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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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und in der Hand hielt er einen dünnen, schwarzen, von einem kleinen, goldenen Halbmond gekrönten Stab. Von Dinas war keine Spur zu sehen.
    Zwei Fackeln in Eisenhaltern brannten zu beiden Seiten des Throns, auf dem Guinevere saß und die Rolle der Isis spielte. Ihr Haar, das sie sich hoch auf den Kopf getürmt hatte, wurde von einem Goldreif gehalten, auf dem zwei Hörner befestigt waren. Die Hörner stammten von keinem Tier, das mir bekannt war, später jedoch erfuhren wir, daß sie aus Elfenbein gefertigt waren. Um den Hals trug sie einen schweren Goldtorques, sonst aber keinen weiteren Schmuck, nur einen weiten, tiefroten Umhang, der ihren ganzen Körper verhüllte. Den Boden vor ihren Füßen vermochte ich nicht zu sehen, wußte aber, daß sich dort die flache Grube befand. Vermutlich warteten sie darauf, daß das Mondlicht durch den Schacht herabkam und das schwarze Wasser in der Grube mit Silber übergoß. Der Vorhang am anderen Ende, hinter dem sich, wie Ceinwyn mir berichtet hatte, ein Bett befand, war geschlossen. Plötzlich schimmerte ein Lichtstrahl durch den
    dahintreibenden Rauch, und die nackten Isis-Anbeter keuchten vor freudiger Erwartung auf. Der winzige Lichtsplitter war bleich und silbrig, doch er bewies, daß der Mond endlich hoch genug gestiegen war, um seinen ersten schrägen Strahl auf den Kellerboden hinabzuschicken. Lavaine wartete einen Moment, während der Strahl stärker wurde, dann stieß er seinen Stab zweimal auf den Boden. »Es ist an der Zeit«, sagte er mit seiner harten Stimme. »Es ist an der Zeit!« Der Chor verstummte.
    Lange geschah nichts. Sie warteten schweigend, während die rauchdurchzogene, mondsilbrige Lichtsäule größer wurde und langsam über den Boden wanderte. Ich mußte an jene ferne Nacht denken, da ich auf dem Gipfel des Steinhügels am Llyn Cerrig Bach gekauert und beobachtet hatte, wie sich das Mondlicht zu Merlins Körper vortastete. Die Stille war unheilschwanger. Eine der knienden nackten Frauen stieß ein leises Seufzen aus, dann wurde sie wieder still. Eine andere Frau wiegte sich vor und zurück.
    Immer weiter wanderte der Mondstrahl. Sein Widerschein zauberte einen matten Schimmer auf Guineveres strenges, schönes Gesicht. Die Lichtsäule stand jetzt nahezu senkrecht. Eine der nackten Frauen erschauerte – nicht vor Kälte, sondern in den Fängen der Ekstase. Dann beugte sich Lavaine nach vorn, um in den Schacht hinaufzuspähen. Der Mond beleuchtete seinen mächtigen Bart und sein hartes, breites Gesicht mit der Kriegsnarbe. Ein paar Herzschläge lang spähte er hinauf, dann trat er zurück und berührte feierlich Guineveres Schulter.
    Sie erhob sich, so daß die Hörner auf ihrem Kopf fast das niedrige Deckengewölbe des Kellers berührten. Ihre Arme und Hände waren unter dem Umhang versteckt, der von ihren Schultern bis zum Boden reichte. Sie schloß die Augen. »Wer ist die Göttin?« fragte sie.
    »Isis, Isis, Isis«, skandierten die Frauen leise. »Isis, Isis, Isis.« Die Säule aus Mondlicht war jetzt fast so breit wie der Schacht; es war ein dicker, rauchiger Schaft aus Licht, der in der Mitte des Kellers leuchtete und wirbelte. Als ich diesen Tempel zum erstenmal sah, hatte ich ihn für einen schäbigen Ort gehalten; jetzt aber, bei Nacht und von dieser schimmernden Säule aus weißem Licht erhellt, wirkte er geisterhafter und geheimnisvoller als viele andere Schreine, die ich gesehen hatte.
    »Und wer ist der Gott?« fragte Guinevere, die Augen immer noch geschlossen.
    »Osiris«, antworteten die nackten Männer mit gedämpfter Stimme. »Osiris, Osiris, Osiris.«
    »Und wer soll auf dem Thron sitzen?« fragte Guinevere.
    »Lancelot«, antworteten die Frauen und Männer zusammen.
    »Lancelot, Lancelot.«
    Als ich diesen Namen hörte, wußte ich, daß in dieser Nacht nichts zum Guten gewendet werden würde. Niemals würde diese Nacht das alte Dumnonia zurückbringen. Diese Nacht würde uns nichts als Entsetzen bringen, denn ich wußte, daß
    diese Macht Arthur vernichten würde. Am liebsten hätte ich mich von diesem Vorhang abgewandt und wäre in den Keller zurückgekehrt, um Arthur nach draußen an die frische Luft und ins klare Mondlicht mitzunehmen; und dann wollte ich ihn durch all die Jahre und all die Tage und all die Stunden in die Vergangenheit zurückführen, damit er diese Nacht niemals erleben mußte. Aber ich rührte mich nicht. Nimue rührte sich nicht. Keiner von uns wagte sich zu rühren, denn Guinevere hatte die rechte Hand

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