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Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
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seiner Stimme lag eine leise Spur Verzweiflung, »du jagst mir höllische Angst ein. Ich hatte einen Traum über das hier. Dein Gesicht wurde zu Eis. Du läßt es wahr werden. Tu’s nicht. Bitte.
    Verlaß mich, wenn du willst, geh zu Don, aber mach’s nicht auf diese Weise. Zeig irgendwelche Gefühle. Bitte. Ich flehe dich an!«
    Sie holte einen Reisebeutel hervor und fing an, ihre Arbeitskleidung einzupacken. »Du bist kindisch, Sandy«, sagte sie, ohne aufzublicken. »Was gehen mich deine Träume an.«
    Er mußte sie zum Weinen bringen, dachte er wild. Er mußte sie wütend machen. »Erinnerst du dich an damals, als wir bei dieser langweiligen Fete in der Upper East Side im Schlafzimmer miteinander geschlafen haben? Und dieser Typ kam rein, um seinen Mantel zu holen? Weißt du noch?«
    Sie fuhr fort zu packen und ignorierte ihn.
    »Erinnerst du dich an die Woche in Mexiko? Die Fete, die ich für dich gemacht hab, als du dreißig geworden bist? Weißt du noch, wie wir beide wie die kleinen Kinder geheult haben, als E.T. nach Hause telefonierte?« Sharon zog den Reißverschluß ihres Reisebeutels zu, schulterte ihn und warf Sandy einen kurzen Blick zu, einen kühlen Blick mit einer ganz leisen Spur von Gefühl darin. Und dieses Gefühl war Mitleid. Sie ging zur Tür.
    Sandy folgte ihr nach unten. »Erinnerst du dich an das Kätzchen, das ich für dich gekauft habe? Das überfahren worden ist, nachdem es durchs offene Fenster abgehauen ist? Erinnerst du dich an die E.R.A. {9} -Versammlungen, wo wir zusammen hingegangen sind?«
    Sharon nahm ihren Mantel vom Haken. »Weißt du noch, als dein Vater krank war? Da bin ich bei dir geblieben. Und die ganzen witzigen Geschenke, die du mir immer besorgt hast? Du mußt…«
    Aber sie mußte nicht. Es ging ihr nicht einmal so nahe, daß sie wenigstens die Tür zuknallte. Sie schloß sich mit einem leisen, schrecklichen Klicken, einem Klicken, wie es vielleicht ein Eiszapfen machte, wenn er zu Boden fiel und zersplitterte.
    Blau-weiß, und Reif auf ihren Gläsern, dachte Sandy.
    Er stand lange Zeit auf der Treppe, zu müde, um sich wieder nach oben zu begeben, zu verwirrt, um anderswohin zu gehen. Schließlich wanderte er in die Küche. Im Eisschrank waren zwei Sechserpacks Schaefer aufgestapelt. Er begann eine Dose loszumachen, dann überlegte er es sich anders. Er griff sich statt dessen beide Sechserpacks und schleppte sie ins Wohnzimmer.
    Sharon hatte Platten gespielt. Die Abdeckhaube war noch oben. Er hatte ihr hunderttausendmal gesagt, daß sie die Abdeckhaube unten lassen sollte, aber sie hörte nie zu. In plötzlicher Wut nahm er ihr Donna Summer-Album vom Plattenteller und schleuderte es durch das Zimmer. Es prallte hart von der Wand ab und hinterließ eine tiefe Kerbe im Verputz.
    Er glaubte nicht, daß er gerade jetzt die Nazgûl abkonnte. Er ging seine Plattensammlung durch, zog einiges von den früheren Beatles heraus und legte eine Scheibe vorsichtig auf den Plattenteller. Er stellte ihn auf endlose Wiederholung ein und drehte die Lautstärke auf. Dann streckte er sich auf der Couch aus und riß das erste Bier auf.
    Am nächsten Morgen wachte er mit fürchterlichen Kopfschmerzen auf. Um ihn her waren Bierdosen verstreut, und John, Paul, George und Ringo sangen sich immer noch die Seele aus dem Leib, wieder und wieder und wieder. Er fuhr zusammen, schob sich von der Couch herunter und brachte die Musik zum Schweigen. Er konnte sich nicht erinnern, daß er eingeschlafen war.
    Er duschte, machte sich starken Kaffee, trank zwei große Becher Orangensaft und aß einen alten Donut mit Marmelade, den Sharon im Eisschrank liegengelassen hatte. Er versuchte, nicht zu denken. Oben sah er sich auf die Kleidungsstücke in seinem Schrank starren. Er hatte so lange immer wieder die gleichen Klamotten angehabt und sie in so vielen schäbigen Waschsalons gewaschen, daß er beinahe vergessen hatte, daß er noch etwas anderes besaß. Es schien die Garderobe eines Fremden zu sein. Schließlich wählte er eine schwarze Kordhose und ein bequemes, verwaschenes Baumwollhemd mit einem Tarnmuster. Maggie hatte ihm dieses Hemd gegeben, erinnerte er sich.
    Sharon hatte seine gesamte Post auf dem Schreibtisch in seinem Büro auf einen Haufen gelegt. Sandy ging sie flüchtig durch, bis er auf den Brief von Al Vanderbeck stieß. Es hätte natürlich ein Tantiemenscheck sein können, aber noch bevor er ihn öffnete, wußte er irgendwie, daß es nicht so war. Er riß das Ende des Umschlags ab

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