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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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werden.
    Vor drei Jahren, mit fünfundzwanzig, hatte sie sich einer verkürzten Psychoanalyse unterzogen und ihre Chancen für ein konventionelles Leben mehr oder weniger abgeschrieben. Sie hatte gewiß kein großes Verlangen nach Kindern, obwohl es noch Augenblicke gab, die ein Gefühl wehmütigen Nachsinnens oder sogar der Depression auslösen konnten. Ein melancholisches Lied im Radio oder ein Herzenserguß auf cremefarbenem Papier von einer sicher verheirateten alten Studienfreundin konnte so etwas bewirken. Es war nicht fair, leider…
    Es war insbesondere nicht fair, daß sie, wenn sie sich auf eine Konfrontation mit Hampton vorbereiten sollte, in verschwommene Träumereien über ihr Leben abdriften konnte. Sie gab auf, drückte die Zigarette aus und ging, Abe ihre Hilfe anzubieten.
    Sie hatte schon mit ihm gesprochen und enthüllt, daß sie das Artefakt ohne amtliche Erlaubnis und die nötigen Papiere aus Griechenland herausgeschmuggelt hatte, aber das schien ihn wenig zu bekümmern. Zu ihrer Überraschung hatte er solche Formalitäten als Papierkram abgetan und sich wieder an seine Instrumente gesetzt.
    Er hatte eine neue Methode zur Erforschung des Innern vom Kalksteinblock ersonnen. Dazu gehörte eine unabhängige Quelle von Gammastrahlen, die Abe durch den Stöpsel projizieren konnte. Seine Hoffnung war, daß einige der Gammastrahlen von den dichten Teilen des Kerns absorbiert würden. Der Rest würde durch die weniger dichten Teile passieren und aus dem Bernsteinzapfen austreten. Diese konnte er messen und somit ein projiziertes Bild des Innern aufbauen.
    Es verlief wie erwartet, doch war das gewonnene Bild fleckig und unscharf. Es zeigte dasselbe Viereck, das sie vorher durch die Untersuchung der emittierten Gammastrahlen gesehen hatten. Auch der zentrale Punkt blieb. Dies bedeutete, daß die Quelle kompakt war, was nicht überraschte. Die Frage war, wie dicht? Abe versuchte es zu ermitteln, indem er die Energie der Gammastrahlen erhöhte. Je stärker die Strahlen, desto besser konnten sie durchdringen.
    Abe und sie arbeiteten den Vormittag durch, wobei Claire einfach den Anweisungen inmitten des Gewirrs von Kabeln und summenden Apparaten folgte. Die viereckige Formation verschwamm, als Abe die Energie erhöhte.
    Sie ließen sich das Mittagessen von einem italienischen Lokal an der Ecke Albany und Cross Street bringen. Abe verstärkte die Energie wieder, dann ein weiteres Mal, und zuletzt bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit des Geräts. Der zentrale Punkt blieb unverändert.
    »Das ist eine mörderische Energiemenge, die wir dort hineingeschossen haben«, sagte er kopfschüttelnd. »Aber das Zentrum absorbiert sie.«
    »Verrät uns das nicht, wie groß es ist?« fragte Claire.
    »Wenn wir ein geometrisches Modell hätten, sicherlich«, erwiderte er. »Aber sehen Sie, wie die Größe des Punktes niemals variiert? Ein scharfes Profil. Ich würde sagen, man kann daraus schließen, daß wir auf einen Stab blicken, und zwar vom Ende her. Nach der eingesetzten Energiemenge…« Er kritzelte Zahlen auf einen Block.
    »Angenommen, der Stab wäre aus Magneteisen«, sagte Claire. »Das würde Johns Magnetfeld erklären helfen.«
    »Eisen… mal sehen…« Abe überprüfte seine Zahlen, schüttelte den Kopf.
    Claire wartete neben dem Bildschirm, wo der Punkt schwamm, eine blaue Ziffer in einem grünen Kreis. Der Kreis war das Abbild der Gammastrahlen, die von jenseits des Würfels durch den Stöpsel in der Rückseite kamen. Der Kalksteinblock, der die Gammaemission völlig absorbierte, bildete ein blaues einschließendes Feld um den Kreis.
    Wieder kam ihr die Seltsamkeit dieser Fusion zu Bewußtsein, die Vergewaltigung eines uralten Gegenstands durch modernste Technologie. Solche Geräte, weit entfernt von den Techniken, die von den Archäologen alten Stils noch gelehrt wurden, entwickelten sich mehr und mehr zur Hauptquelle der Veränderungen auf dem Gebiet – es schien abzusehen, daß sie tatsächlich einmal bedeutsamer werden konnten als die neuen Theorien über Wanderungsbewegungen oder gesellschaftliche Organisation. In Ägypten hatte man mit Hilfe eines komplizierten Netzes akustischer Detektoren die Echos von Schallwellen aufgezeichnet und Gräber gefunden, die so tief angelegt waren, daß sie den Grabräubern von Jahrtausenden verborgen geblieben waren. In China war der bruchstückhafte Rest eines alten Manuskripts an einem Wochenende durch die Computeranalyse der Milliarden von möglichen

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