Arminius
Angelegenheiten in die eigenen Hände zu nehmen gedachte.
»Ich handelte im liebenden Einverständnis mit deiner Tochter, Segestes«, sagte Arminius. »Deshalb sind wir nun nach dem Gesetz der Ahnen Mann und Frau.«
»Lüge! Tötet ihn!«, schrie Segestes.
Außer sich vor Wut sprang Arminius auf und packte den eisgrauen Mann am Hals. »So wie du meine Eltern hast töten lassen?«
Doch der Priester schlug ihm mit seinem Stab schmerzhaft auf die Handgelenke. »Gewalt dulden wir nicht beim Thing. Hast du Beweise für deine ungeheuerliche Behauptung?«
Die anderen Fürsten, auch sein Onkel Ingoumer, schauten ihn gespannt an.
»Fragt ihn doch«, sagte Arminius und zeigte auf seinen Schwiegervater. Nur widerwillig kehrte er auf seinen Platz zurück.
»Was sagst du zu der Anschuldigung, Segestes?«
»Segimer ist an der Gewalt verreckt, die er einst selbst entfesselt hat. Ich aber habe damit nichts zu schaffen.«
Nur Ingoumers harter Griff um das Handgelenk seines Neffen hinderte Arminius daran, sich auf Segestes zu stürzen.
»Wir fragen noch einmal: Kannst du deine Behauptung beweisen, Arminius?«
»Ich kann die Wahrheit nicht belegen, aber sie wird ihren Weg wie ein kalter Stahl in sein falsches Herz finden. Doch lassen wir das. Ich bin nicht hier, um Klage zu führen, sondern um in die Rechte meines Vaters einzutreten. Seiner zu gedenken und ihn zu ehren, der ein großer Fürst unseres erhabenen Stammes war.«
»Gut, ehren wir ihn eben, aber sag mir, wie hältst du es mit den Römern, Gefolgsherr? Dein Vater war ein Römerfeind, du bist römischer Ritter und Militärtribun«, rief Segestes gehässig.
Arminius erkannte die zwar nicht eben geschickt gestellte, dafür aber umso wirksamere Falle. Das Bewusstsein der Gefahr steigerte seine Aufmerksamkeit, als er antwortete: »Ehrlich halte ich es mit den Römern. Ich hoffe, du weißt, wovon ich rede? Von Ehrlichkeit nämlich, vom Handeln aus Ehre. Was fragst du also, denn kein Makel ist auf meiner Ehre.«
Segestes verstummte mit trotzigem Blick unter seinen buschigen Brauen, wenn auch notgedrungen, denn hätte er die Ehre eines anderen Fürsten angezweifelt, besäße der augenblicklich das Recht, ihn zum Zweikampf zu fordern, selbst und vor allem vor dem Thing. Arminius hatte gehofft, dass sich Segestes provozieren lassen würde, aber dazu war der alte Fuchs zu schlau. In den Blicken, die sie einander zuwarfen, loderte der Hass, der tiefste und unversöhnlichste Hass, den es jemals auf der Welt gegeben hatte und der erst enden konnte, wenn einer von beiden tot war.
Allen Gefahren zum Trotz lebten Elda und Arminius in Aliso sicher, beschützt von den germanischen Truppen, und sogar glücklich. Ihr Kind wuchs in Eldas Bauch, der immer runder wurde, wie auch ihre Brüste immer größer wurden, ohne dass sie an Schönheit verloren. Eines Tages, sie lagen länger als gewöhnlich im Bett, nahm sie wortlos seine Hand und legte sie auf ihren Bauch. Da fühlte er es, das Fäustchen seines Kindes, das energisch von innen gegen Eldas Bauch boxte. Nur ein bisschen Haut und Fleisch befand sich zwischen ihren Händen, aber sie konnten das erste Mal einander deutlich fühlen, Vater und Kind. Arminius durchströmte eine Welle des Glücks.
Die Priester knüpften unterdessen das Band des Aufstandes zwischen den Stämmen und verhießen allen, denen sie vertrauten, dass der König der Krieger am Tage der Schlacht erscheinen und die Kämpfer führen würde. Bis dahin aber hieß es, sich in der Waffenkunst zu üben und geduldig auszuharren, bis der Ruf erschallen würde.
Natürlich drang die Kunde von diesen Vorbereitungen über Spitzel und verräterische Fürsten auch an das Ohr der Römer, doch nichts war gewiss, nichts greifbar. Bei einer Besprechung der Heerführer und Beamten in der Stadt der Ubier sprach Velleius Arminius auf die Gerüchte eines bevorstehenden Aufstandes an.
»Und wer, bitteschön, soll den Aufruhr anführen?«, fragte Arminius. Zur Antwort murmelte Velleius etwas vom König der Krieger. »Ammenmärchen, mein lieber Freund, Ammenmärchen«, lachte Arminius. »Vom König der Krieger hat meine Mutter mir schon erzählt, als ich noch in der Wiege lag.« Es schmerzte ihn, den Freund, der immer für ihn eingetreten war, zu belügen, doch das spielte nun keine Rolle mehr. Er konnte die Römer doch nicht warnen und sich als König der Krieger zu erkennen geben, der sie übers Jahr aufs Haupt zu schlagen plante! Verstellung war seinem Wesen fremd, doch wenn der
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