Artcave - In den Fesseln der Sehnsucht
Caché ist dahinter, denn Courbet ist deutlich namhafter als Masson.«
»Eine schöne Führung. Hat mir sehr gut gefallen«, bedankte sich Henry bei Manoun. Wir gingen zurück an den Tisch. Bernadette hatte die ganze Zeit dort alleine gesessen. Ich war gespannt, wie sich Henry ihr gegenüber verhalten würde. Nicht allzu oft wurde er mit Menschen konfrontiert, die ein ziemlich gewagtes Außenseiterleben führten. Aber sehr schnell kam das Gespräch in Gang und er schien keinerlei Animositäten ihm gegenüber zu haben. Dies beruhigte mich, denn für mich war der Umgang mit Männern in Frauenkleidung schon normal. Hier traf ich solche Menschen oft, denn im Artcave waren wir allesamt eine schräge Truppe, jeder auf seine Art und Weise. Aber alle waren untereinander sehr respektvoll. Nur unsere Manoun konnte auch schon einmal einen harten Ton anschlagen. Wirkte oft auf den ersten Blick sehr dominant. Sie hatte ihren Platz in ihrem Leben gefunden und für sich entschieden, und sie würde in keinerlei Hinsicht schale Kompromisse machen. Ihre Katzen, ihre geliebten Saunatage, Kunst und Kultur waren ihr hoch und heilig. Und sie war warmherziger, als es zunächst den Anschein machte. Diejenigen, denen sie sich zeigte, kannten auch die zarte Person in ihr und ihre Scherze, wenn ihr danach war, wie jetzt.
»Und dass ihr auch alle brav seid, sonst komme ich mit meinem Stöckchen«, lachte sie.
Sie ging nach hinten und kam mit einem filigranen Spazierstock zurück.
»Wer nicht brav ist, bekommt ihn zu spüren!«, erklärte sie in die Runde. Sie hob ihre Augenbrauen, nahm den Griff in die eine Hand, mit der anderen Hand zog sie an dem Stock und zum Vorschein kam ein Schlagelement aus Metallketten.
»Da schaust du Henry, so was gab es auch schon vor Jahrhunderten. Nicht erst heute leben die Menschen ihren Fetisch. Früher ging das auch«, erklärte sie. »Apropos, wer kommt denn eigentlich auf die Korsettparty?«
Ich schaute Henry an. »Willst du?«
»Ich weiß nicht, wann ist das?«, wollte er wissen.
»Übernächstes Wochenende.«
»Da habe ich meine Tochter bei mir«, erklärte er.
Es klingelte und Wolker kam. Wolker besuchte das Artcave fast jeden Abend. Er hielt es zu Hause alleine nicht aus. Was anderes fiel ihm eigentlich auch nicht ein. Außerdem erhoffte er immer, Manoun alleine zu sprechen. Er genoss es, wenn er mit ihr alleine war. Dann unterhielt er sich mit ihr stundenlang. Sonst blieb meist nur eine halbe oder eine Stunde, dann lief er wie ein Getriebener weg.
»Das ist mein guter Freund Wolker.«
Henry streckte ihm die Hand entgegen: »Hi, ich bin Henry. Wie ist dein Name?«
»Ich bin der Wolker.«
»Wolker? Was ist das für ein Name?«
»Du, nenn mich einfach Wolker. Man hat mich schon immer Wolker genannt.«
»Das ist sein Nachname, wir nennen ihn nie beim Vornamen. Das will er nicht«, erklärte ich.
Henry machte einen erstaunten Gesichtsausdruck.
»Und du bist das erste mal hier?«, wollte Wolker wissen.
»Nein, inzwischen schon das zweite Mal. Manoun hat uns gerade eine Führung gegeben. Das war höchst interessant. Du kennst das wahrscheinlich schon?«
»Nein, ich kriege das aber manchmal mit einem halben Ohr mit.«
»Und wo kennt ihr beide euch her?«, fragte er uns.
»Wir kennen uns schon seit Jahren. Er war damals gerade in Trennung und hatte eine Kontaktanzeige aufgegeben, die ich zufällig gelesen hatte und ich wollte wissen wer dahintersteckt.«
»Ach, was muss man denn schreiben, um dein Interesse zu wecken?«, wollte Henry wissen.
»Er war der Wolf im Schafspelz.«
»Ah, das heißt genau was?«, schaute er Wolker an.
»Da muss ich ein bisschen ausholen. Ich kann ganz offen sagen, ich bin S/Mler, aber im normalen Miteinander bin ich eigentlich ein ganz umgänglicher Mensch und mag es einfach ganz liebevoll«, erklärte er.
»Das muss ja kein Widerspruch sein.«
»Nein, eigentlich nicht. Ich bin im Leben genauso normal oder unnormal wie andere. Nur, wenn ich eine Beziehung habe, dann will ich das auch leben. Es ist auch nicht, so dass es mir fehlt, wenn ich Single bin, aber wenn ich was mit einer Frau habe, dann will ich es heftig. Mir wäre es sonst zu schal.«
»Charlotte und ich kennen uns noch nicht so lange, aber ich kann dir sagen, dass ich so ein wenig auch auf dieser Schiene ticke. Das ist für mich in Ordnung.«
»Ja, unsere Charlotte. Da hast du ja einen heißen Fang gemacht. Oder sehe ich das falsch?«, schaute er mich fragend an.
Ich errötete. Wolker wusste,
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