Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
weitergingen, bis wir den Lustgarten des Seepalastes in seiner ganzen Länge vor uns hatten. »Da hast du«, sagte Ceinwyn belustigt zu mir, »Arthurs Bruderschaft von Britannien.«
Der Garten wimmelte von betrunkenen Männern. Man hatte sie zu lange auf das Festmahl warten lassen, daher verabreichten sie einander ausholende Umarmungen und blumige Schwüre ewiger Freundschaft. Einige Umarmungen waren in Ringkämpfe ausgeartet, die rücksichtslos über Guineveres Blumenbeete hinwegrollten. Die Chöre hatten ihre feierliche Musik längst aufgegeben, und einige der Sängerinnen tranken inzwischen mit den Kriegern. Natürlich waren nicht alle Männer betrunken, aber die nüchternen Gäste hatten sich auf die Terrasse zurückgezogen, um die Frauen zu beschützen, von denen viele zu Guineveres Hofdamen gehörten
– unter anderem Lunete, meine erste und längst verflossene Geliebte. Auch Guinevere stand auf der Terrasse und starrte voller Entsetzen auf die Trümmerstätte, die aus ihrem Garten gemacht wurde; doch schließlich war es ihre eigene Schuld, denn sie hatte besonders starken Met brauen lassen. Mindestens fünfzig Mann lärmten und zechten jetzt in den Gärten. Einige hatten Blumenstecken aus der Erde gezogen, um damit Scheinschwertkämpfe auszufechten, und mindestens einer hatte Blut im Gesicht, während ein anderer an einem lockeren Zahn herumfingerte und den eidverschworenen Bruder von Britannien, der ihn geschlagen hatte, ausgiebig verfluchte. Irgend jemand hatte sich auf den runden Tisch erbrochen.
Ich half Ceinwyn in die Sicherheit der Arkade hinauf, während unter uns die Bruderschaft von Britannien fluchte und kämpfte und sich gründlich um den Verstand trank. So begann, obwohl Igraine mir das niemals glauben wird, die Geschichte von Arthurs Bruderschaft von Britannien, die Unwissende noch immer die Tafelrunde nennen.
Ich würde gern sagen, daß der neue Geist des Friedens, den der Eid von Arthurs Tafelrunde gebar, das ganze Königreich glücklich machte; aber der größte Teil der einfachen Leute wußte nicht einmal, daß ein Eid abgelegt worden war. Die meisten Menschen wußten weder, was die Lords taten, noch kümmerte es sie – solange man ihre Felder und Familien in Ruhe ließ. Arthur maß dem Eid natürlich großen Wert bei. Für einen Mann, der behauptete, Eide zu hassen, war er, wie Ceinwyn häufig bemerkte, ganz außerordentlich begierig darauf, sie zu schwören.
Aber wenigstens wurde der Eid damals gehalten, und Britannien gedieh in jenen Jahren des Friedens. Aelle und Cerdic kämpften um die Herrschaft über Lloegyr, und ihr erbitterter Streit verschonte die Britannier von den sächsischen Speeren. Die irischen Könige im westlichen Britannien erprobten, wie immer, ihre Waffen an britannischen Schilden, doch diese Kämpfe waren unbedeutend und sehr vereinzelt, so daß die meisten von uns eine lange Friedenszeit genießen konnten. Mordreds Kronrat, zu dem nun auch ich gehörte, konnte sich mit Gesetzen, Steuern und Gebietsstreitigkeiten befassen, statt sich über Feinde den Kopf zu zerbrechen. Arthur saß dem Kronrat vor, nahm seinen Platz am Kopfende des Tisches jedoch nie ein, denn dort stand der Thron, der dem König vorbehalten war. Er blieb leer, bis Mordred volljährig wurde. Merlin war zwar offiziell der Hauptberater des Königs, kam aber niemals nach Durnovaria und sagte bei den wenigen Gelegenheiten, da der Rat in Lindinis zusammentrat, nur wenig. Ein halbes Dutzend Ratsmitglieder waren Krieger, von denen die meisten allerdings nie erschienen. Agravain behauptete, diese Geschäfte langweilten ihn, während Sagramor es vorzog, den Frieden an der sächsischen Grenze zu schützen. Die übrigen Ratsmitglieder waren zwei Barden, die sich mit den Gesetzen und Genealogien Britanniens auskannten, zwei hohe Beamte, ein Kaufherr und zwei christliche Bischöfe. Einer der Bischöfe war ein ernster, älterer Mann namens Emrys, der Bedwins Nachfolge in Durnovaria angetreten hatte, der andere war Sansum.
Sansum hatte einst an einer Verschwörung gegen Arthur teilgenommen, und nur wenige waren nicht der Meinung, daß
es ihn den Kopf hätte kosten müssen, als diese Verschwörung aufgedeckt wurde – doch irgendwie hatte sich Sansum herausgewunden. Er lernte weder lesen noch schreiben, aber er war ein schlauer Mann und über alle Maßen ehrgeizig. Er kam aus Gwent, wo sein Vater Gerber gewesen war, und hatte es bis zu einem von Tewdrics Priestern gebracht; doch wirklich bekannt wurde er erst
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