Arminius
was, Germane. Woher solltest du das auch wissen, du bist ja kein Römer.«
»Ich bin römischer Bürger!«, sagte Arminius empört. Aber der Statthalter winkte nur ab. »Ach, römische Bürger gibt es inzwischen viele, ich rede vom Römer, von den Nachkommen der alten Familien, die schon bei der Gründung der Stadt zugegen war. Tiberius ist zu vorsichtig. Ein ewiger Zauderer. Erst sein Zögern hat Bato groß gemacht. Hätte er sofort entschlossen zugeschlagen, dann würden sich heute bereits die Enkel der Würmer, die Batos schrundigen Leib verspeist hatten, an das große Festmahl wie an eine Legende aus fernen Tagen erinnern.« Plautius hielt inne und lauschte ergriffen seinen Worten nach.
»Scribonius! Scribonius!«, rief er in herrischem Ton. Er schaute sich suchend um, und Falten des Missmuts erschienen in seinen Mundwinkeln. »Wo steckt der verdammte Schreiber schon wieder?«
»Hier, Herr, hier, Herr, ich komme ja schon«, keuchte ein kleines Männchen, das einen Beutel umgehängt hatte und mit seinen kurzen Beinen herbeigeeilt kam.
»… schrundiger Leib ist gut, schrundiger Leib ist wirklich gut«, murmelte Plautius lächelnd vor sich hin und fuhr zum Schreiber gewandt fort: »Schreib! Schrunde für Schrunde fügte mit eigenem Schwert, nein, warte, noch mal: Funkelnden Schwertes fügte der Feldherr Schrunde für Schrunde dem …« Plautius suchte nach dem passenden Ausdruck, biss sich beim Nachdenken auf die Zunge und verzog schmerzhaft das Gesicht.
Arminius schüttelte den Kopf und meinte halblaut: »Schuft.«
Plautius’ Gesicht hellte sich wieder auf: »Nicht übel für einen Germanen. Schreib Scribonius: Funkelnden Schwertes fügte der Feldherr – neue Zeile – Schrunde für Schrunde dem Schuft zu … Ich werde das Gedicht, wenn es fertig ist, Batos Buckel nennen.«
»Wieso Batos Buckel?«, fragte Scribonius überrascht.
Über soviel Kleinlichkeit konnte sich Plautius nur ärgern. »Dummkopf! Das weiß ich doch jetzt noch nicht. Ich habe einen großartigen Titel und zwei ewig unvergängliche Zeilen. Was braucht es mehr? Der Rest wird sich schon finden. Wir sind ja …«
Weiter kam er nicht, denn sein Pferd brach unter ihm zusammen und riss ihn mit zu Boden. Neben Arminius fielen Männer und Rösser durch einen aus blauem Himmel herabstürzenden Speer-und Pfeilhagel. Rasch nahm er seinen Schild von der Sattelbefestigung und sprang vom Pferd. Er duckte sich neben Plautius und schützte sie beide mit seiner Wehr.
»Was war das?«, fragte der Statthalter verwirrt.
»Der Buckel des Bato«, antwortete Arminius. »Reite mit deinen Leuten voraus, und suche eine Stelle, an der sich der Talweg verbreitet und wir lagern können. Wir müssen uns sofort sammeln.«
»Und du, Germane?«
»Nicht einmal jetzt kannst du mich Römer nennen? Ich reite zurück und treibe die Kohorten an. Die Männer müssen, sich gegenseitig schützend, das Lager erreichen. Wenn wir uns nicht rechtzeitig sammeln, werden wir einzeln aufgerieben, eine Hundertschaft nach der anderen, eine Kohorte nach der anderen.«
Erneut ging ein todbringender Schwarm aus Pfeilen und Speeren auf sie nieder. Schreie des Schmerzes und des Entsetzens, deren Echo die Felswände hin und her warfen, erfüllten das Tal mit einem schauerlichen Getöse. In dieser ausweglosen Situation gab es nur noch eine Rettung, die römische Disziplin. Arminius schwang sich aufs Pferd und blickte weder nach links, noch nach rechts, sondern stürmte zurück. Jeden Centurio, dem er unterwegs begegnete, wies er hastig an, die Hundertschaften in Gruppen von acht bis zehn Legionären aufzulösen. Diese Gruppen sollten dann die berühmte ›Schildkröte‹ bilden: Die Legionäre hielten dabei ihre Schilde so, dass alle zusammen die Form eines Schildkrötenpanzers hatten. Nur diese Kampfformation versprach einen wirksamen Schutz gegen die Geschosse. Allerdings, so schärfte Arminius den Anführern ein, sollten die Schildkröten dicht beieinander bleiben, sich gegenseitig decken und sich bei einem Angriff der Aufständischen, der von den Hängen herab erfolgen konnte, so schnell wie möglich wieder zu ihrer Hundertschaft vereinigen. Denn Bato zielte offensichtlich darauf ab, Chaos und Verwirrung zu stiften, um dann die isolierten und in kleinen Gruppen herumirrenden Legionäre abzuschlachten.
Arminius war gut drei Stunden unterwegs, ehe er das Ende der Kolonne erreichte. Jetzt rächte es sich, dass sie nicht in Kampfformation marschiert waren. Nur zum Teil konnte er
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