Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Armegeddon Rock

Armegeddon Rock

Titel: Armegeddon Rock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George R.R. Martin
Vom Netzwerk:
ist jetzt leer, und er hat jede Orientierung verloren und weiß nicht, wohin er gehen soll. Er schlendert bis zur Straßenmitte und bleibt dort verwirrt und hilflos stehen, schaut erst in die eine Richtung, dann in die andere, hat Angst, sich zu bewegen. Die leeren grauen Nebelwände verdichten sich um ihn her. Er dreht sich um und um, immer wieder, in schwindelerregenden Kreisbewegungen.
    Dann teilt sich der Nebel ein wenig, und da sind die Nazgûl. Sie tragen ihre Instrumente bei sich und spielen darauf, während sie dahinziehen, und andere laufen hinter ihnen, eine Armee von Schatten, eine Armee von Erinnerungen, eine Armee der guten Absichten. Sandy läuft eine Weile bei ihnen mit. »Wohin geht ihr?« fragt er Gopher John, Maggio, Faxon. Keiner von ihnen will antworten. Faxon blutet aus alten Wunden, und nur die Songs stillen seinen Schmerz. Maggios Körper ist ein gräßliches Ding aus Haut und Knochen, von offenen Geschwüren übersät. Gopher John schlägt auf eine große Bassdrum, während er dahinschreitet, und seine Augen sind in weite Ferne gerichtet. Aber vorne läuft Hobbins mit sicherem Schritt, er lacht und zieht Sandy beiseite. Seine roten Augen brennen, Nadelspitzen aus Feuer im Nebel, und sein Mund verzerrt sich in grimmiger Belustigung. »Komm jetzt«, sagt er, »wir marschieren ans Meer«, und dann wirbelt er herum und springt weiter voran. Die Nazgûl folgen ihm, und hinter ihnen windet sich die lange, lange Kolonne, aber Sandy ist nicht länger sicher. Er tritt beiseite, schmiegt sich in einen Türeingang. Der Eingang ist zugemauert, und er findet dort keine Zuflucht; schließlich zieht die Kolonne vorbei, und er ist wieder allein.
    Er sinkt zu Boden und sitzt dort, den Rücken an den kalten, nassen Ziegeln, mit ausdruckslosem Gesicht. Er sitzt tagelang, aber der Nebel löst sich nicht auf, und auch die Sonne geht nicht auf. Manchmal denkt er, er hört vertraute Musik, undeutlich und weit entfernt, aus der Richtung, die die Nazgûl eingeschlagen hatten. Aber manchmal ist es überhaupt keine Musik, sondern nur Schlachtenlärm. Er ist versucht, in diese Richtung zu gehen. Er fühlt sich verlassen und einsam.
    Er hat den Kopf in die Hände gelegt, deshalb sieht er nicht, wie Maggie aus dem Nebel auftaucht, sieht nicht, woher sie gekommen ist. Aber auf einmal ist sie da. Sie hält seine Hand, und er blickt zu ihr hoch. »Wo sind all meine Geliebten hin?« fragt sie mit klagender Stimme. Er weiß, was die Antwort sein sollte, aber er kann sie nicht aussprechen. Sie lächelt ihn an, ein tapferes, schiefes Lächeln, aber ihre Augen sind müde und traurig. Sie zieht ihn auf die Füße, zurück auf die Straße, zurück in den Nebel. Aber dann zögert sie, und Sandy weiß, daß sie sich ebenso verirrt hat wie er. Erneut hört er die Musik. Sie gibt ihm eine Richtung, die einzige Richtung, die in dieser schrecklichen grauen Welt übrig ist. Er nimmt ihre Hand, zieht sie mit, und sie machen sich auf, die Straße entlang. Die Musik wird lauter, während sie gehen. Maggie lächelt jetzt, und sie beeilen sich, obwohl Maggie ihn einmal zurückhält, als er fast schon rennt, und sich beklagt, daß er zu schnell läuft. Er wird langsamer, und sie wandern unermüdlich weiter. Ihre Hand fühlt sich gut an in seiner, und ihr Gesicht ist vertraut, voller Einverständnis und Zufriedenheit.
    Dann treffen sie mitten auf der Straße auf das Motorrad. Es ist ein großes Motortrike, rot, weiß und blau lackiert, und Slum sitzt darauf, die nackten Füße auf dem Lenker, Blumen in seinen mächtigen Bart geflochten, ein sanftes Lächeln auf dem Gesicht. Er sieht, in welche Richtung sie gehen, und schüttelt den Kopf. Das Motortrike steht in die andere Richtung.
    »Du verstehst nicht«, sagte Sandy geduldig. »Dort gibt es nichts für uns. Da lang. Komm mit da lang.« Er zeigt hin.
    Der Filzhut auf Slums Kopf bewegt sich von selbst, hebt sich, und ein winziges schwarzes Kätzchen späht unter ihm heraus. Slum holt es herunter, streichelt es, seufzt. »Tut mir leid«, sagt er, »das ist ein Krieg da vorn. Ich glaube nicht ans Töten.«
    »Aber wir kämpfen für… die Dinge, auf die es ankommt«, sagt Sandy.
    »Das sagt Butcher auch«, bemerkt Slum.
    »Du bist ein Feigling«, sagt Maggie anklagend. Ist es denn Maggie? Ihre Stimme klingt fremd, und ihre Hand ist kalt geworden. Ihre Handkante ist von Schwielen gesäumt. »Feigling«, wiederholt sie.
    »Das sagt Butcher auch«, bemerkt Slum erneut.
    »Krieg ist gerecht, wenn die

Weitere Kostenlose Bücher