten, waren immer noch in der Lage, diejenigen zu
beeindrucken, die konditioniert waren, sich beeindrucken zu lassen.
Dans Anzug wimmelte vor dreidimensionalen Erotica. Ein umwerfendes
Panorama aus knackigen Hintern, kecken Nippeln, milchig-weißen
Schenkeln, Achselbehaarung und entblößten Unterleibern.
Dan verbeugte sich vor den Zuschauern. Willys aller Farben und Grö-
ßen hoben und senkten sich auf seinen Schultern.
»Meine lieben Freunde«, sagte Dan in einer Art und Weise, die bei den
amerikanischen Fernsehpredigern der späten Achtziger beliebt gewesen
war, »meine lieben, lieben Freunde. Ich bin wieder einmal bei euch.«
Dan machte ein ergreifendes heiliges Zeichen.
Die pavlovschen Bunkerbewohner antworteten. Nippel wurden von
Buddhabierdosen gerissen, und der narkotisierende Inhalt blubberte in
wartende Kehlen. Die heutige Lieferung besaß die doppelte Dosis, nur
um auf der sicheren Seite zu sein. Dan fül te die letzten zwanzig Sekun-
den vor dem Einsetzen der Wirkung mit einem kleinen Tanz zwischen
seinen Lamaretten aus. Im Kontrollraum bemerkte Rex Mundi, daß ihn
ein eigenartiges Gefühl übermannte. Er stellte fest, daß seine rechte
Hand einen Bierdosenclip aufriß, der überhaupt nicht da war. Nach und
nach wurden ihm einige Dinge klarer und klarer.
Viele Stockwerke tiefer betrat Mickey Malkuth den Aufzug, in seiner
Begleitung ein zweiter anonymer Folterknecht.
»Showtime!« Dan wirbelte auf den Hacken herum. »Und was für eine
Show das ist, die wir heute nacht für Sie vorbereitet haben! Sie wird gi-
gantisch, und wenn ich sage gigantisch, was meine ich dann?«
Die Bunkerbewohnenden wußten genau, was er meinte. »Gigantisch!«
riefen sie al e gemeinsam.
»Und wer ist es, der sich um euch kümmert? Wer gibt euch Kleidung?
Wer liebt euch? Ja, ganz genau. Das bin ich. Und das ist auch der Grund,
aus dem ihr mich liebt, nicht wahr? Ihr liebt mich doch? Ihr liebt mich.
Ihr liebt mich. Ihr müßt mich einfach lieben.«
Rex beobachtete das Schauspiel mißtrauisch. Er kaute auf seinen Fin-
gernägeln und fühlte sich al es andere als gut. Er überflog die Instrumen-
tenpulte vor sich. Die Uhr blinkte; die Show währte bereits fünf Minuten
– wie war das nur möglich?
Er blickte auf den Dalai hinunter. Dan machte ein weiteres heiliges
Zeichen. Rex sprang auf. »Ich muß mir ein Bier holen. Ich brauche ein
Bier!«
»Ganz ruhig, Rex.« Sie setzte sich zu ihm. »Du bist nicht durstig.«
Rex schaffte es nicht, den Blick vom Dalai Lama abzuwenden. »Ich
brauch’ ein Bier!«
Christeen drehte seinen Kopf gewaltsam weg und starrte ihm in die
Augen, während sie die Lautstärke herunterdrehte. »Das ist seine Kondi-
tionierung. Sieh nicht hin, Rex. Du bist nicht durstig.«
»Durstig?« Rex
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