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Artemis Fowl

Artemis Fowl

Titel: Artemis Fowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eoin Colfer
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jenem glorreichen Tag vor vierzehn Jahren in der Christchurch Cathedral getragen hatte. Die Kleidungsstücke waren mit Seidenpapier ausgestopft, und im Kragen des Frackhemds steckte ein zusammengedrücktes Kopfkissen, das mit Lippenstift bemalt war. Es wirkte beinahe komisch. Artemis unterdrückte ein Schluchzen, als seine Hoffnungen sich auflösten wie ein Regenbogen im Sommer.
    »Na, komm schon, Papa«, sagte Angeline mit tiefer Bassstimme und bewegte das Kopfkissen wie ein Bauchredner seine Puppe. »Eine freie Nacht für deinen Jungen, einverstanden?«
    Artemis nickte. Was hätte er sonst tun sollen? »Na gut, eine Nacht. Und morgen von mir aus auch. Seid glücklich.«
    Angelines Gesicht strahlte vor Freude. Sie sprang von der Chaiselongue und umarmte ihren Sohn, den sie nicht erkannte. »Danke, Papa, vielen Dank.«
    Artemis erwiderte die Umarmung, obwohl er sich dabei wie ein Betrüger vorkam. »Gern geschehen, Mu -, Angeline. Jetzt muss ich aber los, die Geschäfte warten.«
    Seine Mutter setzte sich wieder neben ihren unechten Ehemann. »Ja, Papa, geh ruhig. Wir zwei werden uns schon nicht langweilen.«
    Artemis ging, ohne sich noch einmal umzublicken. Es gab anderes zu tun. Zum Beispiel Elfen zu erpressen. Er hatte keine Zeit für die Fantasiewelt seiner Mutter.
     
    * * *
     
    Captain Holly Short hatte das Gesicht in den Händen vergraben. Genauer gesagt in einer Hand. Die andere, die die Kamera nicht erfassen konnte, fingerte an der Innenseite ihres Stiefels herum. Eigentlich war ihr Kopf kristallklar, aber es konnte ja nicht schaden, wenn ihre Feinde glaubten, sie sei noch außer Gefecht gesetzt. Vielleicht würden sie sie unterschätzen, und das wäre dann der letzte Fehler, den sie je begingen.
    Hollys Finger schlossen sich um das Ding, das sie in ihren Knöchel pikste. Seine Form verriet ihr sofort, was es war: die Eichel! Sie musste ihr während des Durcheinanders unter dem Baum in den Stiefel gerutscht sein. Diese Entdeckung könnte für sie lebenswichtig sein. Jetzt brauchte sie nur noch ein kleines Fleckchen Erde, und ihre magische Kraft würde wiederhergestellt werden.
    Verstohlen sah Holly sich in der Zelle um. Frischer Beton, wie es schien. Kein einziger Riss, keine abbröckelnden Ecken. Nichts, worin sie ihre Geheimwaffe vergraben konnte. Vorsichtig erhob Holly sich, um die Standfestigkeit ihrer Beine auszuprobieren. Gar nicht so übel - ein bisschen zittrig in den Knien, aber sonst einwandfrei. Sie ging zur Wand hinüber und legte Wange und Handflächen an die glatte Oberfläche. Ja, der Beton war ganz frisch, an manchen Stellen sogar noch feucht. Offenbar war ihr Gefängnis extra für sie hergerichtet worden.
    »Suchen Sie etwas Bestimmtes?«, fragte eine Stimme. Eine kalte, herzlose Stimme.
    Holly fuhr von der Wand zurück. Der Menschenjunge stand keine zwei Meter vor ihr, die Augen hinter einer verspiegelten Sonnenbrille verborgen. Er hatte den Raum vollkommen geräuschlos betreten. Unglaublich.
    »Setzen Sie sich bitte«, forderte er sie auf.
    Stattdessen hätte Holly diesem aufgeblasenen Bürschchen viel lieber den Ellbogen in den Schädel gerammt und sich als Gegenleistung für sein erbärmliches Leben ihre Freiheit zurückgeholt. Artemis las es in ihren Augen. Es amüsierte ihn.
    »Sie werden doch nicht auf dumme Gedanken kommen, Captain Short?«
    Holly knirschte mit den Zähnen; das war Antwort genug.
    »Wir beide kennen die Regeln ganz genau, Captain. Dies ist mein Haus, und Sie müssen meinen Wünschen Folge leisten. Das sind Ihre Gesetze, nicht meine. Selbstverständlich schließen meine Wünsche nicht ein, dass mir etwas zustößt oder Sie versuchen, dieses Haus zu verlassen.«
    Plötzlich stutzte Holly. »Woher kennst du meinen -«
    »Ihren Namen? Und Ihren Rang?« Artemis lächelte, doch es lag keine Wärme darin. »Nun, Sie tragen ein Dienstabzeichen.«
    Unwillkürlich griff Holly nach dem silbernen Abzeichen auf ihrem Anzug. »Aber das ist auf -«
    »Gnomisch geschrieben, ich weiß. Zufällig beherrsche ich es fließend. Wie alle in meiner Organisation.«
    Holly schwieg einen Moment, um diese bedeutsame Information zu verarbeiten.
    »Artemis Fowl«, sagte sie aufgebracht. »Du hast ja keine Ahnung, was du getan hast. Die beiden Welten auf diese Weise zusammenzubringen, könnte uns alle ins Unglück stürzen.«
    Artemis zuckte die Achseln. » Uns alle interessiert mich nicht, mir geht es nur um mich. Und glauben Sie mir, Captain, mir wird nicht das Geringste passieren. Und jetzt

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