Artefakt
müssen aus dem Boden gerissen sein…«
Plötzlich verlagerte sich die Kiste seitwärts. Die gespannten Seile kippten sie weiter zurück. In einer schrecklichen Zeitlupenbewegung kippte sie rückwärts, kam auf Georges linkes Bein herab, ehe er es in Sicherheit bringen konnte, und schwankte heftig zur Seite. Dann krachte sie gegen die Höhlenwand.
George schrie. Die Kiste torkelte. Holz platzte auf. Die Höhlenwand hatte ihren Schwung nur umgelenkt, aber nicht absorbiert, und nun polterte sie auf dem unebenen Boden rückwärts und in das offene Loch.
John hörte sie einmal, zweimal aufprallen; Holz splitterte. Die Lampe war George aus der Hand gefallen, und John schien es, daß ihr Lichtschein in einem wilden Tanz über die Wände fuhr und von überall gleichzeitig zu kommen schien. Lautes Dröhnen, wie Kanonenschüsse. Ein Rattern, als ob etwas weit unter ihnen durch einen Schacht fiele. Ein Summen, das bald verstummte, ein entferntes Aufklatschen. Dann Stille.
5
Claire richtete den Lichtkegel auf Georges entblößtes Bein. »Es wird dunkler.« Behutsam strich sie mit den Fingern über den zitternden Wadenmuskel. »Vielleicht ist es bloß eine Quetschung, aber…«
»Kommt mir… eher wie ein… Bruch vor«, schnaufte George.
Claire nickte. Ihr Herzschlag pochte dumpf in den Schläfen. »Fühltest du etwas brechen?«
»Ich weiß nicht… vielleicht. Es war nur eine Sekunde auf mir, aber es schmerzte höllisch.«
»Wie schlimm ist der Schmerz jetzt?« fragte John.
George versuchte das Bein zu bewegen. »Ah! Es schmerzt, aber nicht… richtig scharf.«
Claire nahm seinen Knöchel und zog behutsam daran. »Wie ist das?«
»Nicht schlimm. Ich meine, keine Veränderung.«
»Das könnte bedeuten, daß es kein schwerer Bruch ist. Vielleicht nur ein Haarriß. Und ein massiver Bluterguß mit Muskelquetschung.«
»Ich wälzte mich fort, als das Ding auf mich viel.«
»Ein Glück, daß Sie nicht mit hinuntergerissen wurden«, sagte John.
»Ja…« George blickte ohne Vorwurf zu ihnen auf. »Das haben wir fein hingekriegt, wie?«
»Ich…« Claire zögerte. »Ich weiß nicht, was schiefging. Vielleicht zog ich zu lange und zu fest am Seil, oder was.«
»Wenn schon, dann wir beide«, sagte John.
Sie winkte ab. »Wie auch immer, es war meine Idee, und ich übernehme die Verantwortung.«
»Und nun… liegt es unten, wie? Muß in tausend Stücke zersprungen sein.«
»Es hörte sich fürchterlich an«, gab Claire zu. »Ich hörte das Splittern von Holz.«
»Ich werde nachsehen.« John bewegte sich vorsichtig zum Rand des Loches und leuchtete hinunter. »In einer Spalte tief unten sind ein paar Bretter hängen geblieben. Kratzspuren an den Wänden.«
»Ich glaube, ich möchte es lieber nicht sehen«, sagte Claire. Die Ernüchterung überkam sie mit einer Art Übelkeit. Ein unschätzbarer Gegenstand aus der Vergangenheit, ruiniert und verloren durch ihre ehrgeizigen Spielchen. Es war, als hätte man ihr einen Guß kalten Wassers über den Kopf gegeben, und die Erkenntnis, daß sie egozentrisch, unfachmännisch, leichtsinnig, selbstgerecht, achtlos gewesen war, bedrückte sie.
»Da wird es nicht mehr viel zu sehen geben«, sagte John und gab ihr die Lampe. Er wandte sich halb zur Seite, dann blickte er stirnrunzelnd in die dunkle Öffnung. »Bis zur Seehöhe müssen es an die hundert Meter sein, aber…«
»Das ist jetzt nicht wichtig«, sagte Claire. »Wir müssen George in ein Krankenhaus bringen.«
George hob den Kopf. »Ach nein. Ich meine, wir können es mit dem Kutter nach Italien schaffen, nicht wahr? Ich habe kein Verlangen, in ein griechisches Krankenhaus zu kommen und anschließend ins Gefängnis.«
»Sie brauchen ärztliche Hilfe«, sagte John.
»Sehen Sie, so schlecht bin ich nicht dran. Ich sage, wir verschwinden schleunigst von hier.«
John sagte: »Sie können nicht gehen.«
»Wer sagt das? Sie können mich stützen. Helfen Sie mir auf!«
Claire stützte George, als John ihn vorsichtig emporzog, daß er sich auf seine Schulter stützen konnte. George wurde aschfahl, aber er hielt sich.
»Sehen Sie? Ich kann sogar einen Schritt tun.«
»Nein, lassen Sie das lieber…«
George wankte vorwärts und trat unsicher auf seinen linken Fuß. »Da! Sehen Sie?«
»Hast du sehr starke Schmerzen?« fragte Claire.
»Nein… eigentlich nicht. Es scheint hauptsächlich der Wadenmuskel zu sein.«
»Nun, vielleicht nur eine Muskelquetschung und vielleicht ein angebrochener Knochen«, sagte John
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