Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Arthur & George

Arthur & George

Titel: Arthur & George Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julian Barnes
Vom Netzwerk:
kann ihre Gesichter nur ganz undeutlich sehen und will schon nach seinem Fernglas greifen, doch dann kommen ihm Zweifel, ob das schicklich wäre. Stattdessen schaut er nach unten auf seine Uhr. Es ist genau sieben Uhr. Diese Pünktlichkeit beeindruckt ihn; aus irgendeinem Grund hatte er gedacht, Spiritualisten nähmen es mit der Zeit nicht so genau.
    Mr George Craze von der Marylebone Spiritualist Association stellt sich als Versammlungsleiter vor. Zu Beginn verliest er eine Erklärung im Auftrag von Lady Conan Doyle:
    Bei jeder Versammlung auf der ganzen Welt saß ich an der Seite meines geliebten Gatten, und bei dieser großen Versammlung, zu der die Menschen zu seinen Ehren mit Achtung und Liebe im Herzen gekommen sind, steht sein Stuhl neben mir, und ich weiß, mein Mann wird mir als Geistwesen nahe sein. Auch wenn unsere irdischen Augen nicht über die weltliche Sphäre hinaussehen können, werden diejenigen, denen Gott diese besondere Fähigkeit verliehen hat, die man Hell sichtigkeit nennt, die uns liebe und teure Gestalt in unserer Mitte erkennen.
    Ich möchte Ihnen allen im Namen meiner Kinder und in meinem eigenen Namen und im Namen meines geliebten Mannes von Herzen danken, dass die Liebe zu ihm Sie heute Abend hierhergeführt hat.
    Ein Murmeln geht durch den Saal; George kann nicht unterscheiden, ob es Anteilnahme für die Witwe ausdrückt oder Enttäuschung darüber, dass Sir Arthur nicht auf wundersame Weise vor ihnen auf der Bühne erscheint. Mr Craze bekräftigt, es könne entgegen einigen eher törichten Spekulationen in der Presse keine Rede davon sein, dass Sir Arthur sich ihnen wie durch einen Zaubertrick leibhaftig zeige. Für diejenigen, die mit den Wahrheiten des Spiritualismus nicht vertraut sind, insbesondere für die anwesenden Journalisten, erläutert er, der Geist mache nach dem Übergang eines Menschen oft eine Zeit der Verwirrung durch, sodass er nicht umgehend in Erscheinung treten könne. Sir Arthur sei jedoch gut auf seinen Übergang vorbereitet gewesen und habe ihm mit lächelnder Ruhe entgegengesehen; er habe von seiner Familie Abschied genommen wie jemand, der zu einer langen Reise aufbreche, aber gewiss sei, bald wieder mit ihnen allen vereint zu sein. Unter diesen Umständen sei zu erwarten, dass der Geist schneller seinen Platz finde und zu Kräften komme als die meisten anderen.
    George erinnert sich an das, was Sir Arthurs Sohn Adrian dem Daily Herald gesagt hat. Die Familie, erklärte er, werde die Schritte des Patriarchen und seine leibhaftige Gegenwart vermissen, aber das sei auch alles: »Ansonsten könnte er auch in Australien sein.« George weiß, dass sein Fürsprecher einst jenen fernen Kontinent besucht hat, da er sich vor einigen Jahren The Wanderings of a Spiritualist in der Bibliothek ausgeliehen hat. In Wirklichkeit fand er die Reiseberichte darin interessanter als die theologischen Abhandlungen. Sir Arthur hatte in Australien zusammen mit seiner Familie – und dem nimmermüden Mr Wood – die neuen Ideen verbreitet, und man hatte sie dort, wie George jetzt wieder einfällt, die Pilgersleute genannt. Nun ist Sir Arthur wieder dort, oder zumindest in einem spiritualistischen Äquivalent dazu, was immer das sein mochte.
    Ein Telegramm von Sir Oliver Lodge wird verlesen. »Unser großherziger Mitstreiter wird seine Kampagne im Jenseits mit größerer Weisheit und vermehrtem Wissen weiter fortsetzen. Sursum corda .« Dann trägt Mrs St Clair Stobart eine Stelle aus den Briefen an die Korinther vor und erklärt, die Worte des heiligen Paulus seien dem Anlass angemessen, da Sir Arthur im Laufe seines Lebens häufig als der heilige Paulus des Spiritualismus bezeichnet worden sei. Miss Gladys Ripley singt Liddles Solo »Abide With Me«. Der Reverend G. Vale Owen spricht über Sir Arthurs literarisches Schaffen und schließt sich dessen Meinung an, dass The White Company und die Fortsetzung Sir Nigel seine besten Werke seien; ja, seiner Ansicht nach könne die Darstellung eines christlichen Ritters und Mannes von tiefer Frömmigkeit in dem zuletzt genannten Werk als das genaue Ebenbild von Sir Arthur gelten. Der Reverend C. Drayton, der in Crowborough die Hälfte des Trauergottesdienstes übernommen hatte, rühmt Sir Arthurs unermüdlichen Einsatz für den Spiritualismus.
    Dann erheben sich alle zu dem Choral, den die Bewegung besonders liebt: »Lead, Kindly Light«. George kommt der Gesang irgendwie anders vor, obwohl er das zunächst nicht genauer benennen kann. »Keep

Weitere Kostenlose Bücher