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Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst

Titel: Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Alle schwiegen und blickten auf das Portal, nur ich nicht, denn ich beobachtete das Podium. Lancelot, der ebenfalls zum Portal schaute, lächelte verhalten. Cuneglas rieb sich mit den Fäusten immer wieder die Tränen aus den Augen, so groß war sein Glück. Arthur, der Friedensstifter, strahlte. Nur Guinevere lächelte nicht. Ihre Miene war triumphierend. Vor Jahren war sie in dieser Halle gedemütigt worden, und nun verheiratete sie die Tochter des herrschenden Hauses.
    Während ich Guinevere beobachtete, zog ich mit der Rechten den Knochen aus meinem Beutel. Die Rippe fühlte sich kühl und glatt an, und Issa, der mit meinem Schild hinter mir stand, muß sich gefragt haben, was ein Stück Küchenabfall in der mondhellen Nacht aus Gold und Feuer zu suchen hatte. Gerade als ich zu dem großen Portal der Halle hinüberspähte, trat Ceinwyn in Erscheinung, und bevor der Jubel in der Halle einsetzte, war ein Aufkeuchen des Erstaunens zu vernehmen. Nicht alles Gold von Britannien, nicht all die alten Königinnen hätten Ceinwyn an diesem Abend überstrahlen können. Ich brauchte nicht einmal zu Guinevere hinüberzusehen, um zu erkennen, daß sie an diesem Abend der Schönheiten überlistet worden war.
    Es war, wie ich wußte, Ceinwyns viertes Verlöbnis. Zum ersten Mal war sie Arthurs wegen hierhergekommen, er aber hatte seinen Eid gebrochen, weil er unter dem Bann von Guineveres Liebe stand; danach war Ceinwyn einem Prinzen aus dem fernen Rheged anverlobt worden, der aber am Fieber gestorben war, bevor sie sich vermählen konnten; vor nicht allzu langer Zeit hatte sie dann Gundleus von Siluria das Verlöbnishalfter zugetragen, der aber schreiend unter Nimues grausamen Händen gestorben war, und nun wollte Ceinwyn das Halfter zum vierten Mal einem Mann übergeben. Lancelot hatte ihr einen Goldschatz gebracht, aber der Brauch verlangte, daß sie ihm als Symbol dafür, daß sie von diesem Tag an seiner Autorität unterstellt war, ein einfaches Ochsenhalfter schenkte. Als sie die Halle betrat, erhob sich Lancelot, und das verhaltene Lächeln verwandelte sich in einen Ausdruck aufrichtiger Freude. Und das war kein Wunder, denn sie war wirklich strahlend schön. Bei ihren anderen Verlöbnissen hatte sich Ceinwyn, wie es einer Prinzessin anstand, mit Gold und Silber, mit Edelsteinen und eleganten Roben geschmückt; an diesem Abend aber trug sie lediglich ein schlichtes, elfenbeinweißes Gewand, gegürtet mit einer hellblauen Kordel, die auf dem schlichten Rock des Gewandes herabhing und in Quasten endete. Kein Silber glänzte in ihrem Haar, kein Gold zierte ihren Hals, nirgends trug sie Edelsteine, nichts als dieses einfache Leinenkleid und auf dem hellblonden Haar einen zarten, blauen Kranz aus den letzten Hundsveilchen des Sommers. Sie trug keine Schuhe, sondern trat barfuß auf die Blütenblätter. Sie zeigte kein Zeichen ihrer
    Prinzessinnenwürde, kein Zeichen von Reichtum, sondern kam in der schlichten Kleidung eines Bauernmädchens in die Halle. Und dennoch war es ein Triumph. Kein Wunder, daß die Männer den Atem anhielten, kein Wunder, daß sie jubelten, als sie gemessenen Schrittes schüchtern durch die Reihen der Gäste zog. Cuneglas weinte vor Glück. Arthur führte den Beifall an, Lancelot glättete sich das geölte Haar, und seine Mutter strahlte zustimmend. Einen Augenblick lang blieb Guineveres Miene unergründlich, dann lächelte sie, ein Lächeln uneingeschränkten Triumphs: Sie mochte von Ceinwyns Schönheit überstrahlt werden, aber dieser Abend war dennoch Guineveres Abend, denn sie sah zu, wie ihre einstige Rivalin einer Vermählung zugeführt wurde, die ihren eigenen Plänen entsprang.
    Auch ich sah dieses triumphierende Grinsen auf Guineveres Gesicht, und möglicherweise war es ihre hämische Genugtuung, die die Entscheidung brachte. Vielleicht war es aber auch mein Haß auf Lancelot oder meine Liebe zu Ceinwyn, oder womöglich hatte Merlin recht und die Götter lieben das Chaos, denn in plötzlich aufwallendem Zorn packte ich den Knochen mit beiden Händen. Ich verschwendete keinen Gedanken an die Folgen von Merlins Magie, an seinen Haß auf die Christen und an die Todesgefahr, in die wir uns brachten, wenn wir auf der Suche nach dem Kessel auf Diwrnachs Territorium vordrangen. Ich dachte nicht an Arthurs sorgfältig geplante Ordnung, ich wußte nur, daß Ceinwyn einem Mann anverlobt wurde, den ich haßte. Genau wie die anderen Gäste auf dem Boden hatte ich mich erhoben und sah zu, wie Ceinwyn durch

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