Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A Brandhorst
Vom Netzwerk:
Kopf noch mehr wie ein Totenschädel. »Für uns würde sich nichts verändern, abgesehen davon, dass sich die Tür nicht öffnen ließe. Externe Beobachter müssten zu dem Schluss gelangen, dass wir ebenfalls schrumpfen und ausgelagert werden, aber wir nähmen in unserer physischen Welt keine Veränderung wahr. Objektivität und subjektive Wahrnehmung, mein lieber Coltan, darum geht es hier. Sire«, fügte er hinzu.
    Er fühlt sich noch sicherer als zuvor, dachte Rahil, und sein Blick ging kurz durch die offene Tür nach draußen, wo Ruben und Darel warteten; deutliches Misstrauen stand in ihren Gesich tern. Dies ist seine Welt. Nicht dieser Würfel, aber seine Technik.
    »Die Reduktion des Würfels würde uns zusammen mit seiner Hauptmasse in ein Pocket-Universum transferieren. Die objektiven Umstände unserer Existenz würden sich verändern, nicht aber die subjektiven. Allerdings müssten wir damit rechnen, in einigen Stunden zu ersticken, denn dieser Raum ist nicht mit einer eigenen Luftversorgung ausgestattet. Wir stehen hier in einer recht teuren Spielerei, mein lieber Coltan. Dort, wo ich herkomme, gibt es effizientere Methoden der Masse-Auslagerung, aber ein solcher Würfel genügt völlig, den Sensoren der Ägide und eventuellen Beobachtern der Hohen Mächte ein Schnippchen zu schlagen.«
    Rahil bemerkte im Gesicht seines Vaters eine Veränderung, die er nicht zu deuten vermochte. Ärger auf den Händler und Schmuggler war da, unübersehbar für jemanden, der ihn gut kannte, aber als Duartes die Hohen Mächte erwähnte, huschte ein Schatten über das Eis in den Augen. War Coltan erschrocken?
    Das Oberhaupt der Tennerit-Familie trat durch die Tür; Ruben und Darel wichen sofort zur Seite.
    »Ein Geschenk?« Coltan drehte sich um. »Dies ist ein Geschenk?«
    »Von mir für Sie.« Duartes verließ den Würfel ebenfalls, und Rahil folgte ihm rasch. Der Händler schloss die Tür und drehte den Knauf, woraufhin der graue Würfel schrumpfte. Nur wenige Sekunden später hatte er sich wieder in das silberne Rechteck verwandelt, den Gegenstand, der einem Etui ähnelte. Duartes hob ihn auf und legte ihn neben den Stift auf den Schreibtisch. »Sie können dies so oft benutzen, wie Sie wollen, Coltan. Die Energiequelle ist praktisch unerschöpflich. Ich zeige Ihnen, wie man mit diesen beiden Objekten umgeht. Es ist ganz einfach.«
    Selbst für jemanden wie Sie, Coltan. Das sagte Duartes nicht, aber Rahil hörte die Worte trotzdem, mit der neuen Aufmerksamkeit des Jungen, der kein Kind mehr war, und sein Vater vernahm sie ebenfalls.
    »Ein Geschenk, wie?« Coltan näherte sich dem Händler und blieb so dicht vor ihm stehen, dass sich ihre Nasen fast berührten. »Vergessen Sie nicht, wo Sie sind, Duartes. Vergessen Sie nicht, was Sie hier bei uns sind und wer ich bin.« Er sprach betont ruhig, mit kalter, aber nicht mit eisiger Stimme, und irgendwie klang es dadurch noch drohender. »Hier genügt ein Wort von mir, Duartes, und Ihre Existenz wird ausgelöscht.«
    »Sie haben eben ein Beispiel von Relativität gesehen, Sire«, sagte der Händler. »Manchmal ist selbst der Tod relativ.«
    »Bei Ihnen mag das der Fall sein, aber nicht bei uns.« Coltan trat hinter den Schreibtisch, nahm den Dolch und richtete die Spitze auf Duartes. »Ich weiß, dass es auf Ihren Welten möglich ist, Gedanken und Erinnerungen zu speichern und für sie in einem Uterus einen neuen Körper wachsen zu lassen. Ich weiß auch, dass diese Technik nicht allen zur Verfügung steht, nur einigen Auserwählten. Selbst wenn Sie Zugang dazu haben und … wiederauferstehen könnten: Es wäre ein anderer Mann, nicht der, der hier vor mir steht. Sie würden sterben, für immer. Hier. Ein Stoß mit diesem Dolch würde genügen. Ins Herz, oder in die Schläfe.«
    Duartes zögerte. »Wäre es nicht dumm, einen Lieferanten wie mich zu töten?«
    Für einen Moment hing alles in der Schwebe, und Rahil glaubte, zwei Welten zu sehen: eine, in der Duartes lebte, und die andere, in der er starb. Der in die Zukunft führende Strom der Möglichkeiten teilte sich hier, und Rahil fragte sich, wie eine Welt ohne diesen mumienhaften Mann aussähe. Der Dolch in Coltans Hand konnte entscheiden, welche der beiden Welten Realität gewann.
    »Noch dazu jemanden, der Ihnen ein so kostbares Geschenk macht?«, fügte Duartes hinzu, als die Stille etwas zu lange dauerte.
    »Ich nehme keine Geschenke von Ihnen an, wie Sie sehr wohl wissen«, sagte Coltan und legte den Dolch neben die

Weitere Kostenlose Bücher