Artcave - In den Fesseln der Sehnsucht
Kohlenhydrate um. Das ist nicht gut.
Ich ging in die Küche und trank mehrere Schlucke von meiner Diät-Cola. Nun wurde ich erst richtig aufgekratzt. Hatte ich doch schon im Artcave nur Cola getrunken. Nun machte ich die Nacht zum Tag, schaute mir weiter die Todesfälle an. Ein Mensch war verschwunden. Niemand wusste, wo er abgeblieben war. Es war ein Mord ohne Leiche. In seiner Wohnung hatte man Blutspuren finden können, obwohl sie gesäubert war. Heute war das Erkennen mit Luminol möglich. Früher wäre man im Dunkeln getappt. Vieles hatte sich in der Kriminologie weiter entwickelt. Heute waren Fälle lösbar, wo man früher die Akten zumachen musste.
Dann versuchte ich wieder einzuschlafen. Legte mich nach links, nach rechts, auf den Bauch. Fernseher an, Fernseher aus, aber ich fand keine Ruhe. Irgendwie schlief ich dann doch noch ein und wachte am Morgen völlig gerädert auf. Mein Kater lag in aller Seelenruhe neben mir, noch um halb zwölf und schaute mich an, als ob er sagen würde: »Ach lass uns doch noch ein Weilchen liegen bleiben.« Erstaunlich, bei meinen früheren Katzen war die Nacht spätestens um acht zu Ende.
Auch bei den Tieren gibt es verschiedene Wesen. Und dann stand er doch auf und folgte mir, nachdem ich aus dem Bad gekommen war, in die Küche. Die Katze hatte sich schon selbst mit Trockenfutter versorgt. Kater Franz mochte nur Nasses.
Was würde ich heute mit dem Tag anfangen? Ich hatte mir bald überlegt, dass ich nach Offenbach fahren würde, um ein paar Sachen in den Second Hand zu bringen und dort noch selbst ein wenig zu stöbern. Das war eine meiner Lieblingsbeschäftigungen. Also zog ich mich an, packte meine Sachen und fuhr los. Wir verhandelten über die von mir gewünschten Preise. Eine paar Kleidungsstücke sollte ich wieder zurück nehmen.
Während sie die Sachen raussuchte, die sie mir wieder zurückgeben wollte, stöberte ich ein wenig. Unter all dem Ramsch, den sie in ihrem Laden hatte, konnte man so dann und wann auch etwas finden. Es fast neu war, meinem Geschmack entsprach und meine Größe hatte. Aber heute war ich nicht sehr geduldig. Ich fragte mich, warum ich so fahrig war. Es konnte nur daran liegen, dass ich endlich einen Mann getroffen hatte, der mein Herz höher schlagen ließ, der mir aber trotzdem das Gefühl gab, ich sei nicht begehrenswert. Oder ließ er sich nur einfach Zeit? Zeit mich kennen zu lernen. Brachte er mir nur Wertschätzung entgegen? Oder lag Methode in dem wie er mit mir umging? Wollte er mich einfach nur durch seine Zurückhaltung hochkochen?
Ich erinnerte mich an ein Buch, das ich über S/M gelesen hatte. Ich wollte es nicht so wirklich krass, ich wollte Seele und Hingabe. Hatte ich früher gedacht, die Lust und das Verlangen sei der Schlüssel, so wusste ich heute, dass etwas Wunderbares auf Vertrauen und Achtung basiert. Und die wollte ich. Ich wollte nicht reduziert sein auf den Körper, den ich hatte und das Vergnügen, dass man im Idealfall würde mit mir leben können. Geduld war eine Tugend, die ich schwer erlernen sollte. Die hatte ich bei Robert, den ich über Monate immer wieder mal im Artcave sah. Wie wir immer miteinander flirteten. Da war die Geduld da. Aber vielleicht lag es einfach nur daran, dass er nie wirkliches Objekt meiner Begierde war, nie dem wirklichen Beuteschema von mir entsprach. Ganz anders, als Henry. Jetzt hatte ich den Mann getroffen, den ich begehrte, voller Inbrunst und Verlangen. Alle Fasern meines Körpers sehnten sich danach, von ihm berührt zu werden und ihn zu berühren. Ich dachte an seinen Kuss. Wie bestimmend er mich an sich gezogen hatte. Schon bald war Wochenende und ich würde ihn wiedersehen. Ich durfte für ihn kochen. Er fand es gut. Er hatte mich darum gebeten. Wie gerne ich es tun würde. Ich freute mich darauf. Irgendwie war mein Zeitgefühl noch auf Mitte der Woche, als mir bewusst war, dass es doch schon Freitag war. Morgen würden wir uns sehen. Also sollte ich mir schleunigst Gedanken darüber machen, was er gerne essen würde. Drei Gänge sollten es sein und es musste natürlich etwas sein, wozu man einen Rotwein trinken könnte. Ich nahm schnell meine Sachen an mich und fuhr weiter zu der Weinhandlung, die auf meinem Weg nach Hause lag. Ich hatte sie schon oft gesehen und hier fühlte ich mich besser aufgehoben, als in einen Supermarkt. Ich wollte einen Primitivo erstehen. Ich war mir sicher er, würde sich darüber freuen. Sonst hatte ich immer nur einen Gran Reserva zu Hause,
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