Armegeddon Rock
Sandy einen Augenblick lang verwirrte, weil er wußte, daß Bambi ein Einzelkind gewesen war. »Fern, das ist Sandy Blair, vom College. Du weißt ja. Ich hab dir von Sandy erzählt.«
Sandy streckte eine Hand aus. Fern nahm sie mit beiden Händen und hielt sie sehr sanft, aber bestimmt fest. »Der Schriftsteller«, sagte sie. »Ja, ich kann es spüren. Du hast sehr kreative Emanationen.«
»Oh«, sagte Sandy. Er grinste schwach und fragte sich, wann Fern ihm seine Hand zurückgeben würde. Endlich ließ sie los.
»Schön, dich zu sehen«, sagte Bambi. »Komm, setzen wir uns. Ich werde dieser Tage leicht müde.« Sie berührte ihren Bauch. »Möchtest du Tee?«
»Klar«, sagte Sandy. »Draußen ist es ein bißchen kühl. Tee wäre prima.«
»Fern«, sagte Bambi, »könntest du uns welchen machen?«
Fern nickte und lächelte und verließ das Tipi.
»Sie muß zum Haus gehen«, erklärte Bambi. »Hier ist es sehr gemütlich, aber nicht so perfekt, wie wir’s gerne hätten. Aber das ist nur vorübergehend, bis wir die Solarplatten in den anderen Gebäuden installiert haben.«
»Solarplatten?« sagte Sandy. »Die sahen bloß wie große Fenster aus.«
Bambi lächelte. »Passives Solar«, sagte sie. »Das ist sehr harmonisch.« Die Schwangerschaft schien ihr zu bekommen. Sie sah sehr zufrieden aus und ganz anders als die Bambi Lassiter, die Sandy in den alten Zeiten gekannt hatte. Im College war Bambi ein kleines, dickliches, übertrieben aufrichtiges Mädchen gewesen, eine von denen, über die es immer hieß, sie hätten eine große Persönlichkeit. Sie war schnell dabeigewesen, zu weinen, zu schwärmen und sich zu verlieben. Sie besaß sechsmal mehr Stofftiere als alle anderen Leute, die Sandy je gekannt hatte. Aber sie war im ersten Studienjahr Maggies Zimmergenossin gewesen, und durch Maggie hatte sie Sandy und Lark und Slum und die anderen kennengelernt, hatte sich mit Politik, dann mit Drogen und dann mit Sex beschäftigt. Mit den Jahren hatte sich Bambi sehr dramatisch verändert, ohne sich je überhaupt wirklich zu ändern; sie wurde irgendwie promiskuös, ohne weniger romantisch zu sein, wurde radikal, ohne weniger naiv zu sein, hatte sich mit gewalttätigen Revolutionären eingelassen – solchen, die Bomben bastelten –, ohne je einen einzigen Stoffhasen aufzugeben. Sandy hatte bei Bambi Lassiter nie so recht durchgeblickt.
Aber die Frau, zu der sie herangewachsen war, die jetzt mit gekreuzten Beinen und hochschwanger ein paar Fuß von ihm entfernt dasaß und lächelte, wirkte viel einheitlicher. Sie sah älter aus, als sie sollte; ihr Gesicht hatte eine Menge Falten und Runzeln, Sonnenfalten und Windfalten und Lachfalten, aber es war irgendwie ein gutes ›alt‹. Ihre Hände lagen mit den Handflächen nach oben auf ihren Knien, und Sandy konnte die Schwielen sehen. Sie trug das Gewicht ihres Kindes erheblich besser als das Gewicht der cremegefüllten Hosteß-Törtchen, nach denen sie im College süchtig gewesen war (nicht Twinkies, nie Twinkies, nur die Schokolade-Törtchen mit dem Schnörkel aus weißer Glasur und der Creme drin). Bambi sah ein bißchen verbraucht und erschöpft aus, aber lebendiger als er sie je gesehen hatte.
»Du siehst gut aus«, meinte Sandy.
»Danke«, sagte sie. »Ich fühle mich auch gut. Meine Seele hat Ruhe, Sandy. Ich hab hier ein sehr gutes Leben gefunden.«
»Ich war ein bißchen überrascht, als Maggie mir erzählt hat, wo du bist. Ich wußte nicht, daß es überhaupt noch Kommunen gibt.«
»Wir sind noch hier, wie du siehst«, sagte Bambi. »Stimmt, die meisten New Age-Gemeinschaften, die damals in den Sechzigern gegründet wurden, sind verschwunden. Zu viele ihrer Mitglieder haben es mit dem alternativen Leben nie so recht ehrlich gemeint. Mit solchen Leuten klappt es natürlich nicht. Die Gemeinschaften, die übriggeblieben sind – wie Golden Vision –, bestehen aus Leuten, die sich wirklich und aufrichtig auf eine neue Lebensweise festgelegt haben. Wir sind viel kleiner als vor zehn Jahren. Früher, bevor ich herkam, hatten sie hier dreißig erwachsene Mitglieder, soviel ich weiß. Jetzt sind wir nur noch acht und die Kinder dazu. Aber wir haben uns alle lieb, und Golden Vision ist jetzt sehr stabil. Es ist ein wundervoller Ort für Kinder.«
»Das sehe ich«, sagte Sandy und blickte auf Bambis Bauch. »Ist das dein erstes?«
Sie lächelte. »Mein zweites«, sagte sie. »Ich habe einen vier Jahre alten Sohn. Er heißt Jason. Er ist gerade raus, bevor du
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