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Artefakt

Artefakt

Titel: Artefakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gregory Benford
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Macho-Tradition«, bemerkte Claire.
    »Sie lassen sich nicht gern von einer Frau herumkommandieren?«
    »Wer tut das schon gern?« sagte Claire mit einem Seitenblick.
    Er brummte nur.
    »Aber das Geld nehmen sie«, sagte sie.
    Sie hielten südöstlichen Kurs, vorüber an kahlen kleinen Felsinseln. Salzige Gischtspritzer näßten Claires weiße Bluse. Sie zog sie aus, und es zeigte sich, daß sie einen Badeanzug darunter trug. John zog im Heck den Taucheranzug über und bewunderte sie verstohlen. Sie war schlank und in einer Weise proportioniert, die man, dachte er bei sich, in künstlerischen Kreisen als bewundernswerte Beschränkung bezeichnet hätte.
    Als sie an einem zerklüfteten, felsigen Uferstreifen verlangsamten, spähte er über Bord und hielt nach Seetang und sandigen Stellen Ausschau, irgendeinem Zeichen, das gute Tauchplätze verriet. »Würden Sie heute abend gern Fisch essen?«
    »Das ist mir gleich«, sagte sie. »Jedenfalls sind wir nicht deshalb herausgefahren.«
    »So?«
    Es verwunderte ihn nicht.
    »Erkennen Sie die?« Sie zeigte zu den nahen Kliffs.
    »Nein.«
    »Unser Ausgrabungsort ist ganz in der Nähe, hinter diesem Hügel.«
    »Und Sie möchten, daß ich…«
    »Richtig.«
    Er ließ sich über Bord in das warme Salzwasser gleiten. Die Sicht war ausgezeichnet. Er schwamm abwärts zum Schlickboden. Zwischen inselartigem Wasserpflanzenbewuchs und Felsblöcken ruhten große Fische, und eine überraschende. Zahl seltsam geformter, mit Seemuscheln besetzter Auswüchse übersäte den Meeresboden. Er vermutete, daß es Trümmer alter Schiffswracks waren. Alles, was von Jahrtausenden der Katastrophen, Plünderungen und tapferen, blutigen Abenteuern geblieben war.
    Die ruhig das Wasser durchkreuzenden Schulen kleiner und größerer Fische schienen keine Furcht vor ihm zu haben, keine Erfahrung mit Menschen. Er fühlte sich beinahe schuldig, so einfach war es, drei große, elfenbeinfarbene Flossenträger mit der Harpune zu erlegen. Er brachte sie hinauf zum Boot, und Claire rief: »Haben Sie Zeichen davon gesehen?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Versuchen Sie es näher am Ufer!«
    Er unterdrückte seine Gereiztheit über ihre Zielbewußtheit, nickte und tauchte wieder.
    Der Schlick machte sandigem Boden Platz, als er sich dem Ufer näherte. Wasserpflanzen hatten sich auf unterseeischen Felsen festgesetzt. Ein rostiger Schaft wie eine Lastwagenachse fesselte kurze Zeit seine Aufmerksamkeit, und er versuchte sich vorzustellen, wie das Ding hierher gelangt sein konnte, dann setzte er seine langsame, systematische Suche fort. Er fühlte sich natürlich und frei, während er mühelos durch das klare Wasser glitt, das wie ein Bad war, verglichen mit den meisten Tauchunternehmungen, die er erlebt hatte. Daß er den Atem durch eine enge Röhre drücken mußte, schien irgendwie nicht beengend, weit weniger jedenfalls als das klaustrophobische Gefühl, das sich in engen Räumen einstellte, wie vor einigen Tagen in der kleinen Höhle neben der Mauer des Kuppelgrabes. Unter Wasser war alles anders – er konnte sich in alle Richtungen bewegen, durch Ströme goldenen Sonnenscheins dahingleiten. Es war wie Fliegen. Die meisten Leute fürchteten sich unter Wasser, aber er war seit seinem zweiten Lebensjahr Schwimmer und hatte den Ozean immer mit Ferien und Freiheit und zeitlosem Vergnügen in Verbindung gebracht. Hätte er in einem Schwimmbecken wie dem düsteren, gechlorten, freudlosen vom MIT schwimmen gelernt…
    Dort! Zwei parallel verlaufende Gesteinsrücken.
    Er war im schrägen Winkel auf sie gestoßen. Sie erhoben sich kaum einen Meter aus dem Sand des Meeresgrundes und umschlossen ein Durcheinander von Felstrümmern. Er folgte den Kämmen seewärts. Sie verliefen gerade, parallel wie Eisenbahnschienen und verengten sich kaum merklich. Er folgte ihnen mehr als fünfzig Meter weit, bis sie unter einer Schlickdecke verschwanden. Er schwamm zurück. Die Felsbrocken zwischen beiden Kämmen waren relativ groß, wirkten auf sein ungeübtes Auge jedoch nicht ungewöhnlich. Er nahm einen kleineren an sich und steckte ihn in seinen Jutefischsack.
    Ein Schwarm grauer Stäubchen blitzte silbrig auf und verblaßte wieder zu Grau, schwebte in sicherer Entfernung und beobachtete ihn aus tausenden Augen. Die Fische wahrten immer einen genauen Sicherheitsabstand, und als er sich wieder näherte, machte der große Schwarm mit blinkenden Leibern kehrt und floh, um sich am Rand seines Gesichtsfelds wieder zu formieren. Die

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