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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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ausgestreckt, um den Stab von Lavaine entgegenzunehmen. Mit dieser Geste hob sie den roten Umhang von ihrer rechten Körperhälfte, und ich sah, daß sie unter den schweren Falten des Umhangs ebenfalls nackt war.
    »Isis, Isis, Isis«, hauchten die Frauen.
    »Osiris, Osiris, Osiris«, flüsterten die Männer.
    »Lancelot, Lancelot, Lancelot«, skandierten sie alle gemeinsam.
    Guinevere nahm den goldgekrönten Stab und richtete ihn nach vorn, wobei der Umhang ihre rechte Brust wieder bedeckte. Dann berührte sie mit überbetonten Bewegungen mit dem Stab etwas, das in der Wassergrube direkt unter dem glitzernden, schimmernden Schaft aus silbrigen Rauch lag, der jetzt senkrecht vom Himmel herabkam. Niemand rührte sich im Keller. Ja, niemand schien auch nur zu atmen.
    »Erhebe dich!« befahl Guinevere. »Erhebe dich!« Und wieder setzte der Chor mit seinem geisterhaften, unheimlichen Gesang ein. »Isis, Isis, Isis«, sangen sie, und ich sah über die Köpfe der Singenden hinweg einen Mann aus dem Wasser steigen. Es war Dinas. Sein hochgewachsener, muskulöser Körper und das lange schwarze Haar waren tropfnaß, als er sich langsam aufrichtete und der Chor den Namen der Göttin immer lauter sang. »Isis! Isis! Isis!« sangen sie, bis Dinas endlich aufrecht, mit dem Rücken zu uns, vor Guinevere stand, und auch er war splitternackt. Er stieg aus dem Becken. Guinevere reichte den schwarzen Stab an Lavaine zurück, hob beide Hände und löste ihren Umhang, der auf den Thron zurückfiel. Da stand sie, Arthurs Gemahlin, nackt bis auf das Gold an ihrem Hals und das Elfenbein auf ihrem Kopf, und öffnete ihre Arme weit, damit der nackte Enkel des Druiden Tanaburs aufs Podium und in ihre Umarmung steigen konnte.
    »Osiris! Osiris! Osiris!« riefen die Frauen im Keller. Einige von ihnen wanden sich wie die christlichen Gläubigen in Isca, die eine ähnliche Ekstase überkommen hatte. Die Stimmen im Keller wurden immer rauher. »Osiris! Osiris! Osiris!«
    skandierten sie, und Guinevere trat zurück, während der nackte Dinas sich zu den Anbetenden umwandte und triumphierend die Arme hob. So präsentierte er seinen herrlichen nackten Körper, und es war nicht zu übersehen, daß er ein Mann war. Und es gab keine Zweifel daran, was nun geschehen würde, als Guinevere, deren schöner, kerzengerader Körper durch den Schimmer des Mondes im Rauch in ein magisches Silberweiß
    gehüllt wurde, seinen rechten Arm ergriff und ihn zu dem Vorhang führte, der hinter dem Thron angebracht war. Lavaine begleitete die beiden, während die Frauen sich unter Anrufung der großen Göttin ekstatisch wanden und wiegten. »Isis! Isis!
    Isis!«
    Guinevere schlug den Vorhang zurück, und ich erhaschte einen flüchtigen Blick in den Raum dahinter, der mir so hell wie die Sonne schien, und dann stieg der rauhe Gesang zu neuen Höhen der Erregung an, als sich die Männer im Tempel die Frauen an ihrer Seite griffen. Genau in diesem Moment wurde die Tür hinter mir weit aufgestoßen, und Arthur trat im strahlenden Glanz seiner Kriegsrüstung in die Vorhalle des Tempels. »Nein, Lord!« sagte ich zu ihm. »Nein, Lord! Bitte nicht!«
    »Ihr dürftet nicht hier sein, Derfel!« sagte er leise, aber vorwurfsvoll. In der Rechten hielt er den kleinen Kornblumenstrauß, den er für Guinevere gepflückt hatte, an der Linken hatte er seinen Sohn. »Geht hinaus!« befahl er mir, doch dann riß Nimue den großen Vorhang beiseite, und der Alptraum meines geliebten Lords begann.

    Isis ist eine Göttin. Die Römer brachten sie nach Britannien, ursprünglich kam sie jedoch nicht aus Rom, sondern aus einem fernen Land im Osten des römischen Reichs. Auch Mithras ist ein Gott, der aus einem Land östlich von Rom stammt, aber nicht aus demselben, glaube ich. Wie Galahad mir erzählte, hat fast die Hälfte der Weltreligionen ihren Anfang im Osten genommen, wo die Menschen, wie ich vermute, eher wie Sagramor aussehen als wie wir. Das Christentum stammt ebenfalls aus jenen fernen Landen, wo es auf den Feldern, wie Galahad mir versicherte, nichts gibt als Sand, wo die Sonne heißer brennt als jemals in Britannien, und wo es niemals schneit.
    Aus diesen glutheißen Ländern kam Isis. Bei den Römern wurde sie zu einer mächtigen Göttin, und auch in Britannien schlossen sich viele Frauen ihrer Religion an, die auch noch weiterbestand, als die Römer verschwanden. Sie wurde nie so beliebt wie das Christentum, denn letzteres öffnete seine Pforten allen, die seinen Gott anbeten

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