Arminius
zulässt! Habt ihr mich verstanden? Wir führen Krieg gegen Männer, nicht aber gegen Frauen und Kinder!«
Dann ging Arminius die Einzelheiten durch. Es wurde vereinbart, dass Arminius das Signal zum Angriff gäbe. Sobald er mit seinen Truppen die neunzehnte Legion angreifen würde, sollten zum Zeichen die weithin hörbaren Luren geblasen und Feuer auf den Spornen entfacht werden.
Als sie zu ihren Pferden gingen, fragte Gerwulf besorgt: »Meinst du, sie werden die Disziplin aufbringen?« Und fügte dann spöttisch hinzu: »Sie haben nie exerziert.«
Arminius legte seinen Arm um den alten Soldaten. »Ich hoffe es, mein Freund. Einerlei, früher oder später finden wir uns alle in Tyrwal wieder.«
»Ich hoffe, später, mein König.«
»Sehr viel später!«
30
Im fernen Rugierland war Elda schier verzweifelt, die Angst um Arminius trieb sie fast an den Rand des Wahnsinns, aber als sei das noch nicht genug, wuchs ihre Sorge um die kleine Lenia. Das Kind schrie, weinte, quälte sich, fieberte und behielt keine Nahrung mehr bei sich. Was man auch versuchte, ihr einzuflößen, erbrach sie. Zusehends magerte sie ab. Elda wusste sich keinen Rat mehr.
In den Familienverbänden lernten die jungen Mütter von den erfahrenen Großmüttern, was zu tun war, doch Elda befand sich weit weg von ihrer Heimat bei freundlichen Gastgebern. Vor ein paar Tagen war Heban zu Arminius aufgebrochen, um ihm auszurichten, dass es allen gut ginge. Lenias rätselhafte Krankheit deutete sich zwar bereits an, doch wollte Elda ihren Mann nicht beunruhigen. Nun zweifelte sie daran, ob sie richtig gehandelt hatte und ihm nicht die Wahrheit hätte übermitteln lassen müssen. Wieder sah sie zu Lenia, die inzwischen ganz blass, ganz durchscheinend war, und die Furcht brachte jede Zelle in ihr zum Sieden.
Aus großen Augen schaute ihre Tochter sie an. Sanft und mit der flehentlichen Bitte, ihr zu helfen, und Elda wusste doch nicht, wie. Nur allzu gern hätte sie die Schmerzen, die das kleine Mädchen litt, auf sich genommen, alles hätte sie dafür gegeben, wenn das möglich gewesen wäre.
Schließlich raffte sie sich auf und rief Ansar. »Du musst reiten, so schnell du kannst, und Nehalenia herbringen. Es geht um Leben oder Tod. So schnell du kannst, hörst du! Weile nicht, raste nicht, sondern reite, reite, reite! Häng den Wind ab, sei schneller als jedes gerufene Wort und sei geschwinder als der Sonnenstrahl.«
Während sie auf Ansar einsprach, hatte die Fürstin, bei der sie zu Gast weilte, das Kind aus der Wiege genommen und es sich gründlich angeschaut. Dann sagte sie lachend: »Es ist nicht nötig, dass Ansar reitet. Lenia bekommt ihre Eckzähne. Sie wird sich noch zwei, drei Tage quälen, dann ist es vorbei. Hauptsache, sie trinkt. Wir geben ihr kaltes Wasser aus dem tiefen Brunnen. Das kühlt. Alles wird gut!«
»Bist du dir sicher?«, fragte Elda ungläubig.
»Komm mal her, mein Mädchen.« Elda kam der Aufforderung nach. Die Fürstin legte das Kind in die Wiege zurück, dann nahm sie Elda in den Arm. Es tat ihr gut. Sie spürte, wie sie sich entspannte. »Ist ja gut. Dafür hat man ja eigentlich seine Mutter, wenn man mit dem ersten Kind nicht weiter weiß.«
»Ich habe keine Mutter mehr.«
»Oh, sie ist tot?«
»Nicht tot, nur mit meinem Vater zusammen, der meinen Mann am liebsten töten würde und die Schuld daran trägt, dass meine Schwiegereltern grausam ermordet wurden.«
Die Fürstin schüttelte den Kopf. Sie war alt genug, um zu wissen, wie viel Grausamkeiten sich in Familien abspielten, die eigentlich gegen den Rest der Welt zusammenstehen sollten. »Sei, solange du bei uns bist, meine Tochter. Ich werde dir helfen. Und jetzt lass uns sehen, dass wir der kleinen Königin hier helfen. Wenn du so alt sein wirst, wie ich es bin, wirst du wissen, was es mit den Zähnen für ein Fluch ist. Erst bringen sie uns fast um, wenn man sie bekommt, dann quälen sie uns, wenn man sie verliert, und dazwischen tun sie alle naselang weh.«
Als sie am späten Nachmittag wieder im Lager eintrafen, wunderte sich Arminius, dass Heban immer noch nicht aus dem Rugierland zurückgekehrt war. Er hatte ihn mit Nachrichten zu Elda geschickt und harrte nun seiner Rückkehr mit klopfendem Herzen, denn es verlangte ihn, endlich zu erfahren, ob seine Tochter und seine Frau wohlauf seien. Aber Heban war bereits zwei Tage überfällig. Statt des Boten erwartete ihn jedoch ein aufgeregter Velleius.
»Wo warst du, Freund? Wir haben dich überall
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