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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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eingeweiht werden… »Wahrscheinlich nie.«
    »Es gibt Computer, Spezialprogramme für die vergleichende Sprachwissenschaft.«
    »Du brauchst einen Bezug. Etwas, das dir erlaubt, eine Verbindung herzustellen.« Claire versuchte sich auf Vorlesungen zu besinnen, die sie vor sechs oder sieben Jahren gehört hatte. Wie Alice Kober zeigte, daß es in den Silbenendungen von Worten in der Linear B Veränderungen gab, was bewies, daß es sich um eine flektierte Sprache handelte. Wie M. Ventris und J. Chadwick nach Übereinstimmungen in den Vokalen suchten und neue Tafelfunde in Pylos ihre Vermutungen bestätigten, daß Linear B die Sprache der Griechen um 1200 v. Chr. war. Von da an war es relativ einfach gewesen, die zahlreichen Begriffs- und rund achtzig Silbenzeichen zu entziffern. Gleichwohl schien es gewagt, den mykenischen Griechen die Urheberschaft an dieser Schrift zuzuschreiben, denn vieles sprach dafür, daß die minoischen Kreter durch die Entwicklung der viel älteren Linear A die entscheidende Vorarbeit geleistet hatten. Genaueres war nicht bekannt. »Wir haben so wenig Information über Linear A, daß mit dem vorhandenen Material kaum weiterzukommen ist. Bisher sind rund dreihundert Tontafeln oder Fragmente mit Linear A gefunden worden. Und kein Mensch weiß, wie das minoische Kretisch klang und welcher Sprachfamilie es angehörte.«
    »Vielleicht wird diese Inschrift Aufschlüsse ergeben.« George verlängerte das Stativ und bereitete die Kamera für Nahaufnahmen vor.
    »Dies ist die einzige bekannte Steininschrift in Linear A«, sagte Claire.
    »Vielleicht ist es eine Art Sarkophag.« George schwitzte, und Tropfen rannen unbemerkt über sein staubiges Gesicht. Seine Jeans und das Arbeitshemd waren blaß vom feinen Staub.
    »Mag sein. Aber mit dieser merkwürdigen Dekoration aus Bernstein? Und die Mykener kannten zwar in den Fels gehauene Schachtgräber, aber keine Sarkophage. Und selbst wenn sie Sarkophage kannten und wir bloß noch keine gefunden haben sollten – warum verstecken sie sie hinter einer Mauer?«
    George blickte sie über die Schulter an. »Das könnte die Antwort sein: sie haben ihn versteckt.«
    »Vor wem? Dem toten König?«
    »Warum nicht? Aus irgendeinem Grund wurde einer außerhalb des Kuppelgrabes bestattet, aber die Wand auf der Innenseite markiert. Würde das keinen Sinn ergeben? Früher begrub man Selbstmörder und Ungetaufte außerhalb der Friedhofsmauern.«
    »Richtig, doch sollten wir mit der Verallgemeinerung solcher Bräuche vorsichtig sein. Zunächst müssen wir Messungen machen, Tests. Besonders von diesem hellen Material in den Meißelspuren.«
    »Am Felsblock selbst scheint nichts von besonderem Interesse zu sein. Einfacher alter Kalkstein, geschwärzt von Wasser.«
    Claire machte sich daran, im Umkreis der Maueröffnung für ihre Geräte Platz zu schaffen. »Es scheint so. Bei Vaphio liegen die Ruinen eines alten Landhauses, von dem nur noch ein paar Halbwände aus Kalksteinquadern stehen. Schafhirten benützten das alte Gemäuer ein paar tausend Jahre lang als Pferch, und durch die Reibung der Wolle an den Wänden wurde der Kalkstein geglättet und glänzte wie Marmor. Es gab einheimische Geschichten, die besagten, es handle sich um die letzten Überreste eines prächtigen Marmorpalastes. Die Ausgrabungsmannschaft, die das Gebäude freilegte, verbrachte ein Jahr mit Untersuchungen, bis sie darauf kam.«
    »Meinst du, daß wir eine Metallanalyse vornehmen sollten?«
    »Allerdings. Ich möchte wissen, was in diesen Meißelspuren ist.«
    »Oberst Dr. Kontos wird dir nicht viel Zeit für deine I-Tüpfelchen geben«, sagte er ironisch. »Er wird das Ding in eine Lattenkiste stecken, und in einer Woche ist es in Athen. Vollgestempelt mit seinem Namen.«
    Claire hob den Kopf. »Hörst du was?«
    »Wie? Nein. Paß auf, da sollten wir uns keinen Illusionen hingeben. Kontos wird die Bergung selbst übernehmen. Schließlich ist er scharf darauf, Generaldirektor für Altertümer und Restaurierungen zu werden.«
    »Kontos ist ein guter Wissenschaftler«, sagte sie mit nachdenklicher Miene. »Zwar hat er eine Schwäche dafür, in dieser Uniform umherzustolzieren, aber…«
    »Der Mann ist ein Verrückter!«
    »Er ist bloß ein Patriot. Er hat sich von der Entwicklung der letzten Monate mitreißen lassen. Ich kann seine Argumente auch verstehen. Er setzt sich einfach für sein Vaterland ein. Ich bin überzeugt, daß er uns zusätzliche Zeit einräumen wird, wenn ich ihm von diesem Fund

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