Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
Glanz herniedersteigen und vor diesem glücklichen Tag würden sämtliche Heiden und Sünder vom Angesicht der Erde gefegt werden. Ich spie ihn an, machte kehrt und folgte Arthur. Sansum blieb uns auf den Fersen, fuhr fort uns zu beschimpfen, und rief dann plötzlich meinen Namen. »Lord Derfel!« rief er abermals. »He, Hurenbock! He, Hurenmeister!« Er muß
gewußt haben, daß ich angesichts dieser Beleidigungen voll Zorn zu ihm zurückkehren würde; meinen Zorn wollte er zwar nicht wecken, wohl aber meine Aufmerksamkeit. »Ich hab’s nicht so gemeint, Lord«, behauptete er hastig, als ich zu ihm zurückeilte. »Ich muß mit Euch sprechen. Schnell!« Er warf einen Blick hinter sich, um sicherzugehen, daß Bors nicht in Hörweite war, und stieß laut brüllend weitere Beleidigungen aus, mit denen er meine Bußfertigkeit verlangte, damit Bors glaubte, er wolle mich nur weiter beschimpfen. »Ich dachte, Ihr und Arthur wärt tot«, sagte er leise.
»Ihr habt unseren Tod geplant«, warf ich ihm vor. Er erbleichte. »Bei meiner Seele, Derfel, nein! Nein!« Er schlug das Kreuz. »Mögen die Engel mir die Zunge herausreißen und dem Teufel zum Fraß vorwerfen, wenn sie Euch belügt! Ich schwöre beim Allmächtigen Gott, Derfel, daß
ich nichts davon wußte.« Nachdem er diese Lüge losgeworden war, warf er einen vorsichtigen Blick in die Runde. »Dinas und Lavaine«, sagte er leise, »bewachen Guinevere im Seepalast. Vergeßt nicht, Lord, daß ich es war, der Euch davon unterrichtet hat.«
Ich lächelte. »Bors soll wohl nicht erfahren, daß Ihr mir diese Information gegeben habt. Richtig?«
»Nein, Lord, bitte!«
»Dann sollte ihn dies hier von Eurer Unschuld überzeugen!«
Damit versetzte ich dem Mäuselord eine so kräftige Ohrfeige, daß sein Schädel gedröhnt haben muß wie die große Glocke in seinem Schrein. Er flog der Länge nach auf den Grasboden, von wo aus er mir Flüche nachschleuderte, während ich gelassen davonging. Jetzt begriff ich, warum Sansum zu dieser Festung unter dem Himmel gekommen war. Der Mäuselord erkannte deutlich, daß Lancelots neu erworbener Thron durch Arthurs Überleben bedroht war. Niemand konnte auf einen Herrn bauen, der Arthur zum Gegner hatte. Genau wie seine Gemahlin sorgte Sansum dafür, daß ich ihm Dank schuldete.
»Worum ging es?« erkundigte sich Arthur, als ich ihn eingeholt hatte.
»Er hat mir mitgeteilt, daß Dinas und Lavaine sich im Seepalast befinden. Sie beschützen Guinevere.«
Arthur knurrte etwas und blickte dann zum Mond auf, der neben der Sonne bleich am Himmel hing. »Wie viele Nächte noch, bis Vollmond, Derfel?«
»Fünf«, schätzte ich. »Oder sechs? Merlin wird’s genau wissen.«
»Sechs Tage, um eine Entscheidung zu treffen«, sinnierte er. Dann hielt er inne und starrte mich an. »Werden sie es wagen, sie zu töten?«
»Nein, Lord«, antwortete ich in der Hoffnung, daß ich recht hatte. »Sie werden es nicht wagen, Euch zu ihrem Feind zu machen. Sie wollen, daß Ihr kommt, um ihnen Euren Eid zu leisten, und dann werden sie Euch töten. Anschließend werden sie dann vielleicht auch sie töten.«
»Und wenn ich nicht komme«, wandte er leise ein, »werden sie sie weiterhin festhalten. Und solange sie sie festhalten, Derfel, bin ich hilflos.«
»Ihr habt ein Schwert, Lord, einen Speer und einen Schild. Niemand würde Euch als hilflos bezeichnen.«
Hinter uns schwangen sich Bors und seine Männer in den Sattel und ritten davon. Wir blieben noch ein wenig länger, um von Dun Ceinachs Wällen gen Westen zu spähen. Es war einer der schönsten Ausblicke von ganz Britannien, ein Blick aus der Vogelperspektive westwärts über den Severn und tief bis ins ferne Siluria hinein. Meilenweit konnten wir blicken, und von diesem hohen Ausguck aus wirkte alles sonnig, grün und wunderschön. Wirklich eine Welt, für die zu kämpfen es sich lohnte.
Und wir hatten noch sechs Nächte bis Vollmond.
»Sieben Nächte«, sagte Merlin.
»Seid Ihr sicher?« fragte Arthur.
»Vielleicht auch sechs«, räumte Merlin ein. »Ich hoffe, Ihr erwartet nicht von mir, daß ich jetzt große Berechnungen anstelle. Das ist nämlich äußerst mühsam. Ich hab’ das oft genug für Uther machen müssen, und es ist fast immer schiefgegangen. Sechs oder sieben, genauer geht’s nicht. Vielleicht auch acht.«
»Malaine wird es berechnen«, versicherte Cuneglas. Als wir von Dun Ceinach zurückkehrten, hatten wir Cuneglas vorgefunden, der aus Powys gekommen war. Und nachdem er
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