Armegeddon Rock
folgen ihm nach. Ein ganzer Zug, eine Kompanie, eine Armee.
»Wer sind die?« fragt er Froggy. »Wohin gehen sie?«
Froggy tanzt Walzer im Kreis, hält einen Phantompartner in den Armen und grinst. » OH, can’t you hear the drumming? To the battleground they’re coming. Na ja, sie spielen ihr Lied, jawoll, jawoll.« Er schnippt mit den Fingern. »Wie ist gleich noch der Titel von dieser Platte? Ist mir entfallen, jawoll, jawoll.«
»Music to Wake the Dead«, flüsterte Sandy.
Froggy zwinkert ihm anzüglich zu, reckt einen Daumen nach den dahinstolpernden Toten. »Muß schon Rock ’n’ Roll sein, wenn du mit denen mitmarschieren willst.«
Edan Morse läuft jetzt zwischen den Toten. Sogar als Toter blutet er noch. Seine bloßen Füße hinterlassen dunkle, rote Fußabdrücke auf den Pflastersteinen, während er dahinwandert. Er hustet, schleppt sich mit einem stockenden, gequälten, ruckweisen Schlurfen hustend weiter. Er sieht Sandy. »Stop, stop, stop all the dancing«, ruft er flehend, »give me time to breathe.« Er greift hilfesuchend nach ihm, die Hand von einem dünnen Blutschleier benetzt, aber Sandy hat plötzlich Angst, und er taumelt davon, rennt von der Parade weg.
Die Seitenstraße verengt sich, wird schmal und gewunden. Sandy ist jetzt allein, verirrt und erschreckt.
Riesenhafte, gequälte, vertraute Gesichter schielen aus Schatten nach ihm und jagen aus dem Regen heran. Er schreit auf, rennt, stolpert und fällt. Als er sich wieder auf die Beine kämpft, sind seine Hände wund und zerkratzt.
Ein Eingang zeichnet sich vor ihm ab. Er ist hell erleuchtet, ein Hafen in der erstickenden Dunkelheit, aus dem das wunderschönste strahlende Licht dringt, eine glänzende Durchsichtigkeit, die ihn näherzieht. Im Eingang sitzt Bambi im Lotussitz, ein Dutzend Kinder mit großen Augen zu ihren Füßen. Sie ist hochschwanger und lächelt in tiefem innerem Frieden, und sie spricht mit sanfter, zufriedener Stimme von dem, was jenseits dieser Tür liegt. Er muß hören, was sie sagt, muß die Worte der Weisheit hören, die Antworten erfahren. Er drängt sich durch die Kinder in das Licht. Bambi schaut zu ihm auf, lächelt, öffnet den Mund. »Oo ee oo ah ah«, sagt sie, »ting tang walla walla bing bang. Oo ee oo ah ah, ting tang walla walla bing bang.«
»Nein!« ruft er und scheut zurück. Die Kinder um ihn herum rasten aus. Sie zerren an seinen Knöcheln, bombardieren ihn mit Schokoladenkuchen, mit Räucherstäbchen, mit Kreuzen und winzigen Bechern von KoolAid-Brause mit Traubengeschmack. Wild und furchtsam tritt er nach ihnen, kommt frei und rennt zurück ins Dunkel, fort von dem falschen Licht.
Die Schatten um ihn herum werden tiefer. Die Straße wird zu einem bloßen Fußweg, wird enger, windet und krümmt sich. Er bewegt sich durch ein nebliges Labyrinth. Die Ziegelwände sind naß, schmierig und von Graffiti übersät, spöttischen Slogans in fremden Sprachen. Er kann die Worte nicht lesen. Aus abgedunkelten Türen, die ins Nichts führen, rufen ihn grell geschminkte Huren an. Über riesigen Brüsten und fleischigen Schenkeln tragen sie Minikleider in taghell leuchtenden Farben, aber die Dunkelheit macht die Farben abstoßend, und ihre Gesichter haben etwas Skeletthaftes, die Augen unter all dem grünen Lidschatten sind hungrig und verlebt.
Vorne flackert ein weiteres Licht auf. Keuchend rennt er darauf zu und kommt auf einem großen Platz voller Menschen heraus. Hohe schwarze Gebäude türmen sich zu allen Seiten auf, verdunkeln den Himmel. Riesige elektrische Reklameflächen blinken aufdringlich. Die Menge singt, beugt den Kopf, kniet in Anbetung der Schriftzeichen nieder. Sie singen Werbejingles, offerieren Geld. Kämpfe brechen aus, als die Reklameflächen um Aufmerksamkeit wetteifern und Teile der Menge miteinander konfrontieren. Die Atmosphäre knistert. Slogans und Cartoons ragen unglaublich hoch auf und drohen, auf ihn herabzufallen. Überall zischen Neonröhren, blinkend, blitzend und lockend. Er spürt eine Hand auf seiner Schulter und dreht sich um. Lark lächelt ihn an und beginnt zu sprechen, aber kein Laut kommt aus seinem Mund. Sandy weicht zurück. Wieder schließt sich die Dunkelheit um ihn.
Stundenlang stolpert er durch blinde Gassen und tückische Straßen, die in einer Schleife in sich selbst münden, bis er schließlich wieder auf der Hauptverkehrsader herauskommt, der langen, geraden Avenue, deren hohe eiserne Straßenlampen im Nebel einen Lichthof haben. Aber die Straße
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