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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schwarzer Rüstung, aus deren Mund schwarzer Geifer troff und die ein Schwert mit schwarzer Klinge, zweimal so lang wie Hywelbane, in der schwarzen Klauenhand hielt. Kreischend schleuderte er mir seine Herausforderung ins Gesicht. Ich schrie ebenfalls auf, und mein Körper versteifte sich in Nimues Armen.
    Sie packte meine Schultern. »Du hast die Dunkle Straße gesehen, Derfel«, flüsterte sie mir zu, »du hast die Dunkle Straße gesehen.« Dann löste sie sich plötzlich von mir, der Mantel wurde von meinem Rücken gezogen, und ich sank vornüber in Dolforwyns nasses Gras, während der Wind eiskalt über mich hinwegstrich.
    Lange Minuten blieb ich dort liegen. Der Traum war vorbei, und ich fragte mich, was die Dunkle Straße mit meinem Herzenswunsch zu tun habe. Dann warf ich mich auf die Seite und erbrach mich. Danach wurde mein Kopf wieder klar, und ich entdeckte den herabgefallenen Silberbecher neben mir. Ich hob ihn auf, hockte mich auf die Fersen und sah, daß Merlin mich von der anderen Seite des Königsteins aus beobachtete. Nimue, seine Geliebte und Priesterin, war neben ihm, den mageren Körper in einen weiten, schwarzen Mantel gehüllt, das schwarze Haar von einem Band gehalten. Ihr goldenes Auge glänzte im Mondschein. Das Auge, das in diese Höhle gehörte, hatte Gundleus ihr herausgerissen, der für diese Tat tausendfach gebüßt hatte.
    Keiner von ihnen sprach, beide sahen einfach zu, wie ich den letzten Mageninhalt hinauswürgte, mir die Lippen mit der Hand abwischte, den Kopf schüttelte und aufzustehen versuchte. Mein Körper war noch immer schwach, und mir schwamm noch immer der Kopf, denn ich konnte mich nicht erheben. Also kniete ich mich neben dem Stein hin und stützte mich schwer auf die Ellbogen. Kleine Zuckungen ließen mich von Zeit zu Zeit erschauern. »Was habt ihr mir da zu trinken gegeben?« fragte ich, als ich den Silberbecher auf den Stein zurückstellte.
    »Ich habe dir gar nichts gegeben«, antwortete Merlin. »Du hast aus freiem Willen getrunken, Derfel. Genauso, wie du aus freiem Willen hierhergekommen bist.« Seine Stimme, die in Cuneglas’ Halle so boshaft geklungen hatte, wirkte jetzt kalt und distanziert. »Was hast du gesehen?«
    »Die Dunkle Straße«, antwortete ich gehorsam.
    »Sie liegt dort drüben.« Merlin deutete im Dunkeln nach Norden.
    »Und der Dämon?« wollte ich wissen.
    »Das war Diwrnach«, gab er zurück.
    Ich schloß die Augen, denn jetzt wußte ich, was er von mir wollte. »Und die Insel«, sagte ich und öffnete die Augen wieder, »war Ynys Mon?«
    »Ja«, antwortete Merlin. »Die heilige Insel.«
    Bevor die Römer kamen und bevor man von den Sachsen auch nur träumte, wurde Britannien von den Göttern regiert, und die Götter sprachen von Ynys Mon aus zu uns, aber die Insel wurde von den Römern zerstört. Sie fällten ihre Eichen, vernichteten ihre heiligen Haine und schlachteten die Schutzdruiden ab. Jenes Schwarze Jahr lag damals über vierhundert Jahre zurück, doch einigen Druiden war Ynys Mon noch immer heilig, Druiden, die wie Merlin die Götter nach Britannien zurückholen wollten. Inzwischen gehörte die Heilige Insel jedoch zum Königreich Lleyn, und Lleyn wurde von Diwrnach beherrscht, dem schrecklichsten aller Irenkönige, die das Irische Meer überquert hatten, um britannisches Land zu erobern. Wie es hieß, bemalte Diwrnach seine Schilde mit Menschenblut. In ganz Britannien gab es keinen König, der grausamer war und mehr gefürchtet wurde. Nur die Berge grenzten ihn ein, und nur sein kleines Heer hinderte ihn daran, den Schrecken südwärts in ganz Gwynedd zu verbreiten. Diwrnach war ein Ungeheuer, das nicht umzubringen war; ein Wesen, das am finsteren Rand Britanniens lauerte und – darin stimmten alle überein – besser nicht provoziert werden sollte. »Ihr wollt«, fragte ich Merlin,
    »daß ich nach Ynys Mon gehe?«
    »Ich will, daß du mit uns nach Ynys Mon gehst«, berichtigte er und zeigte auf Nimue. »Mit uns und einer Jungfrau.«
    »Einer Jungfrau?« fragte ich.
    »Weil, Derfel, nur eine Jungfrau den Kessel von Clyddno Eiddyn finden kann. Und von uns dreien«, ergänzte er sarkastisch, »kommt da ja wohl keiner in Frage.«
    »Und der Kessel«, sagte ich langsam, »befindet sich auf Ynys Mon.« Als Merlin nickte, erschauerte ich angesichts dieser Aufgabe. Der Kessel von Clyddno Eiddyn war eins der dreizehn magischen Kleinodien Britanniens, die in alle Winde verstreut worden waren, als die Römer Ynys Mon zerstörten. Das letzte

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