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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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den Augen der Mädchen eine Unterart schöner wilder Tiere waren, nämlich Barbaren. Die Römer schienen es für ein Mittel der Herrschaft zu halten, sie zu zähmen. Sie aber wollte kein Haustier werden.
    »Edler Lucius Marcus, ich bringe dir deine Gäste!«, sagte der Sklave.
    Der Hausherr lächelte freundlich und streckte Segestes die Hand hin. Diese Art der Begrüßung war dem Cheruskerfürsten fremd, doch nach einem kurzen Zögern legte er seine Hand um die des Römers. Nicht weniger erstaunt war Elda, als die beiden Töchter des Steuereintreibers sie auf den Mund küssten.
    »Dies sind meine beiden Töchter Marcia major und Marcia minor. Ihre Mutter hat uns leider vor einem Jahr verlassen, ohne mir einen Erben geschenkt zu haben. Das Klima hier war ihr zu rau. Aber was rede ich. Ihr werdet müde sein, Thulicus wird euch eure Zimmer zeigen. Erfrischt euch erst einmal und ruht von den Anstrengungen der weiten Reise aus. Wir treffen uns zur neunten Stunde zum Abendessen im Garten.«
    Die Mutter half Elda am nächsten Morgen, ihre langen, blonden Haare kunstvoll herzurichten. Sie waren zu einem Zopf gebunden, der ihr fast bis zur Hüfte reichte. Marcia major hatte ihr eines ihrer Seidenkleider angeboten, doch Elda trug lieber ihr schönstes Kleid. Es war aus weißer Wolle gewebt und brachte die Kette aus Bernstein wunderschön zur Geltung.
    Zuvor hatte Elda eine Weile lustvoll im Bade verbracht, das sich in dem prachtvollen, mit Skulpturen und kunstvoll geschnittenen Bäumchen verzierten Garten des Anwesens befand. Lavendel und Myrte schwammen im Wasser, verführten die Geruchsnerven und hinterließen ihren zarten Duft auf der Haut. Die Töchter des Hauses halfen ihr bei der Auswahl der Badeessenzen und Öle, die ihre Haut geschmeidig machten. Zu Hause hatte Elda im See unweit ihres Gehöfts hin und wieder ein Bad genommen, doch ein großes Bassin im Garten, das man täglich nutzen und in dem man den Körper mit allerlei Zusätzen verwöhnen konnte, war ihr bisher fremd. Es erschien ihr als durchaus nachahmenswerte Einrichtung.
    Gegen ihren Willen musste sie sich eingestehen, dass sie von all dem Luxus beeindruckt war. Ihr Kopf lehnte jeden Zierrat und Putz ab und doch genoss sie im Stillen beides sehr. Schlug ihr Fühlen dem Denken etwa ein Schnippchen? Sie schob ihre Verwirrung auf den außergewöhnlichen Tag, auf das üppige Mahl, das ihr Gastgeber hatte auftischen lassen, auf seine elegante Gesprächsführung und nicht zuletzt auf das weiche Bett, in dem sie geschlafen hatte.
    Die Weihe des Altars für ganz Germanien am späten Vormittag stellte alles, was Elda bis dahin in ihrem Leben gesehen hatte, in den Schatten. Eigens für das feierliche Zeremoniell waren elf salische Priester aus Rom angereist. Alle traten in leuchtend weißen Gewändern auf, die bis zu Erde fielen, sodass man ihre Füße nicht sah. Der für das Ritual unverzichtbare zwölfte Salier war der Statthalter Saturninus höchstselbst, der auch der Bruderschaft der salischen Priester angehörte. Umrahmt von den anderen Saliern stand Sentius Saturninus auf halber Höhe mitten auf der Freitreppe und hob den Arm. Die vielen Menschen – Römer, Germanen und Gallier –, die sich auf dem Platz versammelt hatten, verstummten und blickten erwartungsvoll auf die stattliche Erscheinung.
    »Rom besitzt viele Provinzen«, hob der Statthalter mit lauter, wohltönender Stimme an. »Ich kenne sie alle! Aegyptus ist geheimnisvoll, Achaia ist weise, und Africa Proconsularis ist reich, Gallia Lugdunensis und vor allem Gallia Narbonensis blühen in großer Pracht. Aber Aegyptus wird schal wirken mit seinen Allerweltsgeheimnissen, Achaia dumm mit seiner Spitzfindigkeit, Africa Proconsularis wird ein Bettler sein und Gallia wie ein armseliges Pflänzchen erscheinen im Vergleich zu den tiefgründigen Geheimnissen, der natürlichen Klugheit, dem erarbeiteten Reichtum und der von selbst sprießenden Kraft der blühenden Gärten der neuen Provinz Germania Magna, die ich mit euch, meine lieben germanischen Freunde, schaffen werde. Im Angesicht des Altars der Provinz Germania sage ich, dass von hier künftig Heil und Segen ausgehen werden.«
    »Heil und Segen!«, antworteten wie aus einer Kehle die römischen Soldaten und Beamten, die sich versammelt hatten.
    Anschließend weihten die Salier die Flaminen, die neuen Priester des Altars. Unter ihnen war Segimund, Eldas jüngerer Bruder, den Segestes zum Priester bestimmt hatte, um einen Vertrauten in der Nähe des

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