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Arsen und Apfelwein

Arsen und Apfelwein

Titel: Arsen und Apfelwein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Habeney
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Navi ist recht ungenau. Er könnte auch eine andere Adresse in der Nähe besucht haben. Aber wieso mache ich hier eigentlich Ihre Hausaufgaben?«
    Jenny wurde knallrot. »Das müssen Sie nicht«, meinte sie steif. »Darum kümmere ich mich selbst. Danke.«
    Sie stand auf und schaffte es, ruhig zur Tür zu gehen. Im Gang wischte sie sich die Augen und steuerte den nächsten Waschraum an, der sich zum Glück als leer erwies. Wütend trat sie gegen die Tür einer Kabine.
    Was dachte der sich eigentlich? So hatte er noch nie mit ihr gesprochen. Mit gerechtfertigter Kritik konnte sie ja umgehen, aber mit so etwas … Sie wartete, bis sie sich wieder etwas gefasst hatte und die roten Wutflecken auf ihren Wangen weitgehend verschwunden waren, stieß dann die Tür auf und trat wieder auf den Gang hinaus.
    Ausgerechnet in diesem Moment trat Biederkopf aus seinem Büro und kam in ihre Richtung. Kommentarlos lief sie an ihm vorbei zum Treppenhaus und drehte sich nicht um.

    Sie ging nicht zurück ins Büro. Stattdessen verließ sie das Gebäude und lief zu ihrem Wagen. Nachdem sie eingestiegen war, blieb sie einen Moment still sitzen. Dann startete sie den Motor und fuhr los. Es wurde schon dämmrig. Sie lenkte den Wagen Richtung Taunus, hielt am Sandplacken und stieg aus. Nur kurz zögerte sie, dann schlug sie den Jackenkragen hoch und lief los. Bewegung half ihr immer, wenn sie verletzt war und nachdenken musste. Ein strammer Marsch war jetzt das Beste. Der halbstündige Weg zum Fuchstanz war meist ihre erste Wahl. Mit einem Ziel lief es sich einfach besser.
    Morgens hatte sie sich zum Dienst angezogen, nicht für eine Schneewanderung, und so fror sie bald erbärmlich in ihrer dünnen Jeans. Es hatte begonnen zu schneien. Ihre kurzen Haare waren schon klatschnass und das Wasser lief ihr in den Kragen.
    Sie brauchte fast eine Stunde bis zu den zwei Gasthäusern, die sich hier mitten im Wald befanden. Als sie eintrat, schlugen ihr Hitze und feuchte Luft entgegen.
    Sie bestellte sich an der Theke einen heißen Apfelwein und ging mit dem dampfenden Glas wieder ins Freie. Abseits setzte sie sich auf eine schneefreie Bank unter einem Dachvorsprung.
    Biederkopfs überraschender Verweis hatte sie aufgerüttelt. Zu lange hatte sie ihr Leben einfach so dahinplätschern lassen. Biederkopf war eine Verheißung gewesen, deren Erfüllung jedoch in weiter Ferne lag. So musste sie sich nicht wirklich damit auseinandersetzen. Und jetzt schien es zu spät zu sein. Trauer stieg in ihr hoch. Sie mochte den Staatsanwalt wirklich. Vielleicht war da auch mehr, doch sie hatte zu viel Angst gehabt, ihre Gefühle zu ergründen, geschweige denn, sie zuzulassen. Angst, sich wieder zu täuschen und enttäuscht zu werden. Zu ihrer Trauer gesellte sich jetzt Zorn. Hatte sie sich wirklich ihren Schneid so vollständig abkaufen lassen, dass sie Angst hatte, sich auf eine Beziehung einzulassen? Das durfte sie nicht zulassen. Denn wenn sie ehrlich mit sich war, und das war sie meistens, war sie einsam.
    Biederkopf hatte schon einige Zeit keinen Versuch mehr gemacht, sich mit ihr zu verabreden. Hätte sie den ersten Schritt machen sollen? Sie wollte keine Abfuhr riskieren, aber schließlich hatte sie ihn ja auch oft genug abgewiesen. Kein Wunder, dass er sich nun einer anderen zugewandt hatte. Sie seufzte und leerte das Glas. Ihr war eiskalt. Sie sollte zurücklaufen.
    Eine dreiviertel Stunde später stieg sie völlig durchnässt in ihren Wagen und fuhr Richtung Frankfurt. Ihre Wohnung kam ihr heute noch leerer vor als sonst. Ziellos lief sie durch alle Zimmer. In der Küche trat sie ans Fenster. Vor ihr lag ihr kleiner Garten, kaum waren in der Dunkelheit Einzelheiten zu erkennen. Das Mondlicht spiegelte sich auf den Gartenfackeln, die sie zum letzten Geburtstag bekommen hatte. Schlagartig wurde ihr klar, dass sie noch nie gebrannt hatten. Tatsächlich hatte sie in den annähernd eineinhalb Jahren, die sie nun hier wohnte, noch nie mit einem Besucher im Garten gesessen. Sie schüttelte den Kopf und wandte sich ab. Wann war aus ihrem Zuhause ein Gefängnis geworden?
    Als ihre Kollegen am nächsten Morgen ihre Verwunderung über ihr Verschwinden zum Ausdruck brachten, redete sie sich mit einem Termin, der ihr im letzten Moment dazwischengekommen war, heraus.
    Um das Thema zu wechseln, wandte sie sich an Sascha. »Recherchiere bitte, wer bei besagtem Botschaftsempfang anwesend war. Falls Prominente zu Gast waren, gab es vielleicht Zeitungsberichte. Logo, geh

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