Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
stritt für meinen Stern. » Seren «, sagte ich, »denn wir sind die glänzenden Sterne des Schildwalls.«
Diese Erklärung gefiel ihnen. Sie hatten keine Ahnung von der hoffnungslosen Romantik, die meiner Wahl zugrunde lag. Also trugen wir zuerst eine Schicht schwarzes Pech auf die runden, lederbezogenen Weidenholzschilde auf, dann malten wir – mit Hilfe einer Schwertscheide, damit die Striche gerade wurden – mit Kalk einen Stern darauf, und als die Kalktünche getrocknet war, legten wir noch einen Lack aus Tannenharz und Eiweiß darüber, der die Sterne ein paar Monate lang vor Regen schützen würde. »Mal was anderes«, gab Cavan widerwillig zu, als wir die fertigen Schilde bewunderten.
»Es ist prachtvoll«, lobte ich, und als ich an jenem Abend im Kreis der Krieger speiste, die auf dem Boden der Halle hockten und aßen, stand Issa als mein Schildträger hinter mir. Der Lack war noch feucht, aber das ließ den Stern nur um so heller strahlen. Scarach bediente mich. Es war ein frugales Mahl aus Gerstenbrei, aber die Küchen von Caer Sws konnten uns nichts Besseres bieten, denn sie waren eifrig mit den Vorbereitungen für das Festmahl am folgenden Tag beschäftigt. Die Halle war mit dunkelroten Buchenzweigen geschmückt, der Boden war gefegt und mit frischen Binsenbüscheln belegt worden, und aus den Frauengemächern drangen Berichte von Gewändern zu uns, die geschneidert und kunstvoll bestickt wurden. Mindestens vierhundert Krieger lagen jetzt in Caer Sws, die meisten von ihnen in primitiven Unterkünften, die außerhalb der Wälle auf freiem Feld errichtet wurden, während die Festung selbst von den Frauen, Kindern und Hunden der Krieger wimmelte. Die Hälfte der Männer gehörte zu Cuneglas, die andere Hälfte waren Dumnonier; aber trotz des eben erst beendeten Krieges gab es keine Probleme, nicht einmal dann, als sich herumsprach, daß Ratae durch Arthurs Verrat in die Hände von Aelles Sachsenhorden gefallen war. Cuneglas muß geargwöhnt haben, daß Arthur Aelle den Frieden auf solche Weise abgekauft hatte; aber er akzeptierte Arthurs eidliche Versicherung, daß die Männer von Dumnonia die Toten von Powys, die in der Asche der gestürmten Festung lagen, eines Tages rächen würden.
Seit der Nacht auf dem Dolforwyn hatte ich weder Merlin noch Nimue gesehen. Merlin hatte Caer Sws verlassen, aber Nimue hielt sich, wie ich hörte, immer noch in der Festung auf und versteckte sich in den Frauengemächern, wo sie, wie gemunkelt wurde, häufig in Prinzessin Ceinwyns Gesellschaft gesehen wurde. Das kam mir unwahrscheinlich vor, denn die beiden Frauen waren vollkommen verschieden. Nimue war ein paar Jahre älter als Ceinwyn, sie war dunkel und fanatisch und balancierte ständig auf dem schmalen Grat zwischen Wahnsinn und Wut, während Ceinwyn blond, sanft und, wie Merlin gesagt hatte, eher konventionell war. Da ich mir nicht vorstellen konnte, daß sich die beiden Frauen viel zu sagen hatten, nahm ich an, daß die Gerüchte falsch waren und Nimue sich bei Merlin aufhielt, der meines Wissens ausgezogen war, um Männer aufzutreiben, die mit ihren Schwertern in Diwrnachs gefurchteres Territorium vordrangen und für ihn den Kessel suchten.
Aber sollte ich mit ihm gehen? Am Morgen von Ceinwyns Verlöbnis wanderte ich nordwärts bis unter die großen Eichen, die das weite Tal von Caer Sws auf allen Seiten umgaben. Ich suchte einen ganz bestimmten Ort, und Cuneglas hatte mir erklärt, wo ich ihn finden würde. Issa, der getreue Issa, begleitete mich, hatte aber keine Ahnung, was wir in diesem tiefen, finsteren Wald vorhatten.
Dieses Land, das Herz von Powys, war von den Römern nur flüchtig heimgesucht worden. Sie hatten dort Festungen wie Caer Sws erbaut und ein paar Straßen hinterlassen, die sich die Flußtäler entlangzogen, aber es gab keine größeren Villen oder Städte wie jene, die Dumnonia den Glanz einer
untergegangenen Zivilisation verliehen. Auch Christen gab es hier in Cuneglas’ Kernland nur wenige; die Anbetung der alten Götter hatte in Powys ohne jene Erbitterung überlebt, welche aus der Religion in Mordreds Reich einen solchen Verdruß
machte. In Dumnonia buhlten Christen und Heiden um die Gunst des Königs und um das Recht, ihre Schreine an geheiligten Orten zu errichten. Hier in Powys hatte kein römischer Altar die Druidenhaine ersetzt, hier standen keine christlichen Kirchen neben heiligen Quellen. Die Römer hatten zwar einige Schreine niedergerissen, doch viele waren erhalten
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