Arminius
Freundschaft des Princeps, den er bereits zu einer Zeit mit Geld, Rat und Kontakten unterstützt hatte, als noch kaum jemand einen Denar auf den jungen ehrgeizigen Politiker setzte. Nein, Lucius hatte bereits in jungen Jahren weise beschlossen, es sei für ihn gesünder, der Erste in der Provinz zu sein anstatt der Zweite in der Hauptstadt.
Augustus vergaß Lucius Cottus das frühe Bekenntnis zu seiner Person und seine Hilfe nicht. Deshalb nahm der Kaiser mit seinem Gefolge auf der Durchreise nach Rom selbstverständlich im Stadthaus seines alten Freundes Quartier. Außerdem fand sich kein größeres und schöneres Haus in der Stadt als das des Lucius Cottus. Der Hausherr ließ es sich nicht nehmen, allen Gästen persönlich die Zimmer zuzuweisen und dafür Sorge zu tragen, dass sie sich waschen und stärken konnten.
Den Lehrer und die cheruskischen Knaben brachte man allerdings bei den Legionären und Prätorianern im kleinen Militärlager vor der Stadt unter. Den Chatten hatte man für seine Übersetzungsdienste mit großem Dank bedacht und nach Hause entlassen, weil man seine Hilfe nun nicht mehr benötigte. Die Kinder verstanden und sprachen inzwischen gut genug Latein, dass Salvianus mit dem Unterrichten fortan allein zurechtkommen würde.
Nachdem Antonia und Julius sich im hauseigenen Bad gewaschen und anschließend verköstigt hatten, zogen sie sich in das ihnen zugewiesene Zimmer zurück, das im ersten Obergeschoss des zweistöckigen Hauses lag. Es wirkte zwar nicht allzu groß, aber geschmackvoll eingerichtet. Und da es zum Innenhof hinausging, war es ungewöhnlich hell und luftig, weder stickig noch zu warm.
Ermüdet von dem zu Herzen gehenden Empfang, den die Bürger von Ticinum seinem Vater, seiner Familie und ihm bereitet hatten, begab sich Julius schon früh zu Bett. Er schloss gerade die Augen, als ein Sklave ihm mitteilte, dass Augustus ihn sogleich im Speisezimmer, das wegen der im offenen Karree aufgestellten drei Speisesofas Triklinium hieß, zu sprechen wünsche. Der Sohn des toten Feldherrn streifte eilig die Knabentoga über die Tunika, band sich die sandalenartigen Schuhe und wollte sich schon auf den Weg machen, als seine Mutter ihm übers Haar strich. »Hab keine Angst, mein Sohn. Er ist dein Großonkel.« Mit diesen Worten ließ Antonia ihn gehen. In seinem Rücken spürte der Knabe ihren nachdenklichen Blick.
Dass der Princeps ihn zu dieser späten Stunde zu sich befahl und noch dazu ins Triklinium, das eigentlich nur den Männern vorbehalten blieb, erfüllte Julius mit Stolz und Vorsicht zugleich. Was es auch war, das der Kaiser von ihm wollte, es konnte nur etwas sehr Wichtiges sein. Das Speisezimmer galt als der vielleicht ehrenvollste Raum in einem römischen Stadthaus, einem domus, das nur derjenige betreten durfte, den der Hausherr ausdrücklich eingeladen hatte. Anders verhielt es sich mit dem Atrium und dem anschließendem Tablinum, das jedem offen stand, der ein Anliegen vorbringen wollte. Diese Räume dienten der Repräsentation.
Der Sklave, dem Julius folgte, führte ihn über die Treppe hinab ins Erdgeschoss und an der Küche vorbei in einen langen Gang auf den von Säulenhallen umgebenen Innenhof. Von dort ging es in den Garten, in dem sich der Hausherr einen Pavillon hatte errichten lassen, der ihm auch als Sommerspeiseraum diente. Wie Julius wusste, besaßen die Häuser reicher römischer Römer meist mehrere, oft drei bis vier verschiedene derartige Säle, die je nach Anlass und Jahreszeit benutzt wurden. Ihre Anzahl und die Feinheit der Ausstattung galten als Statussymbol.
Vor dem Eingang des Pavillons loderten zwei Fackeln, deren Funken in den prächtig bestirnten Nachthimmel emporstoben. Der Sklave blieb stehen und trat zur Seite. Klopfenden Herzens betrat Julius den Pavillon. Um einen reich verzierten Tisch aus Elfenbein und Mahagoni standen in der üblichen Anordnung über Eck die drei großen Speisesofas. Auf dem rechten, das längs zu ihm stand, lag Lucius Cottus auf dem vorderen Platz, der ihm als Hausherrn traditionell zustand. Augustus hatte selbstverständlich den Ehrenplatz auf dem Quersofa hinter dem Tisch eingenommen, während auf dem linken Längssofa Tiberius lag. Freundlich sahen die Männer den Knaben an.
»Komm, leg dich zu uns. Leg dich zu deinem Onkel«, forderte ihn der Kaiser liebenswürdig auf. Julius’ Wangen glühten vor Aufregung – einem Jungen, der noch die Knabentoga trug, stand es nicht zu, beim Mahl zu liegen. Er musste wie die
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