Arminius
ihrem Sohn. Sie hatte dafür gesorgt, dass das Bad gerichtet wurde, dass ihre persönliche Sklavin bereitstand, um ihm die Finger-und Fußnägel zu schneiden und die Frisur herzurichten, die vielen kleinen Locken zu brennen, die seit dem Aufstieg des Augustus bei den römischen Männern in Mode gekommen war. Als besonderer Clou galt die Zangenlocke, die keck in die Stirn fiel.
»Agrippina wird dir eine gute Ehefrau sein«, sagte Antonia.
»Ich erinnere mich kaum an sie«, gab Germanicus träge zurück.
»Umso größer wird deine Überraschung sein. Die Götter lieben dich, mein Sohn, und dein Vater höchstselbst hält zum Schutze die Hand über dein Leben. Besser hätte die Wahl des Princeps nicht ausfallen können.«
»Liebt sie mich denn, liebe ich sie?«
»Es gibt keinen Grund, der eurer Liebe im Wege steht. Außer natürlich, du liebst eine andere.«
»Und wenn es so wäre?«
»Dafür ist es jetzt zu spät.«
»Aber du hast dich doch auch geweigert, nach Vaters Tod wieder zu heiraten. Du warst noch jung, du bist immer noch schön, einer neuen Ehe hätte nichts entgegengestanden, zumal Augustus es wollte. Du hast dich ihm widersetzt.«
»Ja, aber nur weil ich mit deinem Vater verheiratet bin und unsere Ehe nicht mit seinem Tod endete. Alles andere wäre Verrat.«
»Augustus zürnte dir. Was, wenn er dich verstoßen und verbannt hätte?«
»Das konnte nicht geschehen«, sagte Antonia ruhig.
»Aber warum nicht?«
»Weil Drusus bei mir ist. Weil er mich nie verlassen hat«, sie legte die Hand auf ihre linke Brust, »tief in meinem Herzen lebt er. Solange ich auf Erden weile, ist er bei mir, wenn ich sterbe, bin ich bei ihm. Ich habe mir das nicht ausgedacht, ich habe es nicht einmal so gewollt. Es ist von ganz allein so gekommen. Ich hätte wieder geheiratet, wenn mein Mann mich verlassen hätte. Aber das ist nicht geschehen.«
»Habt ihr aus Liebe geheiratet?«
»Du fragst, ob wir aus Verliebtheit geheiratet haben, denn wer will wissen, ob er den anderen liebt, bevor er ihn kennt?«
»Einerlei! Habt ihr aus Liebe oder Verliebtheit geheiratet?«
»Weder noch, wir kannten uns kaum. Als wir uns in der Ehe kennenlernten, entdeckten wir zu unserer großen Freude die Liebe.«
»Tiberius hat unter seiner Ehe gelitten, er fand nur den Hass und die Verachtung.«
»Ach, der arme Tiberius. Er vergeht immer noch vor Liebe zu Vipsania Agrippina, seiner ersten Frau.«
»Woher weißt du das?«
»Als er das letzte Mal in Rom weilte, sind die beiden einander zufällig auf dem Forum über den Weg gelaufen. Tiberius ertrug ihren Anblick nicht, rannte mit Tränen in den Augen davon und war in den nächsten Tagen nicht ansprechbar. Finde die Liebe in der Ehe, mein Sohn. Vertraue Agrippina. Ein kluger Mann nimmt eine Frau, die ihm Geliebte, Mutter seiner Nachkommen, treueste Gefährtin und kluge Beraterin in einem ist. Ich kenne Agrippina gut. Das alles könnte sie dir sein!«
Germanicus musterte seine Mutter mit einem nachdenklichen Blick. Hatte sie etwa auf dem Umweg über Livia Augustus diese Ehepläne eingeredet?
Das Gastmahl bei Lentinus langweilte Germanicus. Und doch machte er während der cena, dem abendlichen Gastmahl, eine gute Figur und spürte, dass die Augen des Princeps wohlwollend auf ihm ruhten. Germanicus wunderte sich allerdings, weshalb der Princeps, der dem Luxus reserviert gegenüberstand und selbst eher bescheiden lebte, einen derart protzenden Kerl wie Lentinus als Freund ertrug. Das musste mit der Zeit zusammenhängen, in der der jetzige Kaiser, damals der junge Octavian, noch ums Überleben und um die Macht kämpfte, was für ihn damals ein und dasselbe war. Aus diesen Männern bestand der engere Freundeskreis des Augustus, Männern, deren Treue sich bereits bewährt hatte, als er noch ein Niemand war.
Sie lagen behaglich auf ihren Speisesofas, er neben Augustus. Germanicus musste gegen die Müdigkeit ankämpfen, die ihn immer wieder in Wellen überkam und ihm mit sanfter Gewalt auf die Augenlider drückte. Sklaven musizierten, und Transvestiten tanzten. Als ersten Gang ließ Lentinus Seeigel, Austern und Muscheln, Drosseln mit Spargel und Masthuhn auftragen. Dazu gab es Eiswasser und kostbaren Falernerwein. Obwohl auch rätischer Wein, den der Princeps bevorzugte, bereitstand. Dann folgten Feigendrosseln, Lendenstücke von Reh und Wildschwein, gebackenes Geflügel und wieder Feigendrosseln mit Stachel-und Purpurschnecken. Den Hauptgang bildeten Saueuter, geräuchertes Wild, Schweinskopf,
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