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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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Brust und stillte sie im Liegen. Oft schliefen Mutter und Tochter dabei ein, sodass Arminius die zufrieden schlummernde Lenia zurück in ihre Wiege legte und anschließend Elda zärtlich zudeckte. Er merkte dabei nicht einmal, wie er selbst einschlief. Stunden später schreckte er aus dem Schlaf hoch, weil er etwas gehört zu haben glaubte, dann schaute er panisch zu dem kleinen Mädchen, weil er es nicht atmen hörte, und fuhr sanft über ihre Fingerchen, die sich wie zur Antwort leicht bewegten. Obwohl die Welt der Familie und die des Krieges auseinanderklafften, spürte er den Gegensatz nicht, denn das runde und gute Gefühl, das er von Frau und Tochter mit in die Vorbereitung des Aufstandes nahm, tauchte diese Tätigkeiten geradezu unwirklich in ein mildes Licht, als bestünden die Gefahren nur zum Schein.
    Aus dieser falschen Sicherheit erwachte Arminius erst, als ein Cherusker, wahrscheinlich einer von Segestes’ Leuten, ihn zu erstechen versuchte. Heban erschlug den gedungenen Meuchelmörder geistesgegenwärtig buchstäblich in letzter Minute. Die so leichtsinnige wie märchenhafte Unverwundbarkeit, die Arminius nach Lenias Geburt empfunden hatte, zerstob im Licht des beinahe geglückten Mordanschlags. Plötzlich fühlte er sich wieder verletzlich und wollte es doch nicht sein, nicht weil ihn Todesangst befiel, sondern weil er ganz von der Verpflichtung erfüllt war, so lange zu leben, bis Lenia einen guten Mann gefunden hätte, der sie beschützen würde. Ach ja, und Enkel, wie gern würde er noch miterleben, wie sie aufwuchsen.
    Er bot seine ganze Selbstbeherrschung auf, um diese Gedanken zu verdrängen, denn die Aufgabe, die überlegenen Römer zu schlagen und zu vertreiben, forderte eigentlich seine gesamte Geistesgegenwart.
    Segestes aber, als er von der Geburt seiner Enkelin erfuhr, spuckte nur verächtlich aus. Ein Mädchen, was weiter? Er ärgerte sich schon zur Genüge über seine Tochter, die dummerweise nicht nur tatkräftiger war als seine Söhne, sondern noch dazu auf der Seite seiner Feinde stand.

29
    Ganz Rom lag ihm zu Füßen. Die Menschen bedachten zwar seinen Adoptivvater Tiberius mit Dank und Anerkennung, aber Germanicus wurde vom Volk bejubelt, denn es liebte ihn, sein freundliches und liebenswürdiges Wesen, seine makellose Gestalt. Viele erinnerte er an seinen Vater Drusus, den sie auch schon in ihr Herz geschlossen hatten, und in den Geschichten und Liedern des Volkes erschien er geradezu als Wiedergänger des strahlenden Helden Alexander der Große. Unstreitig, für sie war er ein zweiter Alexander.
    In der Sympathie für den jungen Feldherrn unterschied sich der Princeps nicht von seinen Bürgern, deren Erster er ja sein wollte und in diesem Fall tatsächlich war. Wenn Augustus überhaupt jemanden in sein Herz zu schließen vermocht hatte, dann war es Germanicus. In dem jungen Feldherrn vereinigten sich alle römischen Tugenden. Sogar seine Ehe schien glücklich, worauf der Kaiser großen Wert legte. Agrippina hatte ihm gerade das zweite Kind geschenkt, und nicht das leiseste Gerücht über Untreue war in der klatschsüchtigen Hauptstadt aufzuspüren.
    Und nun kehrte Germanicus mit seinem Adoptivvater Tiberius im Triumph aus dem Illyricum zurück. Sie hatten die Aufständischen so gründlich wie vernichtend geschlagen. Keine Familie der aufständischen Barbaren, die nicht einen oder zwei ihrer Söhne in die Sklaverei oder in den Militärdienst in entlegene Provinzen schicken musste, keine Familie, die nicht Land und Eigentum an Römer oder Veteranen, alte Soldaten, die ihre Dienstzeit beendeten, abzugeben gezwungen war. Die Stämme wurden gedemütigt, vergewaltigt, massakriert. Niemals wieder sollte auch nur ein Bewohner dieser vormals aufständischen Region es wagen, an Empörung oder Widerstand zu denken. Rom konnte Freunden gegenüber zuweilen großzügig sein, aber gegen Feinde zeigte sich das Reich stets grausam.
    Immer wieder dachte Germanicus an Arminius, fragte sich, wie es dem Freund wohl erginge. Viel Hoffnung, ihn wiederzusehen, hegte er allerdings nicht, denn Germanien war befriedet und fast schon eine römische Provinz. Deshalb hatte Augustus mit Varus auch keinen Militär-, sondern einen Verwaltungsfachmann zum Statthalter ernannt.
    »Wo ist noch Ruhm zu ernten, mein armer junger Freund, was bleibt für dich noch zu tun?«, fragte ihn Augustus lächelnd, als Tiberius und er nach Rom zurückgekehrt waren.
    »Die Parther zu schlagen!«, antwortete Germanicus

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