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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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selten ordentlich und übersichtlich war. Seine Sensibilität als Mathematiker empfand ein unordentliches Arbeitsumfeld als störend für die geistige Disziplin, die notwendig war, um eine Idee zu fassen, eine Überprüfungsmethode zu ersinnen und eine saubere Gegenprobe durchzuführen. Doch war nicht zu leugnen, daß Physiker aus solchem Chaos Ordnung und Klarheit gewannen.
    Abe Sprangle saß inmitten des Gewirrs und diskutierte eine neue Anordnung, als John zu ihm kam.
    »Nun, was gibt es?«
    »Ihre Steuergelder am Werk«, erwiderte Abe verdrießlich.
    »Sieht wie ein neuer Detektor für Gammastrahlen aus«, sagte John, froh, daß er mittlerweile manche Dinge identifizieren konnte.
    »So ist es. Ich dachte, daß mit dem alten vielleicht etwas nicht in Ordnung sei.«
    »Warum?«
    »Ich bekomme mehr Ablesungen von diesem Stöpsel in der Rückseite.«
    »Und war der alte Detektor…«
    »Nein, das ist das Problem!« sagte Abe ärgerlich. »Die Gammastrahlung hat tatsächlich zugenommen.«
    »Sind Sie sicher?«
    »Ja, ein Irrtum ist ausgeschlossen.«
    »Wenn die Gammastrahlung zunimmt«, sagte John diplomatisch, »dann…«
    »Es kann nicht sein, verstehen Sie? Jede natürliche Quelle nimmt ab, nicht zu, das ist offensichtlich.«
    »Vielleicht war etwas im Wege? Ich meine etwas, das die Gammastrahlung vorher teilweise blockierte? Wir haben den Würfel gedreht – könnte das nicht innen einen Gesteinsbrocken gelöst haben, oder was?«
    Abe schaute niedergeschlagen drein; sein gerötetes Gesicht wirkte so abgehärmt, daß die fleischigen Wangen herabzuhängen schienen. »Alles ist denkbar. Aber wie wollen Sie es überprüfen? Wenn sich etwas gelockert oder verlagert hat, können wir die Bewegung vielleicht rückgängig machen.«
    »Achten Sie auf die Ablesung! Ich werde den Würfel drehen.«
    Er kauerte nieder, stemmte die Schulter gegen den Block und schob mit seinem vollen Gewicht an. So konnte er ihn zentimeterweise kontrolliert bewegen. Als er die Gesteinsoberfläche berührte, ging eine seltsame Wahrnehmung durch seine Hände, ein Gefühl, das er schon in der Grabkammer bemerkt hatte. Dort hatte er es der Umgebung und seiner Nervosität zugeschrieben, aber hier war das Gefühl deutlicher, ein leises Zupfen an seinen Fingern, als sie den rauhen Stein anfaßten. Grunzend bewegte er den Klotz vor und zurück und hörte immer dann auf, wenn der Stöpsel vom Sensor erfaßt wurde. Nach einer halben Stunde dieser Prozedur schüttelte Abe den Kopf. »Immer noch das gleiche, fürchte ich.«
    »Wie ist die Ablesung vom Zapfen?«
    »Wie vorher. Sie hat niemals die Zunahme registriert, die wir auf der anderen Seite haben.«
    John stellte die Arbeit ein und richtete sich schnaufend auf. »Vielleicht wird der Stöpsel dünner? Daß er dadurch mehr Strahlung durchläßt, meine ich.«
    »Wie sollte er dünner werden?«
    »Weiß ich nicht.«
    »Vielleicht ist keine Theorie, wissen Sie, es ist bloß vielleicht.«
    John ignorierte die herablassende Bemerkung. »Der Stein fühlt sich ein bißchen komisch an, wenn man ihn dreht.«
    »Er ist schwer«, meinte Abe und wandte sich wieder seiner Elektronik zu. Ein Techniker arbeitete nahebei an einem Steuerpult, das mit Gerät aller Art beladen war und ein Summen von sich gab. Die antiquierte Heizungsanlage der Abteilung kam kaum gegen eine feuchte Kälte an, die so unbarmherzig war wie der Gott der Puritaner. Von der Vassar Street draußen drang ein gereiztes Hupkonzert herein. Etwas ging ihm durch den Sinn, und er wollte es nicht in Vergessenheit geraten lassen.
    »Haben Sie schon nach Magnetismus gesucht?«
    Abe blickte auf. »Nein. In Kalkstein gibt es keinen.«
    »Aber in dem, was darin ist?«
    »Unwahrscheinlich. Die Quelle ist klein.«
    »Wie fange ich es an?«
    Abe seufzte verdrießlich. »Erkundigen Sie sich im Lager der Metallurgischen Abteilung. Ich nehme an, daß man dort ein Meßgerät hat. Sonst müßten Sie im Fachbereich Geologie fragen, dort werden solche Geräte für die Feldarbeit gebraucht.«
    Wie jede scheinbar unbedeutende Erledigung, nahm auch diese viel mehr Zeit in Anspruch, als sie sollte. Im Lager gab es eine Nummer und eine Karteikarte für das Gerät, aber dieses lag nicht in seinem Fach. Instrumente und eigenartig geformte Apparate waren in jedem verfügbaren Winkel gestapelt, ein weiteres Symptom einer großen Universität, die ihre physikalischen Grenzen zu sprengen drohte. John gewann einen Techniker, der ihm bei der Suche half, und nach einer Stunde fand er

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