Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
gab sich trotz allem größte Mühe, ihrem Gemahl zur Seite zu stehen.
»Welche Drohungen?« fragte sie mich eiskalten Tones.
»Die beiden wissen, welche«, sagte ich und starrte die Zwillinge an.
»Wir haben keine Drohungen geäußert«, erklärte Lavaine rundweg.
»Aber Ihr könnt Sterne verschwinden lassen«, warf ich ihm vor.
Dinas gestattete sich ein träges Lächeln, das auf seinem brutalen, doch hübschen Gesicht erschien. »Der kleine Papierstern, Lord Derfel?« fragte er mit gespielter Überraschung. »Ist es das, wodurch Ihr Euch beleidigt fühlt?«
»Es war Eure Drohung.«
»Mein Lord!« wandte sich Dinas an Arthur. »Das war ein Kindertrick. Und hatte nichts zu bedeuten.«
Arthur blickte von mir zu den Druiden. »Seid Ihr bereit, das zu beschwören?« wollte er wissen.
»Beim Leben meines Bruders«, antwortete Dinas.
»Und Merlins Bart?« fragte ich ihn. »Habt Ihr den denn immer noch?«
Guinevere seufzte, als wollte sie andeuten, daß ich sie allmählich langweile. Galahad krauste die Stirn. Draußen vor dem Palast wurden die Stimmen der Krieger vom Met immer lauter und heiserer.
Lavaine sah Arthur an. »Es stimmt, Lord«, sagte er ehrerbietig, »wir hatten tatsächlich eine Strähne von Merlins Bart in unserem Besitz. Man hatte sie ihm abgeschnitten, als er König Cerdic beleidigte. Aber wir haben sie verbrannt, Lord. Das schwöre ich bei meinem Leben.«
»Wir kämpfen nicht gegen alte Männer«, knurrte Dinas und warf dann einen Blick zu Ceinwyn hinüber. »Oder gegen Frauen.«
Arthur lächelte erfreut. »Kommt, Derfel«, sagte er, »umarmt Euch. Ich wünsche mir Frieden zwischen meinen besten Freunden.«
Ich zögerte immer noch, doch Ceinwyn und ihr Bruder drängten mich vorwärts, und so kam es, daß ich Lancelot zum zweiten und letzten Mal in meinem Leben umarmte. Dieses Mal flüsterten wir uns keine Beleidigungen ins Ohr, wie wir es beim ersten Mal getan hatten, sondern sagten gar nichts. Wir küßten uns einfach und traten auseinander.
»Zwischen Euch wird von nun an Frieden herrschen«, verlangte Arthur.
»Ich schwöre es, Lord«, antwortete ich zähneknirschend.
»Ich hege keinen Groll gegen ihn«, antwortete Lancelot nicht weniger eisig.
Mit dieser halbherzigen Versöhnung mußte sich Arthur zufriedengeben, und dennoch stieß er einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus, als hätte er den schwierigsten Teil dieses Tages hinter sich gebracht. Er umarmte uns beide und bestand darauf, daß Guinevere, Galahad, Ceinwyn und Cuneglas herbeikamen und ebenfalls Küsse austauschten.
Unsere Feuerprobe war vorüber. Arthurs letzte Opfer waren seine eigene Gemahlin und Mordred, und da ich das nicht mit ansehen wollte, zog ich Ceinwyn zur Tür hinaus. Auf Arthurs Bitte blieb ihr Bruder jedoch zurück, so daß wir beide endlich allein waren. »Es tut mir leid«, sagte ich zu ihr. Ceinwyn zuckte die Achseln. »Es war unvermeidlich.«
»Aber ich traue dem Bastard immer noch nicht«, sagte ich rachsüchtig.
Sie lächelte. »Du, Derfel Cadarn, bist ein großer Krieger, und er ist Lancelot. Fürchtet der Wolf etwa den Hasen?«
»Er fürchtet die Schlange«, sagte ich bedrückt. Da ich im Moment keine Lust hatte, meinen Freunden gegenüberzutreten und die Versöhnung mit Lancelot zu beschreiben, führte ich Ceinwyn durch die bezaubernden Räume des Seepalastes mit ihren Säulenwänden, verzierten Böden und schweren Bronzelampen, die an langen Eisenketten von den mit Jagdszenen bemalten Decken herabhingen. Ceinwyn fand den Palast unermeßlich prächtig, aber auch kalt. »Genau wie die Römer«, sagte sie.
»Genau wie Guinevere«, gab ich zurück. Wir entdeckten eine Treppe, die in einige von Geschäftigkeit erfüllte Küchen hinabführte, und von dort aus eine Tür zu den hinteren Gärten, in denen in wohlgeordneten Beeten Obst und Kräuter gediehen. Als wir an der frischen Luft waren, gestand ich ihr: »Ich kann mir nicht vorstellen, daß diese Bruderschaft von Britannien jemals etwas bewirken wird.«
»Doch, das wird sie«, sagte Ceinwyn. »Solange nur möglichst viele von euch den Eid ernst nehmen.«
»Mag sein.« Ich war unvermittelt stehengeblieben, denn zu meiner Verlegenheit sah ich vor mir eine Gestalt, die sich von einem Petersilienbeet aufrichtete: Guineveres jüngere Schwester Gwenhwyvach.
Ceinwyn begrüßte sie voll Freude. Ich hatte vergessen, daß
sie in den langen Jahren von Guineveres und Gwenhwyvachs Exil in Powys Freundinnen geworden waren. Nachdem sie sich umarmt und
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