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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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immer gesagt, im Winter sei es ganz furchtbar kalt da oben.«
    »Und den Kessel«, erriet Igraine, »hatte er auf der Plattform versteckt?«
    »Ja.«
    »Aber er ist nicht verbrannt, nicht wahr, Bruder Derfel?«
    bohrte sie weiter.
    »Die Geschichte des Kessels geht weiter«, räumte ich ein,
    »aber ich werde sie jetzt nicht erzählen.«
    Sie streckte mir die Zunge heraus. Erstaunlich schön sieht sie heute aus. Vielleicht hat ja die Kälte die Farbe auf ihre Wangen und das Funkeln in ihre dunklen Augen gezaubert, doch ich vermute, sie ist schwanger. Ich hatte es jedesmal sofort gewußt, wenn Ceinwyn guter Hoffnung war, und an Igraine erkenne ich jetzt das gleiche Aufblühen des Lebens. Da mir Igraine jedoch nichts gesagt hat, werde ich sie nicht danach fragen. Sie hat, weiß Gott, inbrünstig genug um ein Kind gebetet; vielleicht erhört unser Christengott unsere Gebete ja doch. Etwas anderes haben wir nicht, das uns Hoffnung geben könnte, denn unsere eigenen Götter sind tot oder geflohen, oder sie kümmern sich nicht um uns.
    »Die Barden sagen«, fuhr Igraine fort, und an ihrem Ton erkannte ich, daß gleich wieder eine meiner
    Unzulänglichkeiten als Geschichtenerzähler zur Sprache kommen würde, »daß die Schlacht bei London gräßlich war. Den ganzen Tag lang habe Arthur gekämpft, sagen sie.«
    »Zehn Minuten«, gab ich geringschätzig zurück.
    »Und alle behaupten, Lancelot habe ihn gerettet, weil er im letzten Moment mit einhundert Speerkämpfern eintraf.«
    »Das sagen sie«, entgegnete ich, »weil die Lieder von Lancelots Dichtern geschrieben wurden.«
    Traurig schüttelte sie den Kopf. »Wenn das hier« – sie schlug mit der Hand auf den großen Lederbeutel, in dem sie die fertigen Pergamente zum Caer bringt – »der einzige Bericht über Lancelot ist, Derfel, was werden dann die Leute denken?
    Daß die Dichter lügen?«
    »Wen kümmert’s, was die Leute denken?« antwortete ich gereizt. »Außerdem lügen die Dichter immer. Dafür werden sie bezahlt. Ihr habt mich nach der Wahrheit gefragt, und wenn ich sie Euch erzähle, beschwert Ihr Euch.«
    »›Lancelots Kriegen«, zitierte sie, »Speerkämpfer, so kühn, Witwenmacher und Goldbringer. Sachsenschlächter, von den Sais gefürchtet –.‹«
    »Würdet Ihr bitte aufhören?« fiel ich ihr ins Wort. »Ich habe das Lied gehört, eine Woche, nachdem es geschrieben war!«
    »Aber wenn die Lieder lügen«, wandte sie ein, »warum hat Arthur dann nicht protestiert?«
    »Weil ihn die Lieder nicht kümmerten. Warum sollten sie auch? Er war ein Krieger, kein Barde, und solange seine Männer vor der Schlacht sangen, war er’s zufrieden. Außerdem konnte er selbst nicht singen. Er glaubte, eine Stimme zu haben, aber Ceinwyn hat immer gesagt, er klinge wie eine Kuh mit Blähungen.«
    Igraine krauste die Stirn. »Ich begreife immer noch nicht, warum es so schlecht war, daß Lancelot Frieden gebracht hat.«
    »Das ist doch nicht schwer zu verstehen«, gab ich zurück. Ich glitt vom Hocker und ging zum Kamin, wo ich mit einem Stecken glühende Kohlestückchen aus dem winzigen Feuer holte. Auf dem Fußboden ordnete ich sechs Kohlestückchen zu einer Reihe, dann teilte ich sie in vier und zwei. »Die vier Kohlestücke«, erklärte ich ihr, »sind Aelles Truppen. Die zwei dort sind Cerdics. Nun müßt Ihr wissen, daß wir die Sachsen nie hätten schlagen können, wenn alle sechs Stücke zusammen gekämpft hätten. Sechs hätten wir niemals besiegen können, aber vier, die konnten wir schlagen. Arthur hatte vor, diese vier zu schlagen und sich anschließend gegen die zwei zu wenden. Auf diese Weise hätten wir Britannien von den Sais befreien können. Lancelots Friedensschluß stärkte jedoch Cerdics Macht.« Ich legte ein drittes Kohlestück zu den zweien, so daß
    die vier jetzt einer Dreiergruppe gegenüberstanden, und schüttelte dann die Glut von dem brennenden Stecken. »Wir hatten Aelle geschwächt«, erklärte ich, »aber wir hatten auch uns selbst geschwächt, denn nun fehlten uns Lancelots dreihundert Speerkämpfer, die dem Frieden verschworen waren. Das machte Cerdic noch stärker.« Ich schob zwei von Aelles Kohlestückchen in Cerdies Lager hinüber und teilte die Reihe somit in fünf und zwei. »Also hatten wir Aelle zwar geschwächt, Cerdic aber gestärkt. Das ist es, was Lancelot mit seinem Friedensschluß erreicht hat.«
    »Gebt Ihr unserer Lady Unterricht im Rechnen?« Mit argwöhnischer Miene kam Sansum zu uns hereingeschlichen.
    »Ich dachte,

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