Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
Vom Netzwerk:
als wüsche er sie. Im Gegensatz zu seiner makellosen Kleidung war sein Gesicht pockennarbig und derb, ein Kieselstein in einer Goldfassung.
    »Das hat er getan?« Claire war überrascht.
    »Er muß gleich zum Telefon gestürzt sein«, sagte John.
    »Dr. Zaninetti hat eine Theorie, nach der dieser Gegenstand, der gestohlene Gegenstand, gefährlich sein kann.« Carmody wartete auf ihr bestätigendes Kopfnicken.
    Statt dessen sagte John ungestüm: »Es ist nicht seine Theorie, aber er mag recht haben. Ich habe über das Problem viel nachgedacht und gerechnet, mehr als Zaninetti, und bin auch der Meinung, daß die Singularität im Zentrum des Würfels sich wahrscheinlich im Zustand eines höchst prekären Gleichgewichts befindet.«
    Claire seufzte. Sie wußte, was als nächstes kam. Carmody stellte die erwarteten Fragen nach Singularitäten, und John antwortete – wie groß? (unendlich klein); Gewicht? (ein paar Hundert Kilogramm, nicht mehr); gebundene Energie? (Megatonnen von TNT); warum blieb sie solange im Würfel? (festgehalten von Magnetfeldern, die das Eisen im Innern des Würfels erzeugte).
    Carmody fragte, wie die alten Griechen auf das Ding gestoßen sein könnten, und Claire sagte, daß es ein Geräusch gemacht oder eine Lichterscheinung gegeben habe, als ein Stück Stein in die Singularität fiel. Sie wies darauf hin, daß der Bernsteinzapfen durchscheinend war; vielleicht seien sie von den gelegentlichen Lichtausbrüchen im Innern eingeschüchtert gewesen. Es gebe noch keine definitiven Antworten.
    Die Diskussion kehrte zur Frage der gebundenen Energie zurück. Als John sich bemühte, die vorläufige Natur seiner Berechnungen zu erläutern, dachte Claire voraus zum bevorstehenden Abend. Der Vortrag würde einen dramatischen Abschluß bekommen, nämlich die Bekanntmachung, daß der Würfel geraubt worden war. Und seltsamerweise hatten die Aufregungen des Tages bewirkt, daß ihre Nervosität angesichts der zu haltenden Rede verschwunden war. Sie hatte ihre Dias und sah jetzt nicht einmal die Notwendigkeit, etwas einzuüben. Wenn es darum ging, eine wissenschaftliche Entwicklung oder Erkenntnis allgemein darzustellen, war es immer entscheidend, die schmale Meerenge zwischen der Scylla fachlicher Herablassung und der Charybdis eines verwirrten Publikums zu segeln. Vielleicht könnte sie sich eher einen Irrtum auf der Seite strenger Wissenschaftlichkeit erlauben, wenn sie nur die dramatischen Akzente hervorhob, die das menschliche Interesse fesselten.
    Abe hatte sie nach ungefähr anderthalb Stunden entdeckt. Die ersten Polizisten, die an Ort und Stelle eintrafen, waren zwei stiernackige Bilderbuchtypen mit einem Streifenwagen. Sie untersuchten das Stahltor nach Hinweisen, als hätten sie nie zuvor eins gesehen, dann standen sie herum und machten gelangweilte Gesichter. Ein Kriminalbeamter erschien, und auch er war nicht sonderlich aufgeregt. Immerhin hatte er den Flughafen angerufen, wo jedoch nichts von einem großen Gegenstand bekannt war, der nach Griechenland verfrachtet werden sollte. Sie versprachen die Sendungen nach anderen Zielorten zu überprüfen. Einstweilen war die Flughafenpolizei alarmiert, und so weiter.
    Darüber hinaus war die Polizei nicht übermäßig besorgt. Verglichen mit einem Wochenende voller Verkehrsunfälle, Einbrüche, Diebstähle, Gewalttätigkeiten und einem Mordanschlag in Somerville war der Verlust eines alten Felsbrockens nicht eben von dem Stoff, der den Pulsschlag beschleunigte.
    Claire hatte Hampton angerufen, der angemessen schockiert gewesen war. Er bekannte, keine Kenntnis von Kontos’ wahren Plänen zu haben, und betonte, daß er, Hampton, die Notwendigkeit, die physikalischen Messungen am MIT noch eine Woche lang fortzusetzen, deutlich gemacht habe. Hampton hatte sich sodann ausführlich über Kontos’ untadeligen Ruf als Wissenschaftler verbreitet und daß es ein schreckliches Mißverständnis gewesen sein müsse, das den Mann zu dieser Handlungsweise gezwungen hatte.
    Nur Zaninetti war über die Neuigkeit in Erregung geraten und hatte gehandelt, indem er seine guten Verbindungen zur Nationalen Akademie und wahrscheinlich zu anderen Stellen genutzt hatte. Zaninetti bemühte sich gegenwärtig, die Bostoner Polizei zu mehr Aktion zu bewegen.
    »Mr. Carmody«, unterbrach sie Johns sorgfältig formulierte physikalische Erklärungen, »Sie sind vom Außenministerium?«
    »Nein, aber ich erhielt meine Information von dort. Bis heute wurde diese Angelegenheit dort als eine

Weitere Kostenlose Bücher