Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
geküßt hatten, kamen Ceinwyn und
    Gwenhwyvach zu mir herüber. Ich dachte, sie könnte es mir übelnehmen, daß ich sie nicht geheiratet hatte, aber sie schien keinen Groll zu hegen. »Ich bin jetzt die Gärtnerin meiner Schwester«, erklärte sie mir.
    »Ich hoffe nicht, Lady«, entgegnete ich.
    »Nicht offiziell«, sagte sie trocken, »und meine hohen Ämter als Oberhaushälterin oder Hundeaufseherin habe ich auch nicht offiziell inne, aber irgend jemand muß diese Aufgaben übernehmen; und als Vater starb, hat er Guinevere das Versprechen abgenommen, sich um mich zu kümmern.«
    »Es tut mir leid, daß dein Vater verstorben ist«, sagte Ceinwyn.
    Gwenhwyvach zuckte die Achseln. »Er ist einfach immer mehr abgemagert, bis eines Tages nichts mehr von ihm da war.« Gwenhwyvach selbst war keineswegs abgemagert, sondern im Gegenteil sehr fett geworden, eine dicke, rotgesichtige Frau, die in ihrem erdverschmierten Gewand und der schmutzigen weißen Schürze eher wie eine Bauersfrau wirkte denn wie eine Prinzessin. »Ich wohne dort drüben.« Sie deutete auf ein solides Holzhaus, das etwa hundert Schritt vom Palast entfernt stand. »Meine Schwester gestattet mir, jeden Tag zu arbeiten, erwartet aber, daß ich beim Abendläuten aus ihrem Blickfeld verschwunden bin. Weil kein Schandfleck den Seepalast verunstalten darf.«
    »Aber Lady!« protestierte ich gegen ihre
    Selbstherabwürdigung.
    Gwenhwyvach winkte ab. »Ich bin glücklich«, sagte sie trübe. »Ich führe die Hunde zu weiten Spaziergängen aus und unterhalte mich mit den Bienen.«
    »Komm zu uns nach Lindinis«, schlug Ceinwyn vor.
    »Das würde man mir niemals gestatten!« antwortete Gwenhwyvach in gespieltem Entsetzen.
    »Warum denn nicht?« wollte Ceinwyn wissen. »Wir haben genügend Räume übrig. Bitte!«
    Gwenhwyvach lächelte verschmitzt. »Ich weiß zuviel, Ceinwyn, darum. Ich weiß, wer kommt, wer bleibt und was sie treiben.« Da keiner von uns Lust hatte, diesen Andeutungen nachzugehen, schwiegen wir, aber Gwenhwyvach hatte das Bedürfnis zu reden. Sie muß sehr einsam gewesen sein, und Ceinwyn war ein freundliches, liebevolles Gesicht aus der Vergangenheit. Unvermittelt warf Gwenhwyvach die Kräuter hin, die sie eben erst geerntet hatte, und drängte uns eifrig zum Palast hinüber. »Wartet, ich zeig’s euch«, sagte sie.
    »Ich bin sicher, daß das nicht nötig ist«, wehrte Ceinwyn ab, die sich vor dem fürchtete, was dort eventuell ans Licht kommen würde.
    »Du darfst es sehen«, wandte sich Gwenhwyvach an Ceinwyn, »Derfel aber nicht. Oder sollte es nicht sehen. Männer dürfen den Tempel nicht betreten.«
    Sie führte uns zu einer Tür am Fuß einer kleinen Backsteintreppe, die, nachdem sie sie aufgestoßen hatte, in ein großes, von riesigen Bogen aus römischem Backstein getragenes Kellergewölbe führte. »Hier lagert der Wein«, erklärte Gwenhwyvach und zeigte auf die Krüge und Schläuche in den Regalen. Sie hatte die Tür offengelassen, damit ein Schimmer Tageslicht das staubige, düstere Gewirr der Bogen durchdringen konnte. »Hier entlang«, sagte sie und verschwand zwischen ein paar Säulen zu unserer Rechten. Wir folgten ihr ein wenig langsamer. Je weiter wir uns vom Tageslicht an der Kellertür entfernten, desto vorsichtiger tasteten wir uns voran. Wir hörten, daß Gwenhwyvach einen Türriegel hob, und als sie eine Tür öffnete, wehte ein kalter Lufthauch an uns vorüber. »Ist das der Isistempel?« fragte ich sie.
    »Ihr habt davon gehört?« Gwenhwyvach schien enttäuscht zu sein.
    »Guinevere hat mir ihren Tempel in Durnovaria gezeigt«, sagte ich. »Vor Jahren schon.«
    »Den hier würde sie Euch nicht zeigen«, behauptete Gwenhwyvach und zog die dicken, schwarzen Vorhänge beiseite, die einige Fuß weit innerhalb der Tempeltür hingen. Ceinwyn und ich standen vor Guineveres persönlichem Schrein. Aus Angst vor dem Zorn ihrer Schwester wollte Gwenhwyvach mich nicht weiter gehen lassen als bis zu der kleinen Vorhalle, die zwischen der Tür und den dicken Vorhängen lag. Ceinwyn führte sie jedoch zwei Stufen hinab in den langgestreckten Raum, der einen Fußboden aus poliertem, schwarzen Stein besaß, Wände und eine gewölbte Decke, die mit Pech bestrichen waren, ein schwarzes Steinpodium mit einem schwarzen Steinthron darauf und hinter dem Thron einen weiteren schwarzen Vorhang. Vor dem niedrigen Podium befand sich eine flache Grube, die, wie ich wußte, während der Isis-Zeremonien mit Wasser gefüllt wurde. Tatsächlich

Weitere Kostenlose Bücher