Armegeddon Rock
Sandy Blair!« Mit jedem Wort schien sie ein bißchen mehr aufzuwachen, und Sandy war ganz hingerissen von der schieren Freude in ihrer Stimme. »Mein Gott, bist du’s wirklich? Jesus, und noch dazu um diese Zeit… Geht’s dir gut? Wo bist du? Bist du in der Stadt? Sag mir, daß du in der Stadt bist!«
»Leider nicht. Ich bin in Maine, ausgerechnet. Ob du’s glaubst oder nicht, ich arbeite wieder für Jared.«
»Diesen Kretin.«
»Ja, nun, es ist nur für dies eine Mal. Jamie Lynch ist umgebracht worden, und ich mach die Story darüber. In der heutigen Redaktion vom Hog sind sie doch alle völlig ausgewachsen 1976 Jareds Stirn entsprungen, deshalb bin ich der einzige, der qualifiziert ist. Ich will demnächst los und die Nazgûl interviewen, wo immer sie sein mögen, und ich dachte, daß ich ja vielleicht in Cleveland durchkommen könnte.«
»Und dann hältst du verdammt noch mal besser an und besuchst mich, hörst du? Wie lange ist es her, drei Jahre? Ich hab deine Bücher gelesen. Sarah war ich, oder? In Kaseys Suche?«
»Teufel, nein«, sagte Sandy. »Alle meine Charaktere sind frei erfunden, und jede Ähnlichkeit mit Personen des wirklichen Lebens, ob lebend oder tot, ist rein zufällig. So steht’s direkt unter dem Copyright.«
»Du Arschloch«, meinte Maggie liebevoll. »Zumindest hast du gesagt, sie war gut im Bett.«
»War sie.«
»Aber du hast sie umgebracht!« jammerte Maggie.
»Findest du nicht, daß es so ergreifender war?«
»Dir werd ich’s geben, ergreifend. Kommst du wirklich raus?«
»Vielleicht«, sagte Sandy vorsichtshalber. »Rechne nicht damit. Ich hab keine Ahnung, wohin sich die Nazgûl verzogen haben. Wenn sie jetzt alle auf Guam leben, werde ich rüberfliegen und einen Kurzurlaub nehmen müssen. Aber wenn es menschenmöglich ist, dann würde ich gern fahren und unterwegs anhalten und dich besuchen.«
»Fahren, hm? Kommst du im Hogmobil?«
Sandy lachte. Das Hogmobil war ein grüner ’66er Mustang gewesen, voll mit übriggebliebenen Blumen-Klebefolien von der ’68er Wahlkampagne für McCarthy. Er hatte ihn fast 180.000 Meilen gefahren, bevor er schließlich den Geist aufgab und in jene Weidegründe einging, in die tote Mustangs gehen, wenn sie in den Ruhestand treten. »Er ist vor einiger Zeit verschieden«, erklärte er Maggie. »Ich hab jetzt ’n neuen Wagen.«
»Seufz«, machte Maggie. »Ich mochte den alten Burschen. Ach, na ja. Wie nennst du den neuen?«
»Nennen?« fragte Sandy. »Ich… also, ich glaube, er hat keinen Namen.« Es schien ein seltsames Eingeständnis zu sein, kaum daß er es ausgesprochen hatte. Er hatte den Mazda vor fast zwei Jahren gekauft. Wann hatte er aufgehört, fragte er sich, seinen Wagen Namen zu geben? Er hatte seinen Wagen immer Namen gegeben, immer seit dem allerersten, einem durchgerosteten schwarzen VW-Käfer, den er bekommen hatte, als er siebzehn war, und sofort ›Schabe‹ getauft hatte.
»Ist doch alles in Ordnung, oder?« fragte Maggie. »Du klingst plötzlich so komisch.«
»Ja«, sagte Sandy ein bißchen wehmütig. »Alles in Ordnung. Ich hab bloß hier gesessen und geredet, und plötzlich hab ich gemerkt, daß ich vielleicht älter werde, als ich zugeben möchte. Aber mach dir keine Gedanken deswegen. Was tut sich denn bei dir so im Moment?« Maggie erzählte es ihm, und sie sprachen über gemeinsame Freunde, die diesen oder jenen Weg eingeschlagen hatten, und dann über die alten Zeiten, und irgendwie wurde es fünf Uhr morgens, ohne daß Sandy es recht merkte. »Das wird ein nicht gerade kleines Vermögen kosten«, sagte er schließlich, als sie aufhängten. »Gut, daß Jared das bezahlt. Ich besuch’ dich, sobald ich kann.«
»Das will ich dir auch geraten haben«, erwiderte Maggie, und als er den Hörer zurück auf die Gabel legte, fühlte Sandy sich tatsächlich richtig gut und sehr müde, und er hatte keinerlei Schwierigkeiten, sofort in einen tiefen, traumlosen Schlaf zu fallen.
Das Telefon weckte ihn kurz vor Mittag. »Ich möchte eine Pizza mit Pepperoni bestellen, und lassen Sie die Anchovis weg«, sagte die Stimme.
»Du bist zu fett für Pizza, Jared«, sagte Sandy müde. Er zog seinen Notizblock herüber. »Hast du die Adressen?«
»Ja«, erwiderte Patterson. Er hörte sich mürrisch an. »Du hast ’n hübsches Stück Weg vor dir. John Slozewski wohnt in Camden, New Jersey, ausgerechnet da, gottverdammt. Maggio ist in Chicago. Und Peter Faxon besitzt ein großes Haus draußen in Santa Fe in New Mexico.
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