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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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er angriff, und Arthur war in dem Dornengestrüpp gefangen. Ich brüllte laut, um das Untier abzulenken, und stieß ihm meinen Speer in den Bauch. Arthur lag auf dem Rücken. Er hatte den Speer verloren, und der Keiler war über ihm. Die Hunde jaulten, Guinevere schrie uns an, wir sollten helfen. Mein Speer steckte tief im Bauch des Keilers, dessen Blut bis zu meinen Händen emporschoß, als ich die Waffe empor-und hintenüberhebelte, um das verletzte Tier von meinem Lord herunterzustemmen. Der Keiler wog mehr als zwei gefüllte Kornsäcke, und seine Muskeln waren wie Stricke aus Eisen, die an meinem Speer zerrten. Mit aller Kraft packte ich zu und drückte nach oben, dann aber griff die Bache an und fegte mich mühelos zu Boden. Ich fiel, mein Gewicht zog den Speerschaft herunter und brachte dadurch den Keiler wieder auf Arthurs Bauch zurück.
    Arthur hatte irgendwie die Hauer des Wildschweins gepackt und zwang dessen Kopf jetzt mit gesammelter Kraft von seiner Brust herunter. Die Bache machte sich hangabwärts aus dem Staub. »Tötet ihn!« rief Arthur, aber es war ein halbes Lachen. Nur wenige Zoll war er vom Tod entfernt, und doch genoß er diesen Moment. »Tötet ihn!« rief er abermals. Die schwarzen Beine des Keilers strampelten, sein Geifer bespritzte Arthurs Gesicht, und sein Blut tränkte Arthurs Kleidung. Ich lag auf dem Rücken, und mein Gesicht war von den Dornen zerkratzt. Ich rappelte mich auf und griff nach meinem zuckenden, tanzenden Speer, der noch immer im Bauch des großen Schwarzkittels steckte; aber dann stieß Bors ein Messer in den Hals des Keilers, und ich sah zu, wie die unermeßliche Kraft des Tieres zu erlahmen begann. Arthur gelang es, den gedrungenen, stinkenden, blutigen Kopf von seinen Rippen zu stemmen. Ich ergriff meinen Speer, drehte die Spitze, suchte tief im Bauch des Wildschweins nach seinem Lebensblut, während Bors ein zweites Mal zustieß. Unvermittelt begann der Keiler auf Arthur zu pissen, versuchte ein letztes Mal verzweifelt mit seinem wuchtigen Hals zuzustoßen und sackte dann plötzlich in sich zusammen. Arthur war durchnäßt vom Blut und Urin des verendeten Tieres und halb begraben unter dem mächtigen Körper.
    Vorsichtig ließ er die Hauer los, dann brach er in hilfloses Lachen aus. Bors und ich nahmen jeder einen Hauer und hievten den Kadaver mit vereinten Kräften von Arthur herunter. Einer der Hauer hatte sich in Arthurs Wams verfangen, so daß der Stoff riß, als wir ihn wegzogen. Wir warfen das Tier in die Dornbüsche und halfen Arthur beim Aufstehen. Zu dritt standen wir keuchend da, mit verdreckten, zerrissenen Kleidern, bedeckt mit Laub, Zweigen und dem Blut des Keilers, und grinsten. »Hier werde ich wohl einen blauen Fleck kriegen«, sagte Arthur und tippte sich auf die Brust. Dann wandte er sich an Lancelot, der keinen Finger gerührt hatte, um Arthur bei seinem Kampf zu helfen. Nach einer winzigen Pause neigte Arthur den Kopf. »Ihr habt mir ein edles Geschenk gemacht, Lord König«, sagte er, »das ich höchst unedel behandelt habe.« Er wischte sich die Augen. »Aber ich habe die Sache genossen. Und bei Eurer Verlöbnisfeier werden wir das Tier alle zusammen genießen.« Als er Guinevere ansah, entdeckte er, daß sie blaß war und fast zitterte. Sofort eilte er zu ihr hinüber. »Fühlst du dich nicht wohl?«
    »Doch, doch«, versicherte sie, umarmte ihn und legte den Kopf an seine blutverschmierte Brust. Sie weinte. Es war das erste Mal, daß ich sie weinen sah.
    Arthur tätschelte ihr den Rücken. »Es bestand keine Gefahr, meine Geliebte«, sagte er, »nicht die geringste. Ich habe nur die Jagd verpatzt.«
    »Bist du verletzt?« fragte Guinevere, während sie sich von ihm löste und ihre Tränen mit den Händen abwischte.
    »Nur ein paar Kratzer.« Sein Gesicht und seine Hände waren von den Dornen zerkratzt, davon abgesehen war er jedoch unverletzt – bis auf die Quetschung, die von einem der Hauer kam. Er trat von ihr zurück, griff nach seinem Speer und stieß
    einen Jubelschrei aus. »Seit Jahren bin ich nicht mehr auf den Rücken gelegt worden!«
    König Cuneglas kam herbeigelaufen, voller Sorge um seine Gäste, dann kamen seine Jagdgehilfen, um die Beute zu verschnüren und wegzutragen. Sie alle mußten den Unterschied zwischen Lancelots makelloser Kleidung und unseren zerfetzten, blutverschmierten Gewändern bemerkt haben, doch keiner verlor ein Wort darüber. Wir waren alle aufgeregt, hoch erfreut, überlebt zu haben und begierig darauf, die

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