Arminius
wütend durch die Zähne. Wenn sie von diesem Besuch gewusst hätte, wäre sie länger im Wald geblieben. Zwar kam sie der Aufforderung des Vaters notgedrungen nach, beeilte sich jedoch nicht allzu sehr. Sie fragte ihren Gefährten, ob er nicht ein Mittel kenne, um den Römer durch Magie fernzuhalten.
»Nein, das geht nicht«, lachte Ansar.
Wozu sollt ich mich von ihm im Wissen über heilkräftige Kräuter unterweisen lassen, wenn ihm nicht einmal ein kleiner Zauber gelingt, dachte Elda verärgert.
Inzwischen waren sie auf dem Hof angekommen. Segestes winkte die Tochter eifrig herbei. »Komm, und begrüße unseren Gast.«
Elda ging zu ihrem Vater, während Ansar in einiger Entfernung verharrte.
»Einen famosen Begleiter hast du da«, spöttelte der Römer.
»Ich weiß auch nicht, was sie an dem Frettchen findet!«, dröhnte Segestes.
»Ansar! Er heißt Ansar, Vater«, sagte Elda scharf.
»Sei nicht so streng, Segestes. Den Sklaven darf sie bei mir behalten. Mein Haus ist groß genug, da findet sich auch ein Plätzchen für den da!«
»Er ist kein Sklave! Er ist ein freier Mann«, sagte Elda frostig.
»Putzig, sehr putzig. Das musst du wirklich noch lernen. So einer wie der kann nur ein Sklave sein!«, beschied sie Marcus gönnerhaft.
Der Steuereintreiber war zwar von schlanker Statur, doch ließ ihn seine Überheblichkeit feist wirken. Zu gern hätte Elda einen Pferdeapfel auf seinem Gesicht zerdrückt oder ihn in Schweinemist gestoßen. Seitdem ihr Vater mit der Hilfe des Römers das Familiengehöft zu einer Burg umbaute, spielte sich der windige Römer hier als Herr auf. Elda spürte, dass sie zum Angriff übergehen musste.
»Willst du mein Sklave sein?«, fragte sie ihn mit ihrem liebenswürdigsten Lächeln.
Der Römer schaute sie verdutzt an. Er wusste nicht, wie sie das meinte. Ironisch, sexuell oder als kleines Liebesringen?
»Dummes Ding«, fuhr Segestes sie an. »Wie kann er dein Sklave sein?«
Sie beschloss, ihrem Vater erst gar nicht zu antworten. In ihren Augen verwandelte er sich ohnehin immer mehr zu einem Römerknecht.
»Lieber Marcus, ich glaube, dass du ein perfekter Sklave wärest. Ansar ist nur ein armer, freier Cherusker. Ihm fehlt einfach die Kultur, um ein richtiger Sklave zu sein!«
»Sprich nicht so mit deinem künftigen Mann!«, fuhr Segestes dazwischen.
Elda stand da, wie vom Donner gerührt. Warum war sie nicht von allein darauf gekommen? Nun wurde ihr einiges klar, nun verstand sie, worum es die ganze Zeit ging: Der Preis für die Burg war sie selbst, ihr Vater hatte sie an den Römer verkauft!
»Ach, bin ich etwa der Gegenwert für die vielen Sklaven des Marcus, die deinen lächerlichen Fürstensitz errichten? Lieber Marcus, lass es dir ein für alle Mal sagen: Du machst ein schlechtes Geschäft, denn ich werde niemals deine Frau …«
Weiter kam sie nicht, denn Segestes hatte sie bereits am Hals gepackt und drückte zu.
»Und doch wirst du es, Tochter!«, herrschte er sie mit vor Zorn blitzenden Augen an, bevor er sie wieder losließ.
Elda rang nach Luft und hörte, wie ihr Vater zu dem Römer sagte: »Mach dir keine Sorgen, Marcus, ich halte mein Wort. Wenn die Burg steht, führst du sie als Braut heim.«
Elda ging ins Haus. In ihrem Kopf überschlugen sich die Gedanken. Was sollte sie tun, was konnte sie tun? Sie wusste nur eines: Niemals würde sie den Römer heiraten, nie und nimmer. Bis zu dem Tag, an dem die Burg fertig war, würde noch einige Zeit vergehen. Diese Frist würde sie nutzen. Ihr würde, nein, ihr musste etwas einfallen!
Am späten Nachmittag traf sie sich mit Ansar in ihrem Waldversteck.
»Gibt es denn keinen Zauber, der den Römer krankmacht oder ihn tötet?«, fragte sie.
Ansar schwieg. Aber Elda sah, dass er heftig mit sich rang. Schließlich antwortete er, seine Worte wägend und mit großen Pausen: »Es gibt etwas, wovon du jedoch nichts wissen darfst.«
»Was, Ansar? Was?«
Er vermied es, sie anzusehen. »Auch nur darüber zu sprechen, ist schon ein todwürdiges Verbrechen!«
»Niemand wird es je erfahren!«
»Auch ich dürfte es nicht wissen.«
»Dann erzähl es mir, und wisse es nicht.«
»Seid«, hauchte er kaum hörbar den grollenden Namen mit dem gerollten R.
»Seidr?«
»Pst! Nicht so laut. Ich spreche vom Schadenszauber. Mit diesem Zauber kannst du einen Menschen sterbenskrank machen oder ihn sofort töten.«
»Weißt du, wie das geht?«
Ansar schwieg. Elda sah ihm an, dass er überzeugt war, schon zu viel gesagt zu
Weitere Kostenlose Bücher