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Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig

Titel: Artus-Chroniken 1. Der Winterkönig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ich zurück, »warum fragt Ihr noch?«
    »Ich mache Konversation!« protestierte er. »Konversation gehört zu den Künsten der zivilisierten Welt, Derfel. Wir können nicht alle mit Schwert und Schild durchs Leben stapfen und kriegerisch grollen. Einige von uns versuchen ernsthaft, Würde zu bewahren.« Er schniefte.
    »Und woher wißt Ihr, daß Hywel tot ist?« wollte ich wissen.
    »Weil Bedwin es mir natürlich geschrieben hat, du Idiot.«
    »Bedwin hat Euch all die Jahre geschrieben?« fragte ich verblüfft.
    »Selbstverständlich! Er brauchte meinen Rat. Was glaubst du denn, was ich getan habe? Mich in Luft aufgelöst?«
    »Das habt Ihr tatsächlich«, warf ich ihm vor.
    »Unsinn! Ihr alle wußtet einfach nicht, wo ihr mich suchen solltet. Nicht etwa, daß Bedwin meine Ratschläge angenommen hätte. Was für einen Schlamassel dieser Mann angerichtet hat! Mordred lebt! Welch eine Torheit! Das Kind hätte bei der Geburt mit der eigenen Nabelschnur erdrosselt werden müssen, aber ich nehme an, daß Uther niemals damit einverstanden gewesen wäre. Der arme Uther. Er glaubte, daß Tugenden durch die Lenden eines Mannes vererbt werden! Welch ein Unsinn! Ein Kind ist wie ein Kalb - wenn es verkrüppelt ist, versetzt man ihm mit dem Knüppel einen Schlag vor den Kopf und läßt die Kuh noch einmal decken. Deswegen haben die Götter das Kinderzeugen so vergnüglich gemacht, weil so viele dieser kleinen Biester ersetzt werden müssen. Für die Frauen ist am Ende natürlich nicht viel Vergnügen dabei, aber irgend jemand muß eben leiden, und danken wir den Göttern, daß sie es sind und nicht wir.«
    »Habt Ihr eigentlich Kinder?« fragte ich ihn und überlegte, warum ich bisher noch nie darauf gekommen war, ihm diese Frage zu stellen.
    »Selbstverständlich! Was für eine seltsame Frage.« Er starrte mich an, als zweifelte er an meinem Verstand. »Ich habe keins von ihnen besonders gemocht, und zum Glück sind die meisten von ihnen gestorben; die übrigen habe ich verleugnet. Ein Sohn ist, glaube ich, sogar ein Christ.« Er erschauerte.
    »Ich ziehe die Kinder anderer Leute vor; die sind unendlich viel dankbarer. Aber wovon sprachen wir? Ach ja, Caleddin. Gräßlicher Kerl.« Finster schüttelte er den Kopf.
    »Hat er das Manuskript angefertigt?« fragte ich ihn.
    »Sei nicht albern, Derfel«, fuhr er mich ungeduldig an.
    »Druiden dürfen nichts niederschreiben, das verstößt gegen die Regeln. Das weißt du doch! Sobald man etwas
    aufschreibt, ist es festgelegt. Es wird zum Dogma. Die Menschen diskutieren darüber, werden überheblich, schlagen immer wieder in den Texten nach, produzieren neue Manuskripte, diskutieren von neuem, und bald darauf erschlagen sie einander. Wenn man niemals etwas
    aufschreibt, weiß keiner so genau, was man gesagt hat, und man kann seine Worte jederzeit ändern. Muß ich dir denn alles erklären?«
    »Ihr könntet mir erklären, was in der Schriftrolle steht«, gab ich demütig zurück.
    »Genau das tue ich ja gerade! Aber du unterbrichst mich ständig und wechselst das Thema! Seltsames Verhalten!
    Dabei bist du doch auf dem Tor aufgewachsen. Ich hätte dich öfter auspeitschen lassen sollen, dann hättest du jetzt vielleicht bessere Manieren. Wie ich hörte, baut Gwlyddyn meine Halle wieder auf?«
    »Ja.«
    »Ein guter, ehrlicher Mann, dieser Gwlyddyn. Ich werde vermutlich alles noch einmal selbst aufbauen müssen, aber er gibt sich Mühe.«
    »Das Manuskript«, ermahnte ich ihn.
    »Ich weiß! Ich weiß! Caleddin war Druide, das sagte ich schon. Und dazu ein Ordovizier. Schreckliche Wilde, diese Ordovizier. Wie dem auch sei, lenke deine Gedanken aufs Schwarze Jahr zurück und frage dich, woher Suetonius soviel über unsere Religion wußte. Du weißt doch, wer Suetonius war, oder?«
    Diese Frage war eine Beleidigung, denn alle Briten kennen und schmähen den Namen Suetonius Paulinus, des von Nero eingesetzten Statthalters, der im Schwarzen Jahr - etwa vierhundert Jahre vor unserer Zeit - unsere uralte Religion buchstäblich vernichtete. Jeder Brite wuchs mit der schrecklichen Erzählung auf, wie Suetonius mit zwei Legionen das Druiden-Heiligtum auf Ynys Mon zerstörte. Ynys Mon war, wie Ynys Trebes, eine Insel, das höchste Heiligtum unserer Götter, aber es war den Römern irgendwie gelungen, die Meerenge zu überqueren und alle Druiden, Barden und Priesterinnen mit dem Schwert zu töten. Dann fällten sie alle Bäume des heiligen Hains und schändeten den heiligen See, so daß von unserer

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