Arminius
spielst. Rom ist nicht überreich an so glänzenden Talenten, wie du eines bist. Nicht ausgeschlossen, dass du eines Tages meine Stelle einnimmst. Aber diesen Gedanken wollen wir dem stets misstrauischen Tiberius nicht auf die Nase binden. Durch ihn habe ich dich adoptiert, vergiss das niemals, Germanicus. Lieblich wird dieses Band nun fester gezogen durch die Ehe mit Vipsania Agrippina, der Tochter meines Freundes Agrippa und meiner Tochter Julia.«
Germanicus war, als stürze er in ein tiefes Loch. Er sollte also Agrippina heiraten. Hatte er nicht vor Kurzem noch davon geträumt, Elda zu erobern? Und nun sollte er nach dem Willen des Kaisers dessen Enkelin ehelichen. Germanicus kannte sie kaum. Sie waren zwar beide im Haus der Livia aufgewachsen, aber er und die anderen Knaben hatten sich nicht für die Mädchen interessiert. Und als sie damit anfingen, hatte Livia achtgegeben, dass sie nicht mehr zusammentrafen. Überhaupt lebten ständig zwischen zehn und zwanzig Kinder in ihrem Haus. Selbst seine eigene Schwester Drusilla hatte er kaum kennengelernt, ganz zu schweigen vom Schandfleck der Familie, seinem behinderten und eigenbrötlerischen Bruder Claudius, für den er sich vor Arminius sogar geschämt hatte. Seine Geschwister hatte Germanicus nur an den Feiertagen gesehen.
Nun versuchte er sich fieberhaft daran zu erinnern, wie Agrippina aussah und wie alt sie war. Er wusste, dass es keinen Zweck hatte, Augustus zu widersprechen. Also schwieg er, bedankte sich zurückhaltend für die große Ehre, dass sich der viel beschäftigte Princeps selbst um sein privates Glück kümmerte, und gab sich ganz und gar unerfreulichen Gedanken hin. Augustus tätschelte ihm zufrieden den Rücken.
»Damit du siehst, dass es mir ernst ist, wirst du am Tag nach deiner Hochzeit in dein erstes Amt eingewiesen, das dir die Tür zum Senat aufstoßen wird. Du wirst Quästor, Germanicus«, sagte er gönnerhaft.
Der junge Mann sah den Princeps mit großen Augen an, zweifelte einen kurzen überflüssigen Moment daran, dass er richtig gehört hatte, bevor ein einziger Jubel in seinem Herzen losbrach. Eigentlich war er zu jung für dieses Amt. Doch wenn Augustus es wünschte, spielte das Alter natürlich keine Rolle. Und Augustus wünschte es offensichtlich.
Germanicus fühlte sich erleichtert und auch stolz. Er war klug genug gewesen, nicht zu protestieren, als der Princeps seine Loyalität auf die Probe gestellt hatte. Weil er diese bestanden hatte, belohnte ihn Augustus nun. Und jedes öffentliche Amt in der Karrierelaufbahn, die vom Quästor über den Prätor bis zum Konsul führte, durfte nur antreten, wer verheiratet war. Um Quästor zu werden, hätte Germanicus ohnehin heiraten müssen, und umgekehrt, wenn er verehelicht war, standen die strengen Ehegesetze des Kaisers diesem Amt nicht mehr im Wege. Germanicus hatte das Gefühl, die ganze Welt läge ihm zu Füßen, und er genoss es, weil er zutiefst davon überzeugt war, dass es gar nicht anders sein konnte. Glück war Schicksal. Entweder man war wie er unter dem Füllhorn der Fortuna geboren worden oder eben nicht.
Bei aller Freude beunruhigte ihn der Gedanke, dass er sich kaum an Agrippina erinnern konnte. Aber er verdrängte die Skepsis, denn was hatte die Ehe mit der Liebe zu tun? Schlimmstenfalls konnte er diese Ehefrau bei seiner Großmutter und seiner Mutter auf dem Palatin unterbringen und sich in die Abenteuer dieser Welt, zu denen für ihn die Liebe gehörte, stürzen. Wieder erstand Elda vor seinem geistigen Auge, ihr spöttisches Lächeln, ihr Meeresblick, in dem er zu versinken drohte, die Linien ihres Körpers, die ihn wie auf einem hohen Felsengrat schwindeln ließen, die Entschiedenheit ihrer Stimme, die ihn im Unterleib traf. Er war bereit zu heiraten, wann immer Augustus es wollte. Das hatte keine Bedeutung. Wichtig war nur eines: Er begehrte diese cheruskische Frau, mochte es auch dumm, mochte es auch unvernünftig sein, aber allein der Gedanke an sie löschte Vergangenheit und Zukunft aus, weil er nur ein einziges Jetzt kannte.
Vor seinem Haus angekommen, entließ der Kaiser Germanicus, nicht ohne ihn zum Essen einzuladen. Sie würden zur neunten Stunde im Hause des Senators Publicus Lentinus speisen, der ein enger Freund des Princeps war. Germanicus verabschiedete sich höflich und eilte in den Gebäudeflügel der Livia, um endlich seine Mutter wiederzusehen.
Während er das Bad genoss und die Essenzen ihm Körper und Seele streichelten, saß Antonia bei
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