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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Unterkunft geboten hatte, kam mit besorgter Miene aus ihrem Schlafgemach. Ich wickelte mich in meinen Mantel und ging mit ihr zum Stadtwall, wo ich die Hälfte meiner Männer antraf, die ebenfalls den fernen Aufruhr beobachteten. Auch Cuneglas und Agricola standen auf den Wällen, nur Meurig nicht, denn er weigerte sich, dem Wetter irgendeine Vorbedeutung zuzumessen.
    Wir wußten es jedoch besser. Gewitter sind Botschaften der Götter, und dieses Gewitter war ein gewaltiger Ausbruch. Kein Regentropfen fiel in Corinium, und keine Sturmböen blähten unsere Mäntel, aber weit entfernt im Süden, irgendwo in Dumnonia, geißelten die Götter das Land. Blitze rissen die Dunkelheit aus dem Himmel und stießen ihre gezackten Dolche in die Erde. Donner rollte unaufhörlich, Schlag um Schlag, und bei jedem nachhallenden Ausbruch flackerten die Blitze, blendeten uns und spien ihr gezacktes Licht durch die erschauernde Nacht.
    Issa stand dicht neben mir. Die fernen Feuerkeile beleuchteten sein ehrliches Gesicht. »Ist jemand gestorben?«
    »Das wissen wir nicht, Issa.«
    »Sind wir verflucht, Lord?« fragte er mich.
    »Nein«, antwortete ich mit einer Zuversicht, die ich nicht unbedingt empfand.
    »Aber ich habe gehört, daß Merlin der Bart abgeschnitten wurde.«
    »Nur ein paar Haare«, entgegnete ich wegwerfend, »mehr nicht. Warum fragst du?«
    »Wenn Merlin keine Macht besitzt, Lord, wer dann?«
    »Merlin besitzt Macht«, suchte ich ihn zu beruhigen. Und ich besaß ebenfalls Macht, denn bald würde ich Mordreds Champion sein und auf einem großen Landgut wohnen. Ich würde den Knaben selbst formen, während Arthur das Königreich des Knaben formen würde.
    Dennoch machte ich mir Sorgen wegen des Donners. Und ich hätte mir noch größere Sorgen gemacht, wenn ich gewußt hätte, was er bedeutete. Denn in jener Nacht war tatsächlich Unglück über uns gekommen. Zwar hörten wir erst drei Tage später davon, dann aber wurde uns endlich bewußt, warum der Donner gesprochen und der Blitz zugeschlagen hatte. Er hatte auf dem Tor eingeschlagen, in Merlins Halle, wo die Winde um seinen hohlen Traumturm tosten. Dort hatte der Blitz in unserer Stunde des Sieges den hölzernen Turm in Brand gesteckt, und die Flammen hatten bis in die Nacht hinein gelodert, gesengt und geheult. Und als die Glut am frühen Morgen vom Regen des abziehenden Gewitters bespritzt und gelöscht worden war, gab es in Ynys Wydryn keine Kleinodien mehr. Es gab keinen Kessel mehr in der Asche, nur einen leeren, unausgefüllten Raum in Dumnonias brandvernarbtem Herzen.
    Die neuen Götter schienen zurückzuschlagen. Oder die silurischen Zwillinge hatten mit Hilfe des abgeschnittenen Zopfes aus Merlins Bart einen mächtigen Zauber gewirkt, denn der Kessel war verschwunden, und mit ihm alle Kleinodien. Ich zog gen Norden, zu meiner Ceinwyn.

DRITTER TEIL
    Camelot

    » A lle Kleinodien verbrannt?« fragte mich Igraine.
    »Sie sind allesamt verschwunden«, antwortete ich.
    »Armer Merlin«, sagte Igraine. Sie hat ihren gewohnten Platz auf meiner Fensterbank eingenommen, sich aber wegen der Kälte in einen dicken Umhang aus Biberpelz gepackt. Den braucht sie auch, denn es ist heute bitter kalt. Heute morgen sind schon Schneeflocken gefallen, und am Himmel im Westen dräuen bleigraue Wolken. »Ich kann nicht lange bleiben«, verkündete sie, als sie hereinkam und es sich bequem machte, um die fertigen Pergamente durchzusehen. »Falls es schneien sollte.«
    »Es wird schneien. Die Hecken sind voller Beeren, und das bedeutet immer einen harten Winter.«
    »Das behaupten die alten Männer jedes Jahr«, stellte Igraine bissig fest.
    »Wenn man alt ist«, entgegnete ich, »ist jeder Winter hart.«
    »Wie alt war Merlin?«
    »Zu der Zeit, als er den Kessel verlor? Fast achtzig. Aber er hat danach noch lange gelebt.«
    »Seinen Traumturm hat er aber nicht wieder aufgebaut?«
    fragte Igraine.
    »Nein.«
    Sie seufzte und zog den dicken Pelzumhang fester um sich.
    »So ein Traumturm würde mir gefallen. Ich hätte auch gern einen Traumturm.«
    »Dann laßt Euch einen bauen«, antwortete ich. »Ihr seid die Königin. Gebt einfach den Befehl und macht einiges Aufhebens darum. Es ist ganz einfach; nichts weiter als ein viereckiger Turm ohne Dach, mit einer Plattform auf halber Höhe. Wenn er fertig ist, darf niemand anders als Ihr ihn betreten, und der Trick besteht darin, auf der Plattform zu schlafen und darauf zu warten, daß die Götter einem eine Botschaft senden. Merlin hat

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