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Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
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fragte mich, ob ich ein bestimmtes Theaterstück von ihm gesehen hätte. Ich sagte, leider nein. ›Oh, das müssen Sie aber‹, antwortete er in vollem Ernst. ›Es ist wunderbar! Es ist genial!‹ Der Unterschied zu dem früheren Feingefühl eines Gentleman hätte nicht größer sein können. Ich dachte damals, und denke es noch, dass die widernatürliche Entwicklung, die zu seinem Verderben geführt hat, pathologisch war, und dass sie eher in einem Krankenhaus statt vor Gericht hätte behandelt werden sollen.«
    »Bei Ihrem Liberalismus stünden alle Gefängnisse leer«, bemerkte Anson trocken.
    »Sie missverstehen mich, Sir. Ich habe mich zweimal auf das schmutzige Geschäft eines Wahlkampfes eingelassen, bin aber kein Anhänger irgendeiner Partei. Ich rühme mich, ein inoffizieller Engländer zu sein.«
    Der Ausdruck – der Anson selbstgefällig erschien – blieb zwischen ihnen hängen wie ein Rauchkringel. Anson fand, es sei an der Zeit, in die Offensive zu gehen.
    »Dieser junge Mann, dessen Fall Sie sich so redlich angenommen haben, Sir Arthur – ich muss Sie darauf aufmerksam machen, dass er ein etwas anderer Mensch ist, als Sie denken. Es gab da einiges, das vor Gericht nicht angesprochen wurde …«
    »Zweifellos aus dem sehr guten Grund, dass das nach den Beweisregeln verboten ist. Oder dass es fadenscheinige Behauptungen waren, die von der Verteidigung in der Luft zerrissen worden wären.«
    »Unter uns gesagt, Doyle, es gab Gerüchte …«
    »Gerüchte gibt es immer.«
    »Gerüchte über Spielschulden, Gerüchte über den Missbrauch von Mandantengeldern. Vielleicht fragen Sie Ihren jungen Freund einmal, ob er in den Monaten vor den Vorfällen in ernsthaften Schwierigkeiten steckte.«
    »Ich habe nicht die Absicht, irgendetwas dieser Art zu tun.« Anson stand langsam auf, ging an seinen Schreibtisch, nahm einen Schlüssel aus einer Schublade, schloss eine andere auf und holte eine Mappe heraus.
    »Diesen Brief zeige ich Ihnen streng vertraulich. Er ist an Sir Benjamin Stone adressiert. Zweifellos war er nur einer von vielen.«
    Der Brief trug das Datum des 29 . Dezember 1902 . Oben links waren die Kanzleiadresse und die Telegrammanschrift von George Edalji aufgedruckt, oben rechts »Great Wyrley, Walsall«. Doyle war auch ohne ein Gutachten von diesem Schurken Gurrin überzeugt, dass dies Georges Handschrift war.
    Sehr geehrter Herr, ich bin aus recht gesicherten Ver hältnissen in völlige Armut geraten, vor allem da ich eine große Summe Geldes (beinahe £ 220 ) für einen Freund zahlen musste, für den ich gebürgt hatte. In der Hoffnung, mich zu sanieren, borgte ich von drei Geldverleihern, doch ihre exorbitanten Zinsen machten alles nur noch schlimmer, & zwei von ihnen haben nun einen Konkursantrag gegen mich gestellt, würden diesen aber zurückziehen, wenn ich umge hend £ 115 aufbringen kann. Ich habe keine Freunde, an die ich mich wenden könnte, & da ein Konkurs verfahren mich ruinieren und für lange Zeit an der Ausübung meines Berufes hindern würde, sodass ich alle meine Mandanten verlöre, wende ich mich als letzten Ausweg an einige Fremde.
    Meine Freunde können nur £ 30 für mich auf bringen, ich selbst besitze etwa £ 21 & wäre überaus dankbar für jegliche Unterstützung , und sei sie noch so klein, da alles dazu beiträgt, meinen schweren Ver pflichtungen nachzukommen.
    Mit der Bitte um Verzeihung, dass ich Sie hiermit behellige, und im Vertrauen darauf, dass Sie mir nach Möglichkeit beistehen werden
    verbleibe ich
    mit vorzüglicher Hochachtung,
    G. E. Edalji
    Anson sah zu, wie Doyle den Brief las. Es war nicht nötig, ihn darauf hinzuweisen, dass all das fünf Wochen vor der ersten Verstümmelung geschrieben worden war. Nun war der Ball in seinem Feld. Doyle überflog den Brief und las dann einige Stellen noch einmal genauer. Schließlich sagte er:
    »Sie sind dem sicherlich nachgegangen?«
    »Natürlich nicht. Das ist keine Polizeiangelegenheit. Bettelei auf öffentlichem Straßenland ist strafbar, aber Bettelei innerhalb der höheren Berufsstände geht uns nichts an.«
    »Hier steht nichts von Spielschulden oder Missbrauch von Mandantengeldern.«
    »Das hätte das Herz von Sir Benjamin Stone auch kaum erweicht. Versuchen Sie, zwischen den Zeilen zu lesen.«
    »Das möchte ich nicht. Dies scheint mir der verzweifelte Appell eines ehrbaren jungen Mannes zu sein, der für seine Großzügigkeit einem Freund gegenüber büßen muss. Die Parsen sind für ihre Wohltätigkeit

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