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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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sprach es aber nicht aus.
    Nimue drehte sich in Sonnenlaufrichtung um sich selbst, um den gesamten Horizont zu umfassen. »Irgendwo da draußen ist der Kessel versteckt, Derfel«, sagte sie. »Und irgend jemand versucht herauszufinden, wie er ihn benutzen muß.« Sie lachte leise. »Und wenn er es herausfindet, Derfel, wirst du erleben, wie das Land sich vom vielen Blut rot färbt.« Sie richtete ihr gesundes Auge auf mich. »Blut!« zischte sie. »Die ganze Welt wird Blut speien an jenem Tag, Derfel. Und Merlin wird wieder die Oberhand gewinnen.«
    Möglich, dachte ich, aber es war ein sonniger Tag, und in Dumnonia herrschte Frieden. Es war Arthurs Frieden, erlangt durch sein Schwert, erhalten durch seine Gerichte, gestärkt durch seine Straßen und besiegelt durch seine Bruderschaft. Das alles schien endlos weit entfernt von der Welt des Kessels und der verschwundenen Kleinodien; aber Nimue glaubte immer noch an ihre Magie, und ihr zuliebe behielt ich meinen Unglauben für mich, obwohl ich an jenem strahlenden Tag in Arthurs Dumnonia den Eindruck hatte, daß Britannien sich den Weg von der Dunkelheit ins Licht erkämpfte, vom Chaos in die Ordnung, und von der Barbarei in die Gesetzmäßigkeit. Das war Arthurs Verdienst. Es war sein Camelot.
    Aber Nimue hatte recht. Der Kessel war nicht verloren, und sie wartete, genau wie Merlin, auf seinen Schrecken.

    U nsere Hauptaufgabe bestand in jenen Jahren darin, Mordred auf den Thron vorzubereiten. Unser König war er bereits, weil er als Säugling auf dem Gipfel des Caer Cadarn dazu ausgerufen worden war; aber Arthur hatte beschlossen, die Proklamation zu wiederholen, sobald Mordred großjährig wurde. Ich glaube, Arthur hoffte, irgendeine geheimnisvolle Macht werde Mordred anläßlich dieser zweiten Ernennung mit Verantwortungsbewußtsein und Weisheit ausstatten, denn alle Erziehungsversuche prallten an dem Knaben einfach ab. Wir versuchten es. Wir versuchten es wirklich, aber Mordred blieb stets derselbe mürrische, reizbare, flegelhafte Jüngling. Arthur mochte ihn nicht, stellte sich Mordreds schwerwiegenderen Fehlern gegenüber jedoch blind, denn wenn Arthur eins heilig war, dann der Glaube an die göttliche Berufung der Könige. Die Zeit sollte kommen, da Arthur sich gezwungen sah, der Wahrheit über Mordred ins Gesicht zu sehen; doch in jenen Jahren pflegte Arthur, sobald die Frage von Mordreds Eignung im Kronrat angeschnitten wurde, immer wieder dasselbe zu sagen: Mordred sei, das müsse er zugeben, ein höchst unangenehmes Kind, aber wie wir alle wüßten, wüchsen solche Knaben zu anständigen Männern heran, und die Feierlichkeit der Ausrufung sowie die Verantwortung des Königtums würden den Knaben mit Sicherheit mäßigen. »Ich selbst war weiß Gott kein Musterknabe«, fuhr er dann fort, »aber ich habe mich, glaube ich, ganz gut entwickelt. Setzt doch ein wenig Vertrauen in den Knaben!« Außerdem, ergänzte er jedesmal mit leichtem Lächeln, werde Mordred von klugen und erfahrenen Ratgebern unterstützt. »Er wird seinen eigenen Kronrat ernennen«, wandte einer von uns dann ein, aber Arthur winkte ab. Alles, versicherte er uns optimistisch, werde gut ausgehen.
    Guinevere hegte keine derartigen Illusionen. In den Jahren nach dem Eid der Tafelrunde schien sie von Mordreds Schicksal förmlich besessen zu sein. An den Sitzungen des Kronrats nahm sie nicht teil – das war keiner Frau gestattet –, aber ich hatte sie im Verdacht, daß sie, wenn sie in Durnovaria war, hinter dem Vorhang eines Bogengangs saß, der in die Beratungskammer mündete. Vieles von dem, was wir diskutierten, muß sie unendlich gelangweilt haben. Stundenlang debattierten wir über die Frage, ob eine Furt mit neuen Steinen versehen oder ob Geld für eine Brücke ausgegeben werden sollte, ob ein Richter sich bestechen ließ
    oder wem wir die Vormundschaft über einen verwaisten Erben oder eine verwaiste Erbin zuteilen sollten. Derartige Probleme waren unsere Alltagsgeschäfte, und ich bin sicher, daß
    Guinevere sie ermüdend fand, aber wie interessiert muß sie aufgehorcht haben, sobald wir über Mordred sprachen!
    Guinevere kannte Mordred kaum, haßte ihn aber
    nichtsdestoweniger. Sie haßte ihn, weil er und nicht Arthur König war, und versuchte die Mitglieder des Kronrats der Reihe nach zu ihrer Sichtweise zu bekehren. Sogar zu mir war sie freundlich, denn sie schien in meine Seele zu schauen und zu wissen, daß ich insgeheim ihrer Meinung war. Im Anschluß
    an die erste Ratssitzung

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