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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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zum Bostoner Hafen fuhren. Carmody telefonierte noch immer auf dem Vordersitz der Limousine, abgetrennt von einer dicken gläsernen Trennscheibe. Unter dem Armaturenbrett war eine eindrucksvolle Sammlung von Kommunikationsgeräten installiert, und der Lincoln Continental hatte eine besondere schwerfällige Solidität an sich, was auf ein ungewöhnlich hohes Gewicht schließen ließ. Auch konnten sie die unvermeidlichen Schlaglöcher und Unebenheiten der Bostoner Straßen kaum fühlen, was auf zusätzliche Stoßdämpfer hindeutete.
    Sie kamen im Osten der Stadt heraus, eine Meile südlich des Flughafens, und bogen sofort nach rechts in die Maverick Street ein, vorbei an dreistöckigen Häusern, die trotz ihres Alters gut instandgehalten waren. Bald bogen sie nach Süden ab und kamen in ein Gebiet moderiger Lagerhäuser, Tankstellen und schäbiger Speiselokale. Nach ein paar Blocks verlangsamte der Fahrer und ließ den nachfolgenden Wagen, einen identischen Zwilling dessen, darin sie saßen, aufholen. Dann bog er links ab und hielt an einem langen Kai. Die Luft roch salzig, und Lastwagen rumpelten vorbei.
    Carmody stieg aus, ohne sich umzusehen, ob jemand folgte. Er schritt geradewegs auf ein Backsteingebäude mit dem Schild STAUEREI BRECKENRIDGE zu. Aus dem nächsten Wagen kamen mehrere Männer in langen Mänteln. Sie blieben im Umkreis der Wagen auf der Pier stehen und sahen sich um. Während der Fahrt hatten die drei Akademiker isoliert im Fond von Carmodys Limousine gesessen und wußten nichts von dem, was geschah. Da niemand sie zurückhielt, gingen sie ins Haus.
    Das Kontor wurde beherrscht von einem breiten, mit Papieren bestreuten Tresen. Dahinter stand ein Ire in einem Overall, der interessiert, aber verwirrt dreinschaute. Carmody sprach mit einem hageren Mann in einem weiten Wintermantel, der nicht recht paßte. John fragte sich, ob der Mann am Ende eine Maschinenpistole darunter versteckt haben könnte. Carmody wandte sich um, als hätte er sie jetzt erst bemerkt, und winkte Claire mit dem Finger. »Dr. Anderson, werfen Sie mal einen Blick auf diese Schrift!«
    Der Hagere hielt ihr ein Rechnungsbuch hin. »Ist Ihnen diese Handschrift bekannt?«
    Claire beugte sich darüber. »Ja, ich glaube schon. Diese t’s und a’s habe ich öfter gesehen. Kontos machte seine Eintragungen zwar in griechischer Schrift, aber die Schreibweise dieser Buchstaben ist gleich. Ich mußte seine Schrift immer für die Inventur entziffern.«
    Carmody schien zufrieden. Claire sagte: »Das ist eine Empfangsbescheinigung für Liegegebühren. Hatten sie ein Schiff hier?«
    Der Ire hinter der Theke sagte: »Ja, ein ramponiertes altes Bugsierboot. Nichts Besonderes. In Griechenland registriert.«
    »Wann ist es ausgelaufen?« fragte Carmody.
    »Da steht es, im Buch. Sonntagmittag.«
    »Haben sie was an Bord genommen?« fragte Carmody.
    »Etwas, ja. Eine Kiste.«
    »Ohne Ausklarierung beim Hafenmeister?«
    »Müssen sie gemacht haben, die Papiere waren in Ordnung.«
    »Haben sie die Kiste auf Deck gelassen?«
    »Nein, unter Deck.«
    »Natürlich wollten sie die Kiste außer Sicht bringen«, sagte Claire. »Sie verluden sie hier, dann fuhren sie den Lieferwagen zurück zum Flughafen, wo wir ihn finden sollten.«
    »Also sind sie entwischt«, sagte John.
    »Nein«, erwiderte Carmody, schon auf dem Weg hinaus. »Das Boot ist vor Castle Island untergegangen. Dadurch haben wir den Weg hierher gefunden.«
     
    Bostons innerer Hafen bietet keinen lieblichen Anblick, schon gar nicht an einem kalten Wintertag. Castle Island ist ein Stückchen Land, das im Süden vorgelagert ist und die Mündung markiert. Südlich davon liegt der City Point Beach, wo Leute, denen es zuviel Mühe bedeutet, nach Süden bis Quincy zu fahren, ihre Picknicks veranstalten. An diesem Tag lagen die öden, von Felspartien unterbrochenen Sandflächen des Halbmondstrandes verlassen, bis auf vier Männer in Taucheranzügen, die gerade an Land gekommen waren. John fragte sich, warum jemand an einem Tag wie diesem tauchen sollte, bis Carmody aus dem Lincoln stieg und zu den Männern hinunterging.
    Während der Rückfahrt nach Boston und dann durch die Summer Street nach Osten hatte Carmody unaufhörlich telefoniert. Am Broadway war der Verkehr weniger dicht, und sie kamen gut voran. Als Carmody den Hörer in seine Klemme gesteckt hatte, starrte er geradeaus, ohne daran zu denken, den drei Passagieren im Fond irgendwelche Auskünfte zu geben. John begann sich wie ein Gefangener

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