Artus-Chroniken 2. Der Schattenfürst
wollte, sich aber zugleich vor dem Eindringen von Gorfyddyds heidnischen Speerkämpfern fürchtete. Um sich und ihre Reichtümer zu retten, waren sie bereit, Mordred zu opfern. Sie ermutigten Cadwy mit ihren Schreiben, während Arthurs Abwesenheit gegen Durnovaria zu marschieren, Mordred zu töten und das Königreich anschließend Gorfyddyd zu übergeben. Die Christen versprachen, ihm zu helfen, und hofften, daß Cadwys Speere sie beschützten, wenn Gorfyddyd regierte. Statt dessen wurden sie bestraft. Melwas, König der Belgen, und ein Vasall Dumnonias, der sich auf die Seite der Christen geschlagen hatte, die gegen Arthur opponierten, wurde zum neuen Herrscher über Cadwys Land ernannt. Das war kaum als Belohnung zu werten, denn die Ernennung führte Melwas weit fort von seinem eigenen Volk an einen Ort, wo Arthur ihn unter Beobachtung halten konnte. Nabur, jener christliche Beamte, der zu Mordreds Vormund ernannt worden war und seine Stellung dazu benutzt hatte, die Partei zu gründen, die sich gegen Arthur stellte, und der auch jene Briefe verfaßt hatte, in denen angeregt wurde, Mordred zu töten, wurde im Amphitheater von Durnovaria ans Kreuz geschlagen. Heutzutage wird er natürlich als Heiliger und Märtyrer verehrt, ich aber erinnere mich an Nabur nur als aalglatten, korrupten Lügner. Ebenfalls zu Tode gebracht wurden zwei Priester, ein weiterer Beamter und zwei Großgrundbesitzer. Der letzte der Verschwörer war Bischof Sansum, obwohl der so klug gewesen war, seinen Namen nicht niederschreiben zu lassen. Diese Klugheit, gepaart mit seiner seltsamen Freundschaft zu Arthurs verstümmelter, heidnischer Schwester Morgan, rettete Sansum das Leben. Er schwor Arthur lebenslange Treue, legte die Hand auf ein Kruzifix und erklärte, niemals an einer Verschwörung teilgenommen zu haben, die sich die Ermordung des Königs zum Ziel gesetzt hätte. Und so blieb er der Hüter des Schreins zum Heiligen Dornbusch in Ynys Wydryn. Man könnte Sansum in Eisen legen und ihm ein Schwert an die Kehle setzen, er würde sich herauswinden. Morgan, seine heidnische Freundin, war Merlins vertrauteste Priesterin gewesen, bis die jüngere Nimue ihr diese Position streitig gemacht hatte; da aber Merlin und Nimue beide weit fort waren, war Morgan momentan die eigentliche Herrscherin von Merlins Besitz in Avalon. Morgan, die ihr vom Feuer zerstörtes Gesicht hinter einer Goldmaske und ihren von den Flammen verkrüppelten Körper unter einem schwarzen Gewand versteckte, riß Merlins Macht an sich, und sie war es auch, die den Wiederaufbau von Merlins Halle auf dem Tor beendete und die Steuereinnehmer im nördlichen Teil von Arthurs Land organisierte. Arthur vertraute Morgan rückhaltlos, und als Bischof Bedwin in jenem Herbst an einem Fieber starb, schlug Arthur entgegen althergebrachtem Brauch sogar vor, Morgan zur vollen Ratgeberin zu ernennen. Noch nie hatte eine Frau in Britannien im Kronrat gesessen, und Morgan hätte tatsächlich die erste sein können, aber Guinevere sorgte dafür, daß es nicht soweit kam. Guinevere duldete keine Frau im Kronrat, solange sie nicht selbst darin saß, und außerdem haßte Guinevere alles, was häßlich war – und die Götter wußten, daß die arme Morgan selbst mit ihrer Goldmaske einen grotesken Anblick bot. Also blieb Morgan in Ynys Wydryn, während Guinevere den Bau eines neuen Palastes in Lindinis überwachte.
Es war ein prächtiger Palast. Die alte römische Villa, die Gundleus niedergebrannt hatte, wurde wieder aufgebaut und so vergrößert, daß die mit Bogengängen versehenen Flügel zwei große Innenhöfe umschlossen, durch die in Marmorkanälen Wasser floß. Lindinis, dicht neben dem Königshügel Caer Cadarn gelegen, sollte Dumnonias neue Hauptstadt werden, obwohl Guinevere sorgfältig darauf achtete, daß Mordred mit seinem Klumpfuß nicht einmal in die Nähe des Ortes kam. Nur die Schönen wurden in Lindinis geduldet, in dessen Arkaden Guinevere Statuen aus Villen und Heiligtümern von ganz Dumnonia aufstellen ließ. Ein christliches Heiligtum gab es dort nicht, aber Guinevere richtete eine große, dunkle Halle für die Frauengöttin Isis ein und stellte Lancelot eine kostbare Flucht von Räumen zur Verfügung, wo dieser sich aufhalten konnte, wenn er aus seinem neuen Königreich Siluria zu Besuch kam. Elaine, Lancelots Mutter, bewohnte diese Räume, und sie, die Ynys Trebes einstmals so schön gestaltet hatte, half Guinevere nunmehr, den Palast von Lindinis zu einem Tempel der
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