Arrivals: Fürchte die Unsterblichkeit (German Edition)
bestechen, und die anderen können mir Geschichten über Ihre Charakterfehler erzählen, soviel sie wollen. Im Moment ist mir das egal.«
Kurz dachte Chloe, er würde sie weiter drängen oder die anderen würden es tun. Jack verkrampfte sich, als Ajani seine Diener ansah, doch trotz der zunehmenden Spannung blieb es bei bösen Blicken.
Einige Sekunden später trat Ajani weg und verneigte sich. »Dann bis demnächst, Chloe.« Er sah Kitty an und verbeugte sich auch vor ihr. »Jackson. Cordova.«
Dann ging er zu seiner Sänfte zurück, und Chloe sah zu, wie er und seine Dienstboten sich in Bewegung setzten. Verglichen mit der unwahrscheinlichen Geschwindigkeit der Bloedzuiger und Cynanthropen wirkte ihr Zug durch die Stadt eigenartig und langsam.
Sobald er mehrere Häuser weiter war, wandte Kitty sich an Chloe. »Du brauchst uns nicht zu trauen, Chloe. Es ist gut, misstrauisch zu sein; aber ich will dir erklären, dass es ein paar Wahrheiten gibt, die du im Wasteland lernen wirst. Zu denen, auf die ich schon vor über zwanzig Jahren gekommen bin, gehört die, dass es tödlich ist, Ajani zu vertrauen. Er sieht vielleicht nicht wie ein Ungeheuer aus, aber er ist das eine Phänomen in dieser Welt, das ich unverbesserlich böse nennen würde.«
Chloe versuchte, ihre Worte sorgfältig abzuwägen. Kitty hatte sie gepflegt, und die Gruppe hatte ihr nichts als Freundlichkeit erwiesen. »Ich fühle mich nicht geneigt, ihm zu glauben; aber wie ich schon sagte, muss ich mich ausruhen.«
Kitty nickte knapp, und sie und Edgar gingen ins Gulch House, sodass Chloe draußen mit Jack allein blieb. Er lehnte sich an die Wand, und sie trat ein wenig näher an ihn heran, damit sie nicht laut zu sprechen brauchte, um sich Gehör zu verschaffen.
»Ausruhen?« Er klang zweifelnd, und sein Blick folgte der sich entfernenden Sänfte, statt sie anzusehen.
Sie gab keine Antwort.
»Verrot ist normalerweise nicht so stark wie das, was wir gestern Abend – oder wann das auch war – getrunken haben. Wenn man nicht daran gewöhnt ist, stehen die Chancen nicht gut, so bald nach dem Verrot zu schlafen; und nach so starkem Verrot?« Jack wandte den Kopf und schenkte ihr ein ironisches Lächeln.
Chloe nickte. »Keine Ahnung, ob ich schlafen könnte, aber eine kleine Auszeit wäre gut.«
»Allein oder in Gesellschaft?«
Schon oft hatte Chloe in ihrem Leben Entscheidungen unter Alkoholeinfluss getroffen, die glücklicherweise nicht zu mehr als verschwommenen Erinnerungen geführt hatten. Sie hatte Glück gehabt und sich weder Krankheiten noch Prügel eingefangen, und als sie wieder nüchtern gewesen war, hatte sie sich gelobt, nie in eine Lage zu kommen, in der sie schlechte Entscheidungen traf. Sie glaubte nicht, dass sie von Jack körperliche Gewalt befürchten musste, aber er war potenziell eine sehr schlechte Wahl anderer Art.
»Ich kenne dich nicht und weiß nicht viel über diese Welt«, erklärte sie ausweichend.
»Stimmt.« Jack wies auf die Taverne. »Wenn wir einige dieser Fragen klären wollen, bin ich bereit, sie zu beantworten. Hector hat ein paar Zimmer gemietet.«
Chloe warf einen Blick auf Ajani, der sich immer weiter entfernte, und sah dann wieder Jack an. »Wolltest du das vorschlagen? Nur reden?«
Der Blick, den Jack ihr zuwarf, war deutlicher als Worte. »Du scheinst einen viel klareren Kopf zu haben als in der Wüste.«
»So klar, dass ich keinen Raum betrete, in dem nur wir beide uns aufhalten.«
Kurz schwieg er, und sie fragte sich, ob sie ihn beleidigt hatte. Sie wollte gerade klarstellen, dass sie nicht etwa schlecht von ihm dachte, als er näher an sie herantrat.
»Manchmal wünsche ich mir nichts mehr als ein paar Stunden, in denen ich nicht über Ungeheuer, Ajani eingeschlossen, nachdenken oder mich fragen muss, warum wir alle hier gelandet sind«, erklärte Jack leise. Der gefährliche Unterton, den sie zuvor in seiner Stimme gehört hatte, war jetzt nicht mehr wahrzunehmen, aber das, was sie jetzt hörte – ungeschminkte Aufrichtigkeit –, wirkte sogar noch verlockender auf sie. Er sah sie eindringlich an. »In der Wüste, zusammen mit dir, hatte ich sogar ein paar Minuten lang dieses Gefühl«, fuhr er fort. »Ich will mehr davon. Du gibst mir … so ein Gefühl, und das gefällt mir. So einfach ist das.«
»Verstehe«, sagte Chloe. Sie hatte im Lauf der Jahre schon verschiedenste Fehler gemacht. Aber leider dämpften Alkohol und Sex die Ängste nur; sie lieferten keine Lösungen. Gleichzeitig konnte
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