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Arminius

Arminius

Titel: Arminius Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fleming
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hatten sie gefesselt und gezwungen, das Gemetzel anzuschauen. Als sie fertig waren, banden sie ihn los und warfen ihm einen Holzstecken hin. Er stach so oft mit dem stumpfen Holz auf sich ein, bis er blutüberströmt zusammenbrach.«
    Der Mann blieb plötzlich stehen. »Und weißt du was, Imperator, er brauchte lange, bis das Holz ihm den Tod gab. Aber er tat es stumm. Der Schmerz, den er sich unablässig zufügte, schien geradezu barmherzig, weil er seine Qualen linderte.«
    Tiberius legte seinen Arm um den Mann und fragte ihn flüsternd. »Und dann?«
    »Wie auf glühenden Kohlen rannte ich, das Herz an den Fußsohlen, denn ich hatte eine so verdammte Angst, dass sie vor mir mein Haus erreichen könnten. Was sie vergnügte, wusste ich ja nun. Aber meines Nachbarn Pech war mein Glück. Sie waren dabei, das Haus neben dem meinen zu brandschatzen, und ich nutzte die mit Blut erkaufte Frist, um meine Familie zu retten. Wir schlichen uns heimlich aus dem Haus und aus der Stadt.«
    Der Feldherr umfasste mit seiner rechten Hand kraftvoll und zärtlich den Hinterkopf des Familienvaters und drückte ihn an sich. »Du bist mit deiner Familie in Sicherheit, mein Freund.«
    Der vielleicht vierzigjährige Mann machte sich sanft los und schaute dem Feldherrn verwundert wie ein Kind an. »Weiß du, Imperator, was ich nicht verstehe? Wo waren bei dem Gemetzel unsere Leute? Warum haben sie uns nicht beschützt? Hätte nicht die Garnison kämpfen und uns verteidigen müssen? Wo wart ihr, als all das geschah?« In den Augen des Mannes lag kein Vorwurf, nur Unverständnis.
    »Richtet mein Zelt für ihn und seine Familie her. Und kümmert euch um ihn. Dir aber, guter Mann, schwöre ich, dass ich solange im Freien schlafen werde, bis die ungeheure Bluttat gerächt ist.«
    Mehrere Offiziere begleiteten den Mann samt seiner Familie zum Zelt des Feldherrn, während sich Tiberius an die verbliebenen Legaten und Militärtribunen wandte: »Ihr habt es gehört. In Sirmium haben wir das Vertrauen der Bürger verloren. Wenn die römischen Bürger nicht mehr an die res publica glauben, dann bricht das Reich zusammen. Jeden einzelnen Soldaten der Garnison will ich eingefangen wissen. Sie werden gekreuzigt. Allesamt! Und niemand soll es wagen, die Verräter von den Kreuzen zu nehmen, lebendig und tot sollen sie zur Speise der Vögel und des anderen Getiers werden.«
    »Marschieren wir nach Sirmium, und kaufen wir uns Bato, Feldherr!«
    »Nicht so voreilig, Messalinus. Bato ist schlau. Er will uns in eine Falle locken. Ich werde ihm den Gefallen nicht tun und meine Männer verheizen. Legionärsblut ist kostbar, du kannst es nur ein einziges Mal vergießen. Wir kriegen ihn schon noch, Eile mit Weile, mein Freund!«
    Dann drehte er sich um und entdeckte Arminius. Er schritt auf ihn zu, umarmte ihn kurz und herzlich, dann zog er ihn mit sich. »Du hast die Geschichte mitbekommen?«
    »Ja.«
    »Dann weißt du, wie es steht. Das ganze Illyricum brennt. Sie jagen die römischen Bürger, verbrennen ihre Häuser und Villen und erschlagen ihre Sklaven, wenn es keine Einheimischen sind. Aber selbst ihre eigenen Leute verschonen sie nur, wenn die sich ihnen anschließen. Ich brauche den Frieden in meinem Rücken, um endlich mit den Legionen losschlagen zu können. Habt ihr mit Maroboduus verhandelt? Bringst du mir den Frieden?«

21
    Mehr als einmal dachte Germanicus auf seiner langen Reise nach Rom an die junge Frau, die er beim Fest des Saturninus kennengelernt hatte. Er erinnerte sich an ihre blauen Augen, die klar waren wie das Meer zwischen Baiae und Capri und an ihre sinnliche Figur, die aber nicht zu zerfließen drohte. Das altrömische Ideal waren kleine Brüste, die man zu formen suchte, indem die Töchter der Ritter und Senatoren von klein auf mit festen Brustwickeln traktiert wurden, und ausladende gebärfreudige Becken. Eldas Busen jedoch würde wunderbarerweise seine Hände füllen, während ihre Statur fast knabenhaft schlank war. Diese cheruskische Wirklichkeit gefiel ihm weit besser als das altrömische Ideal.
    Das alles aber wurde gekrönt durch Eldas natürliche Ausstrahlung. Germanicus hatte genügend junge Mädchen und reife Frauen aus bedeutenden Häusern gehabt, als dass ihm irgendein Wunsch unerfüllt geblieben wäre. Doch die kulturelle Raffinesse, gepaart mit Durchtriebenheit und Dünkel, erweckten bei ihm bestenfalls nur noch Langeweile. Immer häufiger dachte er an seinen Vater Drusus, dessen Ruhm und Beliebtheit beim Volk ebenso auf

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