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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zerbrochenen Wassertor ging, schien sie sonderbar fröhlich zu sein. »Alle glauben, daß wir verlieren, Derfel«, sagte sie. »Alle glauben, daß diese dreckigen Christen das Land übernehmen werden. Aber das wird nicht geschehen. Bald wird der Kessel aus seinem Versteck geholt werden, Merlin wird zurückkehren, und die Macht wird entfesselt werden.«
    An der Wasserpforte machte ich halt und blickte auf die Christengruppe hinab, die wie stets am Fuß des Tor versammelt war, um mit ausgebreiteten Armen ihre seltsamen Gebete zu sprechen. Sansum und Morgan sorgten dafür, daß
    sie dort standen, damit ihre ununterbrochenen Gebete die Heiden vom brandgeschwärzten Gipfel des Tor verjagten. Verächtlich starrte Nimue auf die Gruppe hinunter. Einige der Christen erkannten sie und schlugen das Kreuz. »Glaubst du auch, daß die Christen gewinnen werden, Derfel?« fragte sie mich.
    »Ich fürchte, ja«, antwortete ich, während ich auf das wütende Geheul am Fuß des Tor lauschte. Ich mußte an die rasenden Gläubigen in Isca denken und fragte mich, wie lange dieser schreckliche Fanatismus unter Kontrolle gehalten werden könne. »Ich fürchte wirklich, daß es so kommt«, sagte ich bedrückt zu ihr.
    »Niemals! Das Christentum wird niemals siegen!« erklärte Nimue voller Verachtung. »Paß auf.« Sie schlüpfte unter meinem Mantel hervor, hob ihr schmutziges Gewand und zeigte den Christen ihre jämmerliche Blöße. Danach stieß sie ihnen mit einer obszönen Geste die mageren Hüften entgegen und gab einen klagenden Schrei von sich, der im eiskalten Wind erstarb, als sie den Saum ihres Gewandes wieder fallen ließ. Einige Christen schlugen das Kreuz, die meisten aber machten, wie ich bemerkte, instinktiv mit der rechten Hand das Zeichen gegen das Böse und spien aus. »Siehst du?« wandte sie sich lächelnd an mich. »Sie glauben noch an die alten Götter. Sie glauben immer noch an sie. Und bald, Derfel, werden sie den Beweis haben. Sag das Merlin.«
    Ich sagte es Merlin. Ich stand vor ihm und berichtete ihm, daß zwei Könige nach Cadarn kommen würden, daß aber ein Mann dort herrschen werde, der kein König sei, daß die Toten sich vermählen, die Verlorenen ans Licht kommen würden und ein Schwert an den Hals eines Kindes gelegt werden würde.
    »Sag das noch einmal, Derfel«, verlangte er, sah blinzelnd zu mir empor und streichelte die alte, getigerte Katze, die auf seinem Schoß schnurrte.
    Feierlich wiederholte ich die Botschaft und ergänzte sie noch durch Nimues Voraussage, der Kessel werde bald aus seinem Versteck geholt werden und seine Schrecken stünden unmittelbar bevor. Er lachte, schüttelte den Kopf und lachte abermals. Dann beruhigte er die Katze auf seinem Schoß. »Und sie hatte wirklich den Kopf eines Druiden, sagst du?« fragte er mich.
    »Balises Kopf, Lord.«
    Er kraulte die Katze unterm Kinn. »Balises Kopf wurde verbrannt, Derfel, vor Jahren schon. Er wurde verbrannt und anschließend zu Pulver zerstoßen. Zerstoßen, bis nichts mehr übrig war. Ich muß es wissen, denn ich war es, der ihn verbrannt hat.« Damit schloß er die Augen und schlief ein.

    Im darauffolgenden Sommer, am Tag vor einer
    Vollmondnacht, als die Bäume am Fuß des Caer Cadarn schwer waren von saftigem, grünem Laub, an einem Morgen, da strahlender Sonnenschein auf den Rainhecken mit ihren Zaunrüben, Winden, Weidenröschen und Waldreben glänzte, riefen wir Mordred auf dem uralten Gipfel des Caer zu unserem König aus.
    Caer Cadarns uralte Festung lag fast während des ganzen Jahres verlassen da, aber er war unser Königshügel, weihevoller Ort der Rituale in Dumnonias königlichem Herzen. Deswegen wurden die Wälle auch stets abwehrbereit gehalten, doch das Innere der Festung bot einen recht traurigen Anblick: Zerfallene Hütten drängten sich um die große, öde Festhalle, in der sich Vögel, Fledermäuse und Mäuse häuslich
    niedergelassen hatten. Die Halle nahm den unteren Teil von Caer Cadarns weitläufiger Kuppe ein, während nach Westen hin, auf dem höher gelegenen Teil, ein Kreis von flechtenüberzogenen Steinen jenen grauen, abgeplatteten Felsblock umstand, der Dumnonias uralter Krönungsstein war. Hier hatte der große Gott Bel seinen menschlichen Sohn Beli Mawr zum ersten unserer Könige gesalbt, und seit dieser Zeit, selbst in den Jahren der römischen Herrschaft, wurden unsere Könige hier an diesem Ort ausgerufen. Mordred war auf diesem Hügel geboren, und hier war er als Säugling auch zum König

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